Berlin (DK
Abzocke beim Dispokredit

Stiftung Warentest kritisiert Geldinstitute für nach wie vor hohe Zinssätze bei Kontoüberziehung

20.08.2013 | Stand 02.12.2020, 23:46 Uhr

Berlin (DK/AFP) Trotz Minizinsen für Sparguthaben kassieren viele Geldinstitute – auch in der Region Ingolstadt – laut Stiftung Warentest für die Kontoüberziehung noch immer Zinssätze im zweistelligen Bereich. Die Finanzbranche erklärte, Verbraucher hätten die freie Wahl, wo sie ihr Konto eröffneten.

Ein flächendeckender Vergleich unter 1538 Instituten habe gezeigt, dass die Geldhäuser derzeit Dispozinsen von im bundesweiten Durchschnitt 11,31 Prozent verlangten, berichtet die Stiftung Warentest in der aktuellen Ausgabe ihrer Zeitschrift „Finanztest“. Das Magazin kritisiert, Dispozinssätze seien häufig zweistellig, obwohl sich Banken und Sparkassen bei der Europäischen Zentralbank (EZB) derzeit zu einem historisch niedrigen Zinssatz von 0,5 Prozent Geld leihen könnten. Insbesondere kleine Institute auf dem Land nutzten „ihre Vormachtstellung“ aus und verlangten teils „deutlich mehr als 13 Prozent“.

Wie die Zeitschrift berichtete, verlangen 119 Geldhäuser Zinssätze von 13 Prozent und mehr. Die höchsten Dispozinsen hätten die Raiffeisenbank Taufkirchen-Oberneukirchen in Bayern und die Volksbank Feldatal in Hessen mit jeweils 14,75 Prozent verlangt.

Insgesamt hätten die Tester Zinsunterschiede „von mehr als zehn Prozentpunkten“ zwischen Deutschlands Banken und Sparkassen ermittelt, berichtete „Finanztest“. Angesichts der günstigen Refinanzierungsbedingungen für Banken und Sparkassen müssten die Zinssätze „zurzeit klar unter zehn Prozent liegen“. Einzelne Institute zeigten, dass dies möglich sei. Beispiele seien die VR-Bank Uckermark-Randow mit einem Zinssatz von 4,2 Prozent für ein bestimmtes Kontomodell sowie unter den Direktbanken die Deutsche Skatbank mit 5,25 Prozent für ein Internet-Girokonto. Unter den Großbanken sticht die auch in Ingolstadt vertretene Merkur Bank mit einem Dispozins von 8,21 Prozent bei ihrem Kontomodell „GiroPremium“ hervor.

Viele Banken hätten sich allerdings gesträubt, für den Vergleich ihre Zinskonditionen zu nennen, berichtete „Finanztest“. Von den 1538 verglichenen Instituten hätten nur 413 ihre Zinssätze „ohne Umschweife“ genannt. Weitere 519 wollten ihre Konditionen nicht nennen, hatten diese aber im Internet veröffentlicht. Insgesamt 26 Banken und Sparkassen hätten jegliche Auskunft verweigert.

Der Verband Deutsche Kreditwirtschaft erklärte zu den Vergleichsergebnissen, es bleibe dem Kunden bei der Suche nach einem Kontoanbieter „die Möglichkeit, unter einer Vielzahl von Angeboten zu wählen“. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband betonte, Dispokredite würden nicht über die EZB refinanziert, „sondern aus höher verzinslichen, teilweise langfristig angelegten Kundeneinlagen“. Der Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern, Stephan Götzl, warf der Stiftung Warentest „Stimmungsmache im Bundestagswahlkampf“ vor. Nach Einschätzung des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) hat der Vergleich für die privaten Banken unterm Strich „ein gutes Ergebnis“ gebracht.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) forderte eine gesetzliche Deckelung. Die Vergleichsergebnisse belegten ein „Marktversagen bei Dispozinsen“, erklärte vzbv-Vorstand Gerd Billen. Das Bundesverbraucherministerium forderte von Banken und Sparkassen mehr Offenheit gegenüber den Kunden. „Es ist höchste Zeit, dass das Zinsversteckspiel ein Ende hat“, erklärte ein Sprecher in Berlin. Kommentar Seite 2