Ingolstadt
Abfangjäger in politischen Turbulenzen

Der Kauf von "Eurofighter"-Kampfflugzeugen ist in Österreich seit 15 Jahren ein Dauer-Streitfall

16.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:38 Uhr

Ingolstadt (DK) Österreich und der "Eurofighter" - das ist eine unendliche Geschichte. Seit die Alpenrepublik im Jahr 2000 den Kauf neuer Abfangjäger beschlossen hatte, war das Projekt ein steter Quell von Parteienstreit und Korruptionsvorwürfen. 2002 entschied sich die damalige Koalition von konservativer ÖVP und rechter FPÖ unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel zum Kauf von zunächst 24 "Eurofighter"-Kampfflugzeugen des Europäischen Airbus-Konzerns.

Die SPÖ war strikt dagegen, versprach im Wahlkampf eine Annullierung des Geschäfts. Herausgekommen ist dann aber nur eine Reduzierung der Stückzahl auf 15. Ein Teil der Maschinen wurde gebraucht gekauft, die Ausstattung wurde reduziert, um Kosten zu sparen. Knapp 1,6 Milliarden Euro bezahlte die Wiener Regierung im Endeffekt. Doch damit war der Streit längst nicht vorbei. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss beschäftigte sich mit dem Geschäft, immer wieder gab es Korruptionsvorwürfe und -ermittlungen.

Es spricht einiges dafür, dass bei dem Rüstungsgeschäft wirklich nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Medienberichten zufolge hatte das Finanzamt München Airbus-Zahlungen von 90 Millionen Euro im Zusammenhang mit dem Verkauf nicht als Betriebsausgaben anerkannt. Allerdings verliefen alle Ermittlungen im Sande, nie wurde ein Lobbyist, Politiker oder Militär deshalb verurteilt. Die Münchner Staatsanwaltschaft, die seit 2012 in der Sache ermittelt, hat nach eigenen Angaben "wenig Anhaltspunkte für Bestechung".

Warum dann jetzt aus heiterem Himmel die Klage der österreichischen Bundesregierung? Der Airbus-Konzern selbst war jedenfalls völlig überrascht. "Wir hören von den Vorwürfen heute zum ersten Mal - und zwar aus den Medien", sagte ein Konzernsprecher gestern. Der Ingolstädter CSU-Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl, der im Verteidigungsausschuss sitzt, verweist darauf, dass die "Eurofighter"-Beschaffung in Österreich von Anfang an politisch umstritten war. Er wolle kein mögliches Fehlverhalten der Industrie entschuldigen, sagte Brandl gestern im Gespräch mit unserer Zeitung. "Aber ich vermute, dass es vor allem innenpolitische Gründe sind, die Österreich jetzt zu der Klage bewogen haben."

Abwegig ist das nicht: Die große ÖVP-SPÖ-Koalition unter Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) ist in heftigen Turbulenzen. Die Umfragewerte sind miserabel, seit Längerem wird über Neuwahlen noch in diesem Jahr spekuliert. Wenn der österreichische Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) nun zur Begründung seiner Klage anführt, Österreich sei durch den Eurofighter-Kauf "ein enormer Schaden" entstanden, dann weiß natürlich auch jeder im Land, dass das heikle Geschäft von einem ÖVP-Kanzler durchgesetzt wurde.