Die
Aktienmarkt im Höhenrausch

Billiges Zentralbankgeld treibt den Dax auf Rekordhoch – Doch wie lange geht die Party gut?

16.09.2013 | Stand 02.12.2020, 23:40 Uhr

Die Börsen sind im Höhenrausch. Die Notenbanken fluten die Märkte weiter mit extrem billigem Geld, ein Ende der Krisenpolitik ist nicht absehbar. Doch was viele Anleger freut, birgt langfristig Gefahren.

Wohin mit dem billigen Geld? Für viele Profi-Anleger ein klarer Fall: An die Börse. Kaum verwunderlich also, dass der deutsche Leitindex Dax zum zweiten Mal binnen vier Monaten einen Höchststand eroberte: Gestern kletterte das Börsenbarometer zeitweise auf 8621 Punkte und markierte zum Schluss mit 8613 Punkten immer noch einen neuen Rekord in der 25-jährigen Dax-Geschichte. Schon länger auf der Überholspur ist der kleine Bruder MDax: Der Index der 50 mittelgroßen Werte knackte im Mai die Marke von 14 000 Punkten und notiert inzwischen über 15 000 Zählern. Börsenkenner warnen jedoch: Ewig geht die Party nicht weiter.

Fachleute wie Robert Halver von der Baader Bank erklären die derzeit gute Stimmung so: „Die weltweite Konjunktur bleibt stabil, die Finanzwelt steht immer noch brusthoch in Liquidität, und die Renditen auf Zinstitel sind uninteressant.“ Heißt: Weil Notenbanken die Märkte mit billigem Geld fluten und gleichzeitig klassische Sparprodukte wie Tages- und Festgeld kaum Zinsen abwerfen, ist die Börse für Anleger so interessant wie selten.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat klar gemacht, dass sie den Geldhahn so schnell nicht zudrehen wird. Der Leitzins im Euro-Raum werde für längere Zeit auf dem aktuellen Rekordtief von 0,5 Prozent verharren oder sogar noch sinken. Hinzu kommt, dass Larry Summers, der frühere Wirtschaftsberater von US-Präsident Barack Obama, überraschend seine Kandidatur für den Chefposten der Notenbank Fed zurückgezogen hat. Das gibt Anlegern Hoffnung auf weiterhin weit geöffnete Geldschleusen auch in den USA.

Experten sehen daher trotz der jüngsten Kursgewinne an der Börse noch Luft nach oben und den DAX jenseits von 9000 Punkten. „Das Ende der Fahnenstange ist offensichtlich noch nicht erreicht“, meint Fidel Helmer, Leiter des Wertpapierhandels der Privatbank Hauck & Aufhäuser. Doch aus Erfahrung weiß er auch: „Je höher der Dax steigt, umso größer wird die Gefahr, dass es einen kräftigen Rückschlag gibt.“

Auch die Ökonomen des Frankfurter Bankhauses Metzler warnen vor Euphorie. Vor allem billiges Zentralbankgeld sei der Grund für den „Scheinaufschwung“: „Dass solch eine Politik zu Krisen führt, haben zuletzt die Schwellenländer erfahren. Künstlich gedrückte Zinsen und stark ausgeweitete Geldmengen sorgen für ein Aufblähen der Preise von Aktien und Anleihen.“ Das verführe wiederum Investoren, immer stärker ins Risiko zu gehen.

Dennoch lassen sich Privatanleger in Deutschland von der Aussicht auf schnelle Gewinne bisher weniger locken. Zwar stieg im 1. Halbjahr 2013 die Zahl derer, die direkt in Aktien investierten, auf rund 4,9 Millionen und damit auf den höchsten Stand seit 2003. Doch nach jüngsten Zahlen des Deutschen Aktieninstituts sank gleichzeitig die Zahl der Anleger, die über Fonds indirekt Geld in Aktien steckten. Unterm Strich hatten rund 9,4 Millionen Anleger direkt und/oder indirekt Geld in Aktien investiert. 2012 waren es im Schnitt noch 9,5 Millionen.

Die Profis an der Börse legen andere Maßstäbe an: Das endgültige Signal zum Sturm auf das Rekordhoch kam vergangene Woche aus Moskau und Washington. Seitdem sich Russland und die USA in der Syrien-Krise annähern, setzt der Markt auf eine diplomatische Lösung des Konflikts. Und schließlich nährt der Höhenflug den Höhenflug: Hedgefonds-Manager Sven Kleinhaus erklärt, Profi-Anleger seien angesichts steigender Kurse gezwungen, ihr Geld in den Aktienmarkt zu stecken – damit sich ihre Produkte nicht schlechter als andere Anlageangebote entwickeln.