Absage an "Kerngeschäft" und Event

08.07.2008 | Stand 03.12.2020, 5:46 Uhr

Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst (Limburg) sprach beim Tag der pastoralen Dienste. Unser Bild zeigt ihn mit Bischof Gregor Maria Hanke (Eichstätt). - Foto: Staudt

Eichstätt (pde) Mit Pioniergeist und einer Besinnung auf die eigene Identität sollten nach Auffassung von Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst die christlichen Gemeinden den neuen Herausforderungen in der Seelsorge begegnen.

Beim Tag der pastoralen Dienste am Willibaldsfest in Eichstätt sprach sich der Bischof von Limburg für eine sorgfältige Begleitung von ausgewählten Pilotprojekten aus, "deren Erfahrungen aber nicht in einer Entdeckernische verbleiben dürfen, sondern der breiten Alltagswirklichkeit in der Pastoral zugänglich gemacht werden wollen". Der "alarmierend gesunkene Grundwasserspiegel des Glaubenswissens" fordere die Kirche heraus, den Glauben neu ins Wort zu bringen, sprachfähig und auskunftsfähig zu werden.

Mit dem Ziel spiritueller Erneuerung verbinde sich vor allem die Entwicklung einer geistlichen Form der Kommunikation, "die Gemeindebildung nicht zuerst über mandatsgebundene Sitzungen und Satzungen nach quasi-parlamentarischen Spielregeln versteht". Auf dem Weg zu missionarischen Perspektiven für die Seelsorge brauche es zuerst den spirituellen und dann erst manchen strukturellen Ansatz. Die Zeit sei günstig, gerade auch in den verfassten Gremien die geistlichen Herausforderungen aufzugreifen. Dazu benötigten vor allem auch Mandatsträger wie die Pfarrgemeinderäte gute geistliche Begleitung.

Bei einer missionarischen Neuausrichtung der Gemeinden sei eine Profilierung des Ehrenamtes gefordert. In vielen Gemeinden fühlten sich jedoch die Engagierten immer mehr beansprucht, weil sie für zusätzliche Aufgaben überredet werden, für die es andernorts an Bereitwilligen fehlt.

Die Versuchung sei groß, durch ein Mehr an Anstrengungen und Angeboten kompensieren zu wollen, was sich an immer größeren Lücken in der Verkündigung und Feier des Glaubens zeigt. Doch wo Gemeindepraxis ihre Bedeutsamkeit aus der Quantität von Aktionen ableite, laufe sie Gefahr, in Orientierungsnot zu kommen.

Im Zusammenhang der Diskussionen um die Sparmaßnahmen bei den kirchlichen Finanzen falle auch immer häufiger das Wort vom "Kerngeschäft" der Seelsorge, sagte Tebartz-van Elst. Dies sei in mehrfacher Hinsicht problematisch: Zum einen, weil es den Eindruck erwecke, man könne Pastoral "machen". Zum anderen verbinde sich mit dieser Redeweise die Vorstellung von einer Reduktion der Seelsorge auf das, was noch bezahlbar sei. Es gelte wieder stärker ins Bewusstsein zu bringen: "Unser Glaube ist Ereignis von Gott her und nicht Event aus Menschenhand".

Dabei komme der Feier der Liturgie immense Bedeutung zu. Allerdings begegne man bei manchen Gottesdiensten bisweilen einer "eventhaften Ausgestaltung", die Vordergründiges so betone, dass Tiefgründiges nicht mehr erkannt wird.

Für eine Ortskirche sei es ein besonderes Vermächtnis, in der Spur eines großen Missionars den Glauben leben und verkünden zu dürfen, sagte der Bischof von Limburg. Der Eichstätter Diözesanpatron Willibald sei ein Mensch mit dem Blick nach vorn gewesen. "Sein Erbe motiviert und mobilisiert zum Auftrag". An seiner Person werde deutlich, was die Kirche braucht, um voran zu kommen: "Er ist Pilger und zeigt darin Bereitschaft zur Bewegung. Er ist Mönch und Eremit und zeigt darin Bewusstsein für das Bleibende". In dieser Spannung stehe auch heute die Suche nach einer missionarischen Glaubensverkündigung und Gemeindebildung.

"Aufmerksamkeit und Wertschätzung für Gewachsenes, das beheimatet und stabilisiert, ist in missionarischer Hinsicht genauso notwendig wie eine Bereitschaft zur Bewegung, die wahrnimmt, wo Veränderungen im Sozialraum der Menschen auch zu Herausforderungen für unsere Gemeindebildung werden."