Eichstätt
Aliens mit Echtheitszertifikat

Florian Ortner aus dem Landkreis Eichstätt sammelt Requisiten aus Horror- und Science-Fiction-Filmen

25.06.2021 | Stand 23.09.2023, 19:24 Uhr
Die riesige Büste der "Alien"-Queen ist ein Herzstück in Florian Ortners Sammlung. −Foto: Stephan

 Große Reißzähne und scharfe Krallen fallen sofort ins Auge, als sich die unscheinbare Tür zu Florian Ortners Heiligtum öffnet. Gut, dass die Besucherin vorbereitet ist. Charaktere in Science-Fiction- und Horrorfilmen haben meist weniger Glück. Und überleben oft auch nicht.

An diesem Tag ist das anders: genug Zeit, Monster und Außerirdische in Augenschein zu nehmen – und danach munter nach draußen ins Sonnenlicht zu spazieren. Denn die aus Hollywood bekannten Kreaturen sind aus Fiberglas sowie Styrodur gemacht und stehen still an dem Platz, den Ortner ihnen zugewiesen hat.

Zombies neben „King Kong“ 

Da gibt es Aliens, mit aufgerissenen Mäulern zum Angriff bereit, von der Decke hängende Raumschiffe, Zombies mit bemooster Haut, einen raumhohen „King Kong“ samt der weißen Frau in der Pranke und ein Sammelsurium Hunderter kleiner Figuren, die – manchmal in Originalverpackung – in ihren Regalen stehen. Wertvoll genug, dass Ortner den genauen Standort nicht verraten möchte. „Ich habe mal an ein Privatmuseum gedacht, aber das ist aus rechtlicher und versicherungstechnischer Sicht nicht so leicht“, sagt der 37-Jährige, der nach eigenen Angaben eine der europaweit größten Sammlungen in dieser Richtung hat. Zunächst in der Wohnung aufbewahrt, wo am Ende nur noch das Bett Platz hatte, hütet Ortner seinen Schatz nun an anderer Stelle im südlichen Landkreis Eichstätt.

 Schon als Kind interessierte sich Ortner für Horror und Science Fiction und sah heimlich Filme, für die er noch viel zu jung war. „Ich bin mit ,He-Man’, ,Godzilla’ und dem ,Weißen Hai’ aufgewachsen“, erinnert er sich. Und weil er nie „der klassische Fußballfan“ war, kaufte er sich bald erste Bausätze und Modellfiguren aus seinen favorisierten Filmgenres. Aber keine, die heute im Spielzeugladen erhältlich sind. „Die kamen nur in limitierten Auflagen raus“, betont Ortner, der nach Nürnberg fuhr, um von Künstlern per Hand nummerierte Modellsätze zu ergattern. „Heute ist das Popkultur, aber in den 90ern wurde so was nicht industriell gefertigt.“

Seit Ortner mit 15 eine Lehre zum Zahntechniker begann, beherrscht er das Handwerk, um Modelle selbst zu fertigen. „Was ich da gelernt habe, habe ich auf mein Hobby umgemünzt“, schildert der 37-Jährige. Mittlerweile spricht er von Kunst. Um kleine Figuren herum baut er vor allem Dioramen, Szenen in Minikulissen. „Die mache ich freihand aus Styrodur.“ Mit der Zeit lernte Ortner, Materialien aus dem Alltag zweckzuentfremden, sodass seine Schaukästen realitätsnah wirken: Plastikrohre, Lüftungsteile, Silikonformen, Spaghettidosen, indische Lampen oder Abfall aus der Zahnarztpraxis. „Über die Jahre kriegt man einen Blick für so was.“

Originale Eier 

Zu bestaunen sind Szenen aus „Planet der Affen“ und „Chucky“, „Texas Chainsaw Massacre“ und „A Nightmare on Elm Street“, aus „Ghostbusters“ oder „Resident Evil“. Der Schwerpunkt liegt aber deutlich auf den „Alien“- und „Predator“-Filmreihen – und das mit originalen Requisiten oder Stücken, die aus Originalformen gegossen sind. Zu Ortners Sammlung zählen eine „Alien Queen“-Büste „so schwer wie ein Ruderboot“, ein „Alien“-Kopf mit der Signatur von Lance Henriksen, „Alien“-Eier mit Echtheitszertifikat, ein Stuntkostüm – aus elastischen Materialien, sodass die Stuntmen damit die Wände hochlaufen konnten –, Filmkostüme von Sigourney Weaver – ungewaschen – oder ein „Predator“ in Lebensgröße. Stolz ist Ortner auf ein selbstgebautes Diorama, das den Künstler HR Giger in seinem Atelier zeigt. Auf seinen Werken basieren die „Alien“-Figuren, für die Special Effects gewann er einen Oscar.

Weltweite Kontakte 

Diese Stücke erhält Ortner oft über Kontakte. „Als ich angefangen habe, war die Szene in Deutschland noch ganz klein“, erzählt er. „Heute kenne ich weltweit Leute aus der Materie, da hilft man sich gegenseitig aus.“ Geht es um die Sanierung von Filmrequisiten, ist Ortners Können sehr gefragt. Für seine Sammelleidenschaft fährt der 37-Jährige quer durch Europa. Er traf sogar Bruce Hansing. Der Künstler schuf unter anderem „Alien“-Skulpturen für die Filmpremieren. Laut Ortner „Heilige-Gral-Sammlerstücke“, die schwer zu kriegen sind. „Bei Einzelstücken ist es wie bei einem Gemälde, die werden richtig gejagt.“ Ortner ist natürlich im Besitz eines solchen – aber auch von Hansings Designskizzen. „Wir sind mittlerweile befreundet“, freut er sich.

 Auch wenn sich Ortner heute auf Outdoor-Videos konzentriert, wird seine Leidenschaft wohl nie ein Ende finden, vermutet er. „Eine Sammlung ist nie richtig vollständig, das ist bei jedem Sammler so.“DK

Tanja Stephan