Berlin
AfD-Abgeordnete in leitender Position

Fraktion stellt die Vorsitzenden der Bundestagsausschüsse für Haushalt, Recht und Tourismus

31.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:52 Uhr

Berlin (DK) Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat den AfD-Abgeordneten Peter Boehringer zum Vorsitzenden gewählt. Normalerweise werden die Vorsitzenden lediglich "bestimmt". Auch die Ausschüsse für Recht und Tourismus werden künftig von AfD-Abgeordneten geleitet.

Der Euro-Gegner Boehringer wurde in offener Wahl mit den Stimmen seiner eigenen Partei und der FDP zum Vorsitzenden gewählt. Die vier Vertreter der Linken stimmten dagegen. Union, Grüne und SPD enthielten sich nach eigenen Angaben. Der Grünen-Obmann, Sven-Christian Kindler, sagte: "In zahlreichen Veröffentlichungen diffamiert er demokratische Politiker und die Verfassungsordnung der Bundesrepublik und verbreitet Ressentiments gegenüber Muslimen und geflüchteten Menschen." Der Unions-Haushälter Eckhardt Rehberg (CDU) sah "mehr als ein Fragezeichen hinter der Person Boehringer". Die FDP betonte, sie habe nur "aus formalen Gründen" zugestimmt.

Auch der Ingolstädter Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl (CSU) ist weiter Mitglied des Haushaltsausschusses. Dass dem wohl mächtigsten Ausschuss des Bundestags nun ein AfD-Politiker vorsitzt, bewertet er recht nüchtern. Der AfD stehe diese Position zu und Peter Boehringer habe gestern angekündigt, das Amt seriös und überparteilich auszuführen, sagte Brandl gegenüber unserer Zeitung. "Nun hat Herr Boehringer die Chance, sich zu bewähren." Brandl hat wie in der vergangenen Legislaturperiode auch weiter einen Sitz im Verteidigungsausschuss inne.

Der Rechtsausschuss wählte den AfD-Abgeordneten Stephan Brandner zu seinem Vorsitzenden. Der Rechtsanwalt war im Thüringer Landtag wegen verbaler Entgleisungen dutzendfach zur Ordnung gerufen worden. Nach Angaben von Teilnehmern der Sitzung gab es für Brandner 19 Ja-Stimmen und 12 Nein-Stimmen. Weitere 12 Ausschussmitglieder enthielten sich. Der SPD-Abgeordnete Johannes Fechner sagte, seine Partei habe "erhebliche Bedenken" bei der Wahl Brandners gehabt. Dennoch meinte er: "Die Wahl ist kein Grund zur Panik." Jetzt sei zunächst abzuwarten, ob der AfD-Abgeordnete als Vorsitzender aus der Rolle fallen werde. Brandner selbst sagte, die erste Obleute-Besprechung sei "ganz gut" abgelaufen. Auf die Frage, ob er sich vorgenommen habe, im Bundestag höflicher zu sein als zuvor im Landtag, antwortete er: "Wenn man mich reizt, dann reagiere ich. Und ich versuche meistens zivilisiert wie ein Mitteleuropäer zu reagieren, meistens klappt es auch."

Den Ausschuss für Tourismus leitet künftig der junge AfD-Abgeordnete Münzenmaier. Union und FDP stimmten bei seiner Wahl mit Ja, die Linke mit Nein. SPD und Grüne enthielten sich. Münzenmeier war zuletzt vom FC Bundestag, einem Hobbykicker-Verein der Abgeordneten, als Mitglied abgelehnt worden. Grund war eine Verurteilung zu sechs Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung bei einem Angriff von Hooligans auf gegnerische Fußballfans. Münzenmaier bestreitet den Vorfall und hat Berufung eingelegt.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales wird weiterhin von der SPD-Abgeordneten Kerstin Griese geleitet. Auch im Auswärtigen Ausschuss bleibt mit dem Vorsitzenden Norbert Röttgen (CDU) alles beim Alten. Cem Özdemir von den Grünen übernahm erstmalig den Vorsitz im Verkehrsausschuss. Die Sitzungen des Innenausschusses leitet künftig die CSU-Politikerin Andrea Lindholz.