Mit
Adelige und Armenhäusler

28.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:26 Uhr

Mit der Demokratie ist es schon eine verflixte Sache: Da gibt man den Leuten das Wahlrecht - und was stellen sie damit an? Sie wählen die AfD in Kompaniestärke in den neuen Bundestag! Da braucht man sich nicht zu wundern, wenn in Bayern der Verband der Königstreuen der Wittelsbacher Monarchie nachtrauert. Denn wenn man einen adeligen Landesherrn hat, dann sind die Verhältnisse denkbar einfach: Das blaue Blut regiert, das Volk pariert.

Auch in Denkendorf scheint man in Sachen Aristokratie grundsätzlich nostalgisch gestimmt. Eben erst ist dort im Rathaus eine Ausstellung über die Herzöge von Leuchtenberg zu Ende gegangen. Zur Erinnerung: Der erste Herzog Eugen hatte sich anno 1817 die Herrschaft über Zandt und Schönbrunn samt den zugehörigen Wäldern gekauft, damit er was zu jagen hatte. Erst nach ein paar Jahrzehnten wurde der ganze Kram dann an Bayern verkauft, die finsteren Wälder wurden somit königlich. Zur Ausstellungseröffnung kam nun der amtierende "Chef" des Hauses Leuchtenberg persönlich in die Autobahngemeinde, um sich der Gunst der ehemaligen Landeskinder zu versichern. In Eichstätt war der Herr Herzog auch mehrmals, weil das 200-jährige Leuchtenberger-Jubiläum in der Stadt gleichfalls eifrig gefeiert wird, mit Festgottesdienst und allem Pipapo. Und man konnte dabei Einheimische erleben, die vor Ehrfurcht fast erstarrten, wenn Seine Herzogliche Hoheit die Bildfläche betrat. Ähnliches durften wir auch schon im Sommer letzten Jahres erleben, als der oberste Wittelsbacher, Herzog Franz von Bayern, auf dem Residenzplatz die bayerische Marienwallfahrt anführte. Da sang das vermeintlich demokratische Volk allen Ernstes die längst ausgemusterte dritte Strophe der Bayernhymne: "Gott mit ihm, dem Bayern-König, Segen über sein Geschlecht!" Einen Moment lang habe ich befürchtet, es würde vom Balkon der Residenz aus die Wiedereinführung des Königreichs Bayern verkündet. Aber dann durfte doch weiterhin das einfache Bajuwarenvolk sich selbst regieren (angeführt vom Sohn eines Lastwagenfahrers aus Ingolstadt).

Um Denkendorf allerdings gibt es nach wie vor die Wälder des Wittelsbacher Ausgleichsfonds, und da weht ein anderer Wind. Das hat der Gemeinderat grade erfahren, als er besorgt vom Herzog Franz wissen wollte, ob dort irgendwelche größeren Schotterwerke geplant sind. Die Wittelsbacher ließen darauf kühl wissen, dass man mit seinem Eigentum tun und lassen werde, was man wolle (soll heißen: dass man den Armenhäuslern im Denkendorfer Rathaus keine Rechenschaft schuldig sei). Der Chronist meldete aus der Gemeinderatssitzung "ungläubiges Staunen".

Nach Revolution und dem Hissen der Roten Fahne hört sich das zwar noch nicht an. Es scheint aber, dass zumindest in Denkendorf die Faszination für Aristokraten einen heilsamen Dämpfer erhalten hat.

Pfüat Gott, Ihr

Schlossleutnant

Lorenz Krach