Ingolstadt
Abschied ohne Streicheleinheiten

Weil die Auflagen des Veterinäramtes zu aufwendig sind, schafft ein Altenheim die Tiere im Haus ab

30.07.2012 | Stand 03.12.2020, 1:13 Uhr

Hier sind Tiere erlaubt: Senior Wilhelm Ress und Mieze Gribu. Im AWO-Seniorenzentrum Katharinengarten gibt es zwei Hauskatzen, um die sich die Bewohner liebevoll kümmern - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Die Tiere sind weg: Im Phönix-Seniorenzentrum an der Münchener Straße haben die Mitarbeiter ihre Tiere aus dem Haus genommen, weil das Veterinäramt einige Mängel feststellte. Laut einer Angehörigen fühlen sich die Bewohner übergangen und wünschen sich die Tiere zurück.

Als Iris Irmler mit ihrer 87 Jahre alten Tante mal wieder die beiden Kaninchen im Seniorenheim besuchen wollte, räumte eine Mitarbeiterin des Hauses gerade die letzten Teile des Stalles weg und stellte einen Blumenkasten auf. „Schöner Oleander, oder“, habe sie gesagt. Kein Wort darüber, warum auf einmal die beiden Kaninchen nicht mehr da waren.

So schildert Irmler das, was sie vor Kurzem im Phönix-Seniorenzentrum erlebt habe. Viele Bewohner seien nun traurig, sagt sie. Nicht nur ihre Tante habe ein persönliches Verhältnis zu den Tieren aufgebaut. „Die waren hier ein richtiger Magnet.“ Vor dem Verschwinden der Tiere seien die Bewohner weder darüber informiert worden, noch sei ihnen gesagt worden, was mit ihnen passiert und wo sie jetzt sind. Das hätten ihr auch verschiedene Mitbewohner ihrer Tante erzählt.

Bich Nga Do-Thi, Marketingleiterin der Phönix-Unternehmensgruppe, bestreitet auf Nachfrage, dass die Senioren nicht über die Aktion informiert gewesen seien: „Die Bewohner haben es ja mitbekommen, als die Tiere weggebracht wurden.“ Insgesamt lebten in der Einrichtung laut Do-Thi bis vor Kurzem seit etwa einem Jahr zwei Kaninchen, zwei Papageien und zwei Wellensittiche im Garten und im Haus. Sie gehören einzelnen Mitarbeitern, die sie eigentlich dauerhaft im Heim unterbringen wollten, damit die Bewohner eine Beziehung zu ihnen aufbauen können.

Doch beim letzten Besuch des Veterinäramtes stellten die Prüfer laut Do-Thi einige Mängel fest: Zum Beispiel hätten sie den Vogelkäfig für zu klein befunden und bemängelt, dass die Kaninchen kein Raufutter zum Fressen hatten. „Wir hätten natürlich die Kosten für die Nachbesserungen übernommen“, sagt Do-Thi, „aber das war dann ein zu komplexer Entscheidungsweg.“ Die Besitzer der Tiere hätten so „keinen großen Aufwand betreiben müssen“.

Roland Lehmann vom städtischen Veterinäramt widerspricht: „Das wäre kein großer Aufwand gewesen.“ Das Seniorenzentrum hätte Kleinigkeiten zu ändern gehabt und auch keine Strafe bezahlen müssen. „Wir wollen ja, dass sie Tiere in den Heimen halten“, erklärt er, „das ist schön für die Bewohner.“

In Zukunft wollen die Verantwortlichen des Altenheimes laut Do-Thi mit dem Tierheim kooperieren, um ab und an Tiere ins Heim zu bringen. Ein paar Mal im Jahr werde auch das Hasenparadies mit zahmen Kaninchen zu Besuch kommen. Außerdem habe eine Mitarbeiterin einen Welpen, der „täglich“ vorbeikomme. Für Irmler ist klar, dass man auf diese Weise nicht einfach die Tiere ersetzen kann, an die sich die Bewohner gewöhnt haben. Sie möchte noch nicht aufgeben: „Wir wollen die Kaninchen zurückholen.“