Riedenburg
Abschied zwischen Muscheln

Hildegard Adamczyk schließt Ende September das Meeresmuseum Ozeania

11.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:28 Uhr

Die Lastenträgerschnecke hat sie am liebsten: Hildegard Adamczyk ist fasziniert von den kreativen Meeresbewohnern. Im Museum Ozeania vermitteln zahlreiche Gehäuse dieser Tiere den Besuchern einen Eindruck von ihrer Vielfalt. Aber nicht mehr lange: Adamczyk hat das Haus in der Bruckstraße verkauft - Foto: Schmied

Riedenburg (DK) Sie kennt das Gebäude in der Bruckstraße wie ihre Westentasche – vielleicht sogar besser. Denn Hildegrad Adamczyk hat in den vergangenen Jahren viel Zeit hier verbracht. Zwischen den Vitrinen, in denen sich Muscheln und Schnecken aus allen Weltmeeren in Eintracht aneinander reihen, erinnert sich die Riedenburgerin an viele schöne Momente, die sie hier erlebt hat. Eine gewisse Wehmut überkommt sie, wenn sie daran denkt, dass das Meeresmuseum Ozeania Ende September seine Pforten schließt. Dennoch: „Es ist an der Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen.“

Adamczyk hat sich die Entscheidung, das Haus am Riedenburger Marktplatz zu verkaufen, nicht leicht gemacht. „Lange habe ich darüber nachgedacht, aber letztlich hat die Vernunft gesiegt“, erklärt sie. Die 65-Jährige möchte ihre Angelegenheiten beizeiten regeln, denn oft kommt es nicht so, wie man es sich vielleicht wünschen würde. Das weiß sie aus Erfahrung – und möchte für alle Eventualitäten gerüstet sein. „Es gibt niemanden, der das Ozeania weiterführt. Darum ist der Verkauf für mich die richtige Lösung.“

Der Abschied fällt trotz aller guten Gründe schwer. Denn in liebevoller Kleinarbeit hat Adamczyks 2010 gestorbener Mann Klaus die weit über 3500 Exponate zusammengetragen. Angefangen hatte alles während seiner Ausbildung zum Steinmetz. „Er ist dabei immer wieder auf Versteinerungen gestoßen und hat schließlich angefangen, sie zu sammeln“, erzählt die Riedenburgerin. Klaus Adamczyk entwickelte über die Jahre eine Leidenschaft für Schnecken, Muscheln und Korallen aus allen Gewässern der Welt. Irgendwann reichte der Platz in den eigenen vier Wänden nicht mehr aus.

So haben die Adamczyks das Haus in der Bruckstraße einst selbst erworben. Die Räume über der Pizzeria im Erdgeschoss bestückten sie bis zur Eröffnung im November 2005 mit Schaukästen und befüllten die Glasregale mit den Sammelobjekten. „Beim Einräumen hatte ich jede einzelne Schnecke und jede Muschel in der Hand“, erzählt Hildegard Adamczyk. Der wahre Experte sei aber immer ihr Mann gewesen. „Besonders wertvolle Stücke hat er zu Hause behalten. Ein Sammler weiß genau, wie viele Einkerbungen eine perfekte Orangenporzellanschnecke haben muss.“

Sie selbst findet die Lastenträgerschnecke faszinierend. Auch wenn Adamczyk die Aufmachung dieser skurrilen Meeresbewohner anfangs für eine von Menschen gemachte Sensation hielt. „Zum ersten Mal habe ich die Gehäuse dieser Tiere bei einer Ausstellung in Wien gesehen“, erinnert sie sich. „Ich habe nur gedacht: Was soll denn das sein“ Umso begeisterter war sie, als sie sich näher mit der Art beschäftigte: Beim Säubern des Meeresgrunds klebt das Tierchen Korallen, kleinere Gehäuse oder Schalenstücke an seine Behausung. „Und strebt dabei immer nach Symmetrie“, beschreibt Adamczyk die Einzigartigkeit ihrer Lieblingsschnecke.

Von Stücken, die ihr besonders ans Herz gewachsen sind, wird sich die Riedenburgerin nicht trennen, sondern sie bei sich zu Hause einquartieren. Alle anderen erfasst sie im Moment in einer Liste, und so wandert erneut jedes Exponat durch ihre Hände. Einige Vitrinen hat sie hergerichtet, um sie weiterzugeben. Zum Beispiel an die Stadt Riedenburg oder auch an die Kelheimer Fachoberschule. Einige Schüler hatten im vergangenen Jahr Schautafeln eigens für das Meeresmuseum angefertigt. „Wenn ich das Gefühl habe, meine Schätze sind gut aufgehoben, bin ich gerne bereit, sie abzugeben“, betont Adamczyk.

Seit dem Tod ihres Mannes vor ein paar Jahren stemmte die 65-Jährige die Arbeit in dem Museum alleine. Das habe sie gerne getan, versichert sie. Es bereitete ihr Freude, den Besuchern die Vielfalt der Unterwasserwesen näherzubringen.

So sehr sie auch an Ozeania hängt, so sehr freut sich Adamczyk auf die Zukunft. Denn vieles sei in den vergangenen Jahren, während sie zwischen Museum, Pizzeria und dem Bestattungsinstitut in Tettenwang pendelte, einfach liegen geblieben. Den Familienbetrieb im Altmannsteiner Ortsteil hat sie bereits im April an Nachfolger Frank Raue übergeben. Und sie ist sich sicher, dass Salvatore Maucieri als Käufer des Gebäudes in der Bruckstraße wieder mit Leben füllen wird (siehe eigenen Bericht). „Ich freue mich jetzt darauf, mich nur noch um Haus und Garten zu kümmern“, sagt Hildegard Adamczyk. „Und darauf, mehr Zeit mit meinen Enkelkindern zu verbringen.“