Ingolstadt
„Absolute Augenhöhe“

Kanzlerduell im SPD-Haus: Sozialdemokraten trafen sich am Sonntag zum Public-Viewing

04.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:33 Uhr
Schulz gegen Merkel: Rund 25 Sozialdemokraten kamen am Sonntag im SPD-Haus im Unteren Graben zusammen, um gemeinsam das Kanzlerduell im Fernsehen anzuschauen. −Foto: Brandl, Michael, Ingolstadt

Ingolstadt (DK) Erste Blitzumfragen gleich nach dem Fernsehduell brachten die Erkenntnis: Die Mehrheit der befragten Zuschauer machte in Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die mal mehr, mal weniger deutliche Siegerin des Schlagabtauschs um das Kanzleramt aus.

In der Ingolstädter Parteizentrale der SPD sah man das naturgemäß ein wenig anders.

Dort trafen sich etwa 25 Genossinnen und Genossen am Sonntagabend auf Einladung der Jusos zum Public-Viewing. Als Ingolstadts Bundestagskandidat Werner Widuckel nach Ende des TV-Duells kurz vor 22 Uhr in einem Schnell-Fazit Herausforderer Martin Schulz „absolute Augenhöhe“ zur amtierenden deutschen Regierungschefin attestierte, brandete kräftiger Beifall auf. Einen Sieger könne man zwar nicht bemessen, schränkte der frühere Audi-Personalvorstand ein, doch gerade bei den Themen Türkei, Flüchtlinge und soziale Gerechtigkeit hätte Merkel im Gegensatz zu Schulz „nichts zu sagen“ gehabt.

Viel Zwischenapplaus und verbale Zustimmungsbekundungen seiner Ingolstädter Gefolgsleute erhielt Schulz, als er die Kanzlerin überbetont dafür lobte, als sie sich für die Rente mit 67 aussprach. Um kurz darauf daran zu erinnern, dass sie im TV-Duell vor vier Jahren gegen Peer Steinbrück versicherte, mit ihr werde es keine Pkw-Maut geben. Die Ironie hatte funktioniert, auch wenn Merkel den Vorwurf sogleich revidierte. Eindruck bei den anwesenden Genossen machte der „rhetorische Kinnhaken“, wie Juso-Vorsitzender Jonathan Spanos Schulz’ Vorstoß später bezeichnete, in jedem Fall. „Schulz hat Boden gutmachen können“, sagte Spanos. Nach seinem Empfinden sei jedoch zu lange über das Thema Türkei geredet worden. Andere wichtige Themen wie die Pflege, Digitalisierung und Bildung seien dagegen in der Sendung „gar nicht aufgetaucht“.

Ähnlich sah das auch Can Devrim Kum vom SPD-Ortsverein Nord. „Schulz hat klare und richtige Aussagen zu den Themen Flüchtlingen, Erdogan und Türkei gemacht“, sagte er. Er hätte aber deutlicher äußern sollen, dass eine Koalition mit der Linken „unter strengen Prämissen“ denkbar wäre, fand er. Dass das TV-Duell ohne Publikum ausgetragen worden sei, habe Kum nicht als Nachteil empfunden. Einig war man sich im SPD-Haus, gemessen am Beifall, überdies in der Schlusserkenntnis Widuckels: „Es lohnt sich, für ihn Wahlkampf zu machen“, sagte er über Martin Schulz.