Großmehring
Abgehängt vom Arbeitsplatz

Im Interpark arbeiten rund 1000 Menschen – Eine direkte Busverbindung gibt es aber nicht

17.07.2015 | Stand 02.12.2020, 21:01 Uhr

Drei Kilometer bis zur nächsten Haltestelle: Wer den Interpark vor den Toren Ingolstadts direkt mit dem Bus erreichen will, schaut in die Röhre und muss – wenn er kein Auto hat – entweder gut zu Fuß sein oder in die Pedale treten, so wie dieser Pendler - Foto: Brandl

Großmehring/Kösching (DK) Der Interpark hat sich zu einem prosperierenden Gewerbegebiet entwickelt. Mehr als 80 Unternehmen sind derzeit dort angesiedelt. Die Zahl der Beschäftigten steigt. Pendler ohne Auto haben es jedoch schwer, denn eine direkte Busverbindung fehlt bis heute.

Marco Zimmel würde wohl eher zu Fuß nach Canossa laufen als mit dem Bus in den Interpark fahren. Nicht etwa, weil ihm der Bittgang ins Italienische lieber wäre. Im übertragenen Sinn hat er ihn jetzt sogar angetreten und sich mit seinem Anliegen an den DONAUKURIER gewandt.

Das Betriebsratsmitglied der Rudolph Logistik Gruppe, die im Interpark zwei Niederlassungen betreibt, arbeitet selbst zwar nicht in dem über 1,3 Quadratkilometer großen Gewerbegebiet zwischen Großmehring und Kösching, sondern am Ingolstädter Standort des Unternehmens. Zimmel weiß als Arbeitnehmervertreter aber um die Umstände, die es Stellensuchenden aus dem Umland schwermachen können, einen Job im Interpark zu finden. Weil bis heute eine direkte Busverbindung fehlt. „Diese ist jedoch dringend notwendig“, sagt er und denkt dabei vor allem an junge Leute, die eine Lehrstelle suchen, aber noch keinen Führerschein haben und deshalb nach Bewerbungsgesprächen einen Rückzieher machen. Für ihn – der auch im Sinne seines Arbeitgebers spricht – eine klare Benachteiligung. „Kinder werden zwar mit dem Auto bis vor die Schule gefahren. Wenn sie aber Geld verdienen sollen, müssen sie zu Fuß laufen“, schimpft Zimmel.

Er kenne Fälle, in denen Lehrlinge „die Probezeit nicht geschafft haben, weil sie zu oft zu spät zur Arbeit erschienen sind“. Bald würden sich keine mehr bewerben. „Die fangen lieber bei Audi an, weil sie dort mit dem Bus hinkommen.“ Dabei blühe der Interpark jetzt auf, meint Zimmel. Das Gewerbegebiet wird derzeit erweitert. Allein die Firma Rudolph sei seit den Anfängen von wenigen Mitarbeitern auf 160 gewachsen. „Insgesamt arbeiten hier aktuell rund 1000 Menschen“, schätzt Interpark-Geschäftsführer Bernhard Miehling. Tendenz steigend.

Auch ihm ist das Problem bewusst: „Eine Busverbindung wäre dringend erforderlich.“ Zuständig seien jedoch die Gemeinden. „Soweit ich informiert bin, gibt es Möglichkeiten, Linien einzusetzen. Das ist aber eine Kostenfrage. Wir als Betriebsgesellschaft können da nichts machen“, sagt er und verweist auf die Größenordnung einer möglichen Mitfinanzierung.

Miehling kann sich aber vorstellen, das Vorhaben organisatorisch zu unterstützen, wie er sagt. Wären da nicht die unterschiedlichen Arbeitszeitmodelle, die in den Betrieben gelten und die eine vollständige Abdeckung aller Schichten mit Bussen schwierig mache, so seine Einschätzung. „Aber einfach zu sagen, man könne dort nicht arbeiten, weil man keinen Führerschein hat, halte ich für etwas kurz gegriffen“, findet er und verweist auf die Haltestellen in Desching, Mailing und Großmehring. „So komfortabel wie mit dem Bus ist das nicht“, räumt er angesichts längerer Fußmärsche zum Interpark jedoch ein. Diese können bis zu einer halben Stunde dauern.

Akuten Handlungsbedarf sieht auch Jörn Kimmich, Geschäftsführer der Firma Binderholz im Interpark. „Wir waren letztes Jahr bei der Gemeinde Kösching und haben moniert, dass wir mit dem Thema nicht weiterkommen“, berichtet er und erwähnt eine „größere Finanzierungslücke“. Auch er bestätigt, dass es ein „großes Problem“ mit Azubis ohne Fahrerlaubnis gebe. „Im Endeffekt ist das ein unmöglicher Zustand bei dieser Zahl von Arbeitskräften.“

Momentan nutzen betroffene Mitarbeiter des Unternehmens entweder eine Mitfahrgelegenheit oder das Zweirad. Die Zahl derer, die davon auf den Bus umsteigen würden, schätzt er vorsichtig auf 30 bis 40. „Ich möchte nicht ausschließen, dass Binderholz zum Gelingen einen bestimmten Beitrag leisten würde“, sagt Kimmich. „Aber nur, wenn wir einen deutlichen Nutzen bezüglich der Taktzeiten haben.“

Aktuell liege kein Vorschlag vor, den Interpark an den ÖPNV anzubinden, sagt Robert Frank, Geschäftsführer der Ingolstädter Verkehrsgesellschaft. „Da ist die Frage, wer bezahlt“, sagt er und verweist auf die Gemeinden und den Landkreis Eichstätt. Auch einem zeitlich begrenzten Versuch steht er skeptisch gegenüber: „Da besteht die Gefahr, dass viele sagen, sie fahren mit dem Bus, und dann wird er doch nicht in dem Maß genutzt.“ Was bliebe, seien hohe Kosten, die dennoch bezahlt werden müssten. Sollten neue Initiativen kommen, stehe die INVG aber als Ansprechpartner bereit. Der richtige Schritt wäre seiner Ansicht nach, wenn der Interpark und die Gemeinden mit ihren Bedürfnissen auf die INVG zukommen. „Wir sind nicht die, die das alleine entscheiden.“

In Großmehring sei man durchaus bereit, aktiv zu werden, versichert Artur Walter von der Gemeindeverwaltung. „Aber nur zusammen mit Kösching.“ Auch er meint, dass nach der Erweiterung des Interparks der Bedarf an einer Busverbindung steige. Bei einer Umfrage vor vier Jahren sei das nicht der Fall gewesen.

„Wir werden das Thema beobachten“, sagt Heinrich Kürzinger von der Marktgemeinde Kösching. Er zweifelt aber daran, dass die Fahrgastzahlen in einem gesunden Verhältnis zu den Kosten stünden. „Da kommen Unsummen zusammen“, ist er sich sicher. Eine Zahl, die dem DK genannt wurde, um die Finanzierung zu sichern, bestätigt dies. Sie beläuft sich auf 70 000 Euro.