Ingolstadt
Abhängen mit Anspruch

Die Mutbürger besetzen die Donaubühne und demonstrieren, wie schön dort alles sein könnte

20.05.2012 | Stand 03.12.2020, 1:28 Uhr

Alles klar machen fürs Sit-IN: Den Besen schwang Ralf Oberhofer am Samstag nur kurz, um den Entendreck auf der Donaubühne wegzuräumen. Dann gaben sich die Mutbürger dem Müßiggang hin. Ihr Credo: Die Stadt hat Potenzial, man muss es nur besser pflegen. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Es war eine kleine Demonstration der ganz entspannten Art: Die Mutbürger von der Aktion Innenstadt ließen es sich am Samstag auf der eigentlich gesperrten Donaubühne gut gehen, um zu zeigen, wie schön es am Fluss sein kann. Ihr Credo: Die Stadt hat Potenzial, man muss es nur besser pflegen.

Fast schon rebellisch, ja subversiv geradezu schreiten sie zur Tat. Bewaffnet mit Kuchenblechen, Brotzeitkörben, Sonnencreme und Liegestühlen entern drei Dutzend Ingolstädter die Donaubühne, um entspannt ein Zeichen zu setzen. Sie klettern doch tatsächlich direkt über die Abgrenzung. Denn die vor 20 Jahren eingeweihte, seither hinreichend überschwemmte und ansonsten recht einsame Insel im Fluss ist eigentlich gesperrt; ein Schild stellt es klar; es hängt dort das ganze Jahr – und genau das finden die Unterstützer der Aktion Innenstadt, besser bekannt als die Mutbürger, einfach nur wieder typisch: Wieso macht man da nichts draus?

„Es gibt so viele schöne Ecken in dieser Stadt, aber es wird einfach nicht auf sie hingewiesen“, findet Matthias (33). „Nirgends deutet in der Altstadt ein Schild auf die Donaubühne. Da muss ein Besucher erst mal herfinden durch die Unterführung.“ Schade sei das, sehr schade.

„Sit-IN“ nennt die Aktion Innenstadt den Spaß auf der Bühne mit sonniger Selbstironie, so nach dem Motto: Abhängen mit Anspruch. Ralf Oberhofer hat das Treffen organisiert. Der Wirt des Cafés Maximilian, Stammsitz der Mutbürger, hofft auf einen gewissen Demonstrationseffekt. „Es könnte alles so schön sein hier in diesem tollen Ambiente! Wir haben hier ja fast schon Berliner Spree-Feeling.“ Jedoch: „Es passiert einfach nix. Ein paar Drachenboote, das Fischerstechen und einmal im Jahr das Wirtefest, aber das war es dann im Wesentlichen.“ Sicher, am Ufer „ist zuletzt schon einiges gemacht worden“, findet Oberhofer und zeigt auf die Promenade gegenüber, aber rund um die Donaubühne wäre der Liebreiz ausbaufähig, deutet er an. Mehr Pflege täte nicht schaden. Und ein mobiles Café für den Sommer. Dann könne der Klenzepark sein Potenzial voll ausspielen. „Es ist ja heute schon so“, schwärmt Oberhofer, „ich gehe durch den Torbogen in der Infanteriemauer – und betrete eine andere Welt!“

Ein Vorschlag von Gerald (36): Entlang den Wegen im Park und an den Stufen zur Bühne wäre es reizvoll, die Beleuchtung zu verbessern, „denn keiner setzt sich im Finstern an einen Fluss“. Dann könne man hier auch am Abend „ohne Angst spazieren gehen und sich wohlfühlen“.

Das Potenzial. Es sei doch da, das finden alle der Abhäng-Aktivisten. Die Mutbürgerin Lydia bringt es auf den Punkt: „In Ingolstadt haben wir so viel Schönes, man muss es halt nur wieder entdecken und pflegen!“ So wie die Donaubühne. Die junge Schanzerin Sonja ergänzt: „Man muss nicht alles neu erfinden – man muss nur schauen, wie andere Städte Leben an ihre Flüsse gebracht haben, und die guten Ideen dann übernehmen.“

Genau dafür hat Matthias eine eigene Facebook-Gruppe gegründet: Donauman. Hier finden sich Beispiele aus aller Welt für gepflegte, lebendige und attraktive Flussufer – mithin lauter Vorbilder für Ingolstadt.

Für den 33-jährigen Schanzer ist das der zeitgemäße Weg bürgerschaftlichen Engagements: originell-unideologische Aktionen (wie eben das Sit-IN auf der Donaubühne) auf der Basis des Austauschs mit Gleichgesinnten via Internet. „Es ist das Problem, dass die Politik die Bürger kaum mitreden lässt. Aber diese Zeiten sind vorbei! Die Leute vernetzen sich, sie wollen teilhaben, ohne sich zu profilieren.“

Eigentlich eine klassische Piraten-Position. „Ach, die Piraten“, sagt Matthias. „Wenn die großen Parteien ordentlich ihren Job machen würden, müsste es die doch gar nicht geben.“