Hilpoltstein
"Älter werden heißt auch besser werden"

BLLV-Bezirksverband feiert sein 150-jähriges Bestehen mit großem Festabend – Windsbacher Knabenchor singt

09.11.2014 | Stand 02.12.2020, 22:01 Uhr

Feiern 150 Jahre BLLV: Reinhold Meier (3. Vorsitzender BLLV Mittelfranken), Karin Dornauer (2. Vorsitzende), Klaus Wenzel (BLLV-Präsident), Gerhard Gronauer (BLLV-Bezirksvorsitzender), Stefan Graf (Ministerialdirigent), Manuel Westphal (Bayerischer Landtag), Christa Naaß (Bezirkstag) und Peter Bauer (Landtag). - Foto: Klier

Hilpoltstein/Schwabach (HK) Seit 150 Jahren besteht der Bezirksverband Mittelfranken des Bayerischer Lehrerinnen- und Lehrerverbandes (BLLV). Diesen Geburtstag galt es am Freitag im Markgrafensaal Schwabach gehörig zu feiern – und das gleich dreieinhalb Stunden lang.

Das Claus-Raumberger-Ensemble stimmte musikalisch auf die Festveranstaltung ein, auf deren Gästeliste schon fast 150 Namen aufgeführt waren. In der Begrüßungsrede erinnerte Gerhard Gronauer, der BLLV-Bezirksvorsitzende, an den 17. November 1864, als der Bezirksverband Mittelfranken wiedergegründet worden war, nachdem es bereits vorher schon einige Lehrerorganisationen gegeben hatte.

Gronauer wies auf die enge Verbundenheit mit der Stadt Schwabach hin, denn hier finde seit über 30 Jahren der Mittelfränkische Lehrertag statt. Im Programm des Abends, von Stellvertreter Reinhold Meier moderiert, wolle man Geschichte und Kultur miteinander verbinden.

Die Glückwünsche des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus überbrachte Ministerialdirigent Stefan Graf. Der BLLV sei fast so alt wie das Kultusministerium, hatte er herausgefunden, aber: „Älter werden heißt auch besser werden.“ Eine Vielzahl von Interessen würde bei der Erziehungsarbeit zusammenfließen. Nicht alle Wünsche seien aber zu erfüllen; oft wären Kompromisse nötig. Die Klassenhöchststärke an Grund- und Mittelschulen habe man auf 28 begrenzen können, 25 wären jedoch noch besser. Neue Verwaltungsangestellte habe man einstellen können, und auch bei der Inklusion sei einiges erreicht worden. Immerhin habe man hier 400 neue Planstellen geschaffen.

Die Mittelschule sei nach Grafs Worten deutlich attraktiver geworden, denn bei einer Schülerzahl von 27 000 sei lediglich ein Rückgang von 80 Schülern zu verzeichnen. Man habe die Kritik aus dem Jahr 2013 ernst genommen und für 2014 eine bessere Personalversorgung eingerichtet, unterstrich er. Graf dankte dem BLLV für das bisherige gemeinsame Ringen im Interesse der Schülerinnen und Schüler und wünschte dem Verband für die Zukunft alles Gute.

Seit über 44 Jahren ist der BLLV-Präsident Klaus Wenzel Mitglied im Verband. Sein besonderer Dank galt einem Mann, der begreiflicherweise nicht anwesend sein konnte: Johann Friedrich Methsieder, der vor 150 Jahren den mittelfränkischen „Kreislehrerverein“, den Vorläufer des heutigen Bezirksverbandse, gegründet hatte. Bereits 1861 hatte Karl Heiß zur Gründung eines Lehrervereins aufgerufen. „Ich glaube an die Bildung, so wie ich an den Menschen glaube und die Menschlichkeit“, war sein Grundsatz. In Regensburg wurde dann am 27. Dezember von 200 Lehrern der Bayerische Lehrerverein (BLV) gegründet. Frauen waren damals nicht zugelassen.

In der Folge entstanden viele Kreis- und Bezirksverbände. Aus den einstmals 200 Mitgliedern sind inzwischen rund 60 000 Mitglieder geworden, und der Verein wurde in BLLV umbenannt, denn inzwischen sind natürlich Lehrerinnen längst mit dabei. Heute gehören dem Verband Kolleginnen und Kollegen aus allen pädagogischen Professionen an. Hochschullehrerinnen und -lehrer sind ebenso vertreten wie Sekretärinnen. Den Prinzipien der Gründungsväter Karl Heiß und Johann Friedrich Methsieder sei der Verband aber treu geblieben: Eine Stärkung des Lehrerstands, innere und äußere parteiliche Unabhängigkeit und Bildung als Menschenrecht. Gerade beim letzten Grundsatz gebe es noch viel zu tun. Noch immer sei der Schulerfolg zu sehr vom sozialen Stand abhängig. Alle Tätigkeiten des Verbandes, so betonte Klaus Wenzel, würden zu hundert Prozent aus Mitgliedsbeiträgen finanziert.

Für die folgende Stunde war Kultur angesagt: In großer Besetzung war der Windsbacher Knabenchor, eben von einer USA-Tournee zurückgekehrt, unter ihrem Leiter Martin Lehmann angetreten. Beginnend mit „Jauchzet dem Herrn“, einer Vertonung des 100. Psalms von Felix Mendelssohn-Bartholdy, gab der Chor einen beeindruckenden Beweis für seinen weltberühmten Ruf. Internationale und deutsche Volkslieder folgten in gewohnter Präzision. Tosender Applaus belohnte zuletzt Sänger und Dirigent für ihre hervorragende Leistung.

Max Liedtke war bis 1999 Professor für Pädagogik an der Universität Erlangen-Nürnberg und sogar Dekan gewesen. Ein Schwerpunkt seiner Forschungen befasste sich mit dem Werk des Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi. Er hatte die Geschichte des Windsbacher Knabenchors erforscht und nun vor allem die Archive über den BLLV durchstöbert. In akribischer Arbeit hat er eine 160-seitige Festschrift zusammengestellt, die zum Schluss der Veranstaltung verteilt wurde. In seiner teils humorvollen, teils aber auch nachdenklichen Festrede unter dem Titel „Erinnern, Übersehen, Vergessen, Verschweigen“ gab Liedtke einen Abriss der Verbandsgeschichte des mittelfränkischen BLLV, die am 17. November 1864 mit einer Gründungsversammlung in Nürnberg begonnen hatte.

Gründungsvorsitzender war Johann Friedrich Methsieder gewesen, der von 1846 bis 1848 am Schwabacher Lehrerseminar ausgebildet worden war. Recht kritisch und mit manchem Seitenhieb setzte sich Liedtke mit der Rolle des Kultusministeriums und des BLLV während der Zeit des Nationalsozialismus auseinander. Viele hatten sich dem Diktat gebeugt, andere aber mussten wegen ihrer ablehnenden Haltung Schikanen und Strafen erdulden.

„Gab es ,Gerechte’ in „Sodom“, fragte Liedtke am Ende seiner ergreifenden Rede. Doch, die gab es. Als Beispiele nannte er Fritz Thumshirn, Hans Merz, Adolf Sallfner und Oswald Merz. „Waren sie Gerechte“, fragte er. „Nein“, meinte Liedtke, „sie waren wohl nur Menschen, aber Menschen von Rang und von hoher Vorbildlichkeit. Sie waren ein großes Geschenk für den BLLV!“ Stehender Beifall honorierte die Rede Liedtkes. Für sein Engagement wurde er mit der Andreas-Dörr-Medaille ausgezeichnet.

Der stellvertretenden BLLV-Bezirksvorsitzenden Karin Dornauer blieb es vorbehalten, das Schlusswort zu sprechen. Viele schulische Veränderungen habe es in den zurückliegenden 150 Jahren gegeben, viele Enttäuschungen und Rückschläge habe man erleben müssen, aber es seien auch viele Verbesserungen erreicht worden. Sie schloss mit den Worten: „Als starke Gemeinschaft werden wir auch zukünftig unsere Forderungen stellen und gemeinsam unsere Ziele verfolgen.“