Pfaffenhofen
Adoptivtochter missbraucht

Vater von erwachsenen Kindern hat 14-Jährige bedrängt - Gericht setzt Haftstrafe zur Bewährung aus

06.08.2019 | Stand 25.10.2023, 10:24 Uhr
Ein 55-Jähriger ist wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden. −Foto: Gentsch/dpa

Pfaffenhofen (PK) "Flehen Sie jeden Tag, dass Ihre Adoptivtochter eine normale Entwicklung nimmt." Damit entließ Amtsrichter Ulrich Klose einen 55-Jährigen, der wegen sexuellen Missbrauchs einer 14-Jährigen vom Schöffengericht zu 14 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt wurde.

Andreas F. (alle Namen geändert), schmal, schütteres Haar, sitzt mit hängenden Schultern auf der Anklagebank. "Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich es tun", sagt er, "es tut mit so leid. Es ist schrecklich, was ich getan habe. Ich möchte mich bei allen, denen ich Schaden zugefügt habe, entschuldigen. Besonders natürlich bei Annika." Der hat er die Zeugenaussage vor Gericht erspart, weil er alle Anschuldigungen der Ingolstädter Staatsanwaltschaft einräumt. Danach hat er die damals 14-Jährige fünfmal in ihrem Kinderzimmer sexuell bedrängt und belästigt, sie von hinten umarmt, in den Nacken geküsst und seine Hände unter ihren Pulli geschoben. Schließlich wurde er dreister, drückte seinen Unterleib gegen ihr Gesäß und bat sie, ihm in sein Büro zu folgen. Annika vertraute sich der Mutter an; ihr Adoptivvater zog die Reißleine und zeigte sich selbst an. "Ich habe mich in sie verliebt", gab er bei seiner Vernehmung der Polizei zu Protokoll, "ich werde heiß, wenn ich sie sehe."

Bis zu jenen Vorfällen hat Andreas F. ein unbescholtenes Leben geführt. Er ist verheiratet, seine leiblichen Kinder sind inzwischen erwachsen. Jetzt ist alles eingestürzt; eine massive Lebenskrise, heißt es in einem psychologischen Attest. Seine Frau hat ihn vor die Tür gesetzt, sein Chef ihm gekündigt. F. sorge sich um seine Familie, erklärt sein Verteidiger Martin Rohrmann, telefoniere mehrmals in der Woche mit Frau und Kindern und frage nach, ob er irgendetwas tun kann. "Er versucht, alles wieder gutzumachen", so Rohrmann, um dann einzuräumen: "Was in dem Fall nicht möglich ist." Was geht: sich selbst in der Griff zu bekommen. Schon kurz nach der letzten Tat hat sich Andreas F. in eine psychoanalytische Langzeit-Therapie begeben. Die Vorfälle hätten ihn total schockiert.

Die Staatsanwältin nimmt ihm seine Reue ab, lastet ihm aber eine "gewisse Beharrlichkeit" an. "Ihm war klar, dass die Geschädigte darunter leidet." Eineinhalb Jahre Haft auf Bewährung beantragt sie und eine Geldauflage von 4000 Euro. Der Verteidiger bittet, beim vorgegeben Strafrahmen - drei Monate bis fünf Jahre Haft - am unteren Rand zu bleiben. Trotz des "verwerflichen Delikts" sieht er positive Aspekte: Mehrfach habe sich sein Mandant schriftlich entschuldigt und sich selbst angezeigt.

"Man steht etwas ratlos vor der Geschichte", erklärt Amtsrichter Ulrich Klose in seiner Urteilsbegründung. "Was Sie angerichtet haben, wird die Zukunft zeigen. Und ob Ihre Adoptivtochter eine normale Entwicklung erlebt, steht in den Sternen." Das Schöffengericht verurteilt Andreas F. zu 14 Monaten Haft. Die besonderen Umstände, so Klose, würden eine Bewährung rechtfertigen. Außerdem muss er eine Geldauflage von 2000 Euro zahlen. Noch im Gerichtssaal nimmt er das Urteil an.

Albert Herchenbach