Unterpindhart
Akustisches Gesamtkunstwerk

Eisenreich-Quintett beschert Pindharter Publikum einen Ausflug in farbenfrohe Klangwelten voller Dynamik

09.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:20 Uhr
In farbenprächtige Klangwelten entführte das Eisenreich-Ensemble die Zuhörer beim Adventskonzert in Unterpindhart. −Foto: Zurek

Unterpindhart (PK) Wenn Martina Eisenreich mit ausgesuchten Freunden zu den Instrumenten greift, dann ist Musik schnell mehr, als Noten je fassen könnten. Auch in Unterpindhart haben die Geigenvirtuosin und ihr Ensemble den Zuhörern ein akustisches Gesamtkunstwerk beschert.

Bei diesem Adventskonzert auf der Kleinkunstbühne im Gasthof Rockermeier erwartete ob der Künstler wohl niemand ein vorweihnachtliches Programm der üblichen Art. Und doch blitzen hie und da Anklänge an traditionelle Weisen auf. Schon im ersten Stück hört man, in sphärische Klänge verpackt und sukzessive von den Interpreten hervorgelockt, ein "Leise rieselt der Schnee". Dessen frohe Botschaft vom kommenden Christkind mündet in klezmereske Freude und ersten Jubelrufen in den vorderen Reihen.

Eisenreich moderiert gewohnt verschmitzt einen Abend, der im Spannungsfeld zwischen meditativ ruhigen und furiosen Elementen dynamisch aus dem Vollen schöpft. Was da erklingt, ist indes nicht nur Musik, die sich in Tönen notieren lässt. Das Quintett malt farbenprächtige Klangwelten, deren Szenarien ein turbulentes Kopf-Kino in Gang setzen - wobei den Instrumenten teils ganz ungewohnte Rollen zukommen.

Die Geige heult, krächzt und singt, wird zum Resonanzkörper für Pfeif- und Summ-Einlagen. Die mit dem Deutschen Filmmusikpreis ausgezeichnete Komponistin ist bekannt für ihre Lust am "Crossover". Ihre Stücke lassen sich in keine stilistische Schublade stecken, immer lugen diverse Zipfel heraus - ein bisserl russische Volksmusik hier, da ein Hauch Orient, Klezmer, moderne Klassik oder Jazz und sogar schrammeln hört man es bisweilen. Aus Freude am Experimentieren bindet Eisenreich ein ums andere Mal neue Mitstreiter ein. Zwei sind es diesmal. Da ist Giorgi Makhosvili, der mit dem Ensemble "Bassiona Amorosa" 2014 den "Echo" in der Kategorie Klassik ohne Grenzen gewonnen hat. Dank seiner facettenreiche Spieltechnik verleiht der Georgier dem Kontrabass bisweilen die Eleganz eines Cello oder die Leichtigkeit einer Geige und lotet Stimmungen von fröhlich bis grollend aus.

Der zweite Neuling ist Vladislav Cojocaru aus Moldawien. Auch er hat - man wundert sich nach seiner Performance an diesem Abend nicht darüber - als Akkordeonist etliche Preise gewonnen. Seine Eigenkomposition "Fangen spielen", bei der sich die Finger auf den Tasten eine Verfolgungsjagd in aberwitzigem Tempo liefern, ist atemberaubend. "Da Wahnsinn!" hört man es im Publikum raunen.

Vielen Gästen kein Unbekannter ist hingegen Christoph Müller-Bombart. Der Gitarrist gehört zum Stamm des Eisenreich-Quintetts und sein einfühlsames Spiel ist für das Ensemble existenziell - ob er nun eigene Akzente setzt oder mit dem Gesamtklang regelrecht verschmilzt. Seine kreative Stärke kommt an diesem Abend mit der Eigenkomposition "If" voll zur Geltung.

Bleibt noch Wolfgang Lohmeier zu nennen, seines Zeichens der Mann am "Klimbim" (O-Ton Moderatorin) - womit dessen überaus reiche und ebenso originelle Sammlung an Schlaginstrumenten von der Wassertrommel bis zum Mini-Brummtopf gemeint ist. Sie dient ihm zum umwerfenden Parforce-Ritt durch die Welt der Percussion und Lautmalerei, die im Hexentango gipfelt.

Nach einem Glöckchen-Galopp als Zugabe klingt das außergewöhnliche Advents-Konzert mit dem gemeinsam gesummten "Segeln ohne Wind" aus. Ein Ohrwurm, mit dem man die Stimmung des Abends nach Hause trägt.
 

Maggie Zurek