Ingolstadt (DK) Jens Rohrer gehört sicherlich zu den innovativsten und einfallsreichsten Autoren in der Ingolstädter Literaturszene. Im Rahmen seiner Guerilla-Lesungen rezitierte er schon vor Schnapsregalen in Supermärkten Texte von alkoholkranken Schriftstellern und las Geschichten über Fisch und Mensch im Nordsee-Restaurant.
Seinen eigenen Texten wohnt zumeist eine gewisse Skurrilität mit einem ausgeprägten Hang zur beißenden Ironie inne, die den Zuhörer erst sanft stupst und zum Schmunzeln bringt und dann sogleich mit voller Wucht mit der Sarkasmus-Keule trifft, dass ihm das Lachen in der Kehle stecken bleibt.
Am Samstag stellte der 42-jährige Nebenerwerbsschriftsteller Auszüge aus seinem neuen Buch, "Albert Hammonds Otter" (Bayerischer Poeten- und Belletristik-Verlag, ISBN 978-3-944000-22-0, mit Illustrationen von Jutta Drinda und Jürgen Schulze), vor - originellerweise im Kleintierzoo Wasserstern, umgeben also von echten Kalibern des Genres. In den Gedichten geht es um gehetzte Frösche, blöde Biber, bauernschlaue Hasen und anderes, teils exotisches, teils prominentes Getier (die Generation Black Beauty darf sich hier angesprochen fühlen), das sich entweder in kuriosen Situationen wiederfindet oder auf bizarre Weise mit seiner Umwelt kommuniziert. So wie der Steinbock in den Appalachen, der sich mit Enzian betrinkt, seine tierische Nachbarschaft mit Streichen terrorisiert und dann beim Abstieg einen Fels verfehlt, was ihn - krachend abgestürzt - zu der Erkenntnis gelangen lässt, dass beschwipst zu klettern ("Don't drink and climb") nicht minder gefährlich ist als betrunken Auto fahren.
Besagtes und mittlerweile in die Jahre gekommenes Filmpferd wiederum gerät auf seiner Reise zum Gnadenhof versehentlich in den falschen Schiffscontainer und landet so statt in New York im afrikanischen Dschibuti, wo es als "schwarzes Schaf" unter Zebras dahinsiecht. Ein Happy End für den Edelgaul ist da - so viel sei verraten - nicht vorgesehen. Ebenso wenig wie für Flipper, der in Rohrers Reimen als promiskuitiver Meeresbewohner sein Unwesen treibt. Glücklich verließen dafür die rund 40 Besucher die Lesung. "Witzig und beschwingt" sei es gewesen, so Stadtrat Manfred Schuhmann, "großen Ideenreichtum" und ein "gekonntes Spiel mit den Worten" bescheinigten Inga und Markus dem Dichter. Schon eingangs der Lesung reimte Laudatorin Veronika Peters über Rohrer: "An den verrücktesten Orten glänzt er mit Worten."
Musikalisch umrahmten den Abend Sängerin Sizley, die mit Joseph Mödl an der Gitarre eine vom Publikum mit kräftigem Beifall bedachte Version des Albert-Hammond-Songs "Down by the River" (als Hommage an den Otter im Buchtitel, der in dem Song tatsächlich vorkommt) vortrug, sowie Benjamin Dami und Paula Gendrisch vom Stadttheater Ingolstadt, die mit Interpretationen von "My Butterfly" und "Okapiposter" ebenso begeisterten.
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