Hohenwart
700 Jahre Klostergeschichte

Der Historiker Hans Perlinger hat die Entwicklung von Hohenwart erforscht und einen Beitrag darüber verfasst

12.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:55 Uhr

Der Aufsatz von Hans Perlinger über die "Entwicklung des Klosters Hohenwart bis zur Gegenwart" wurde vom Verein für Augsburger Bistumsgeschichte als Sonderdruck herausgegeben. - Foto: Wöhrle

Hohenwart (oh) Der Jubiläumsband des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte, herausgegeben durch den Bernhart-Experten Thomas Groll in Zusammenarbeit mit Walter Ansbacher (Augsburg 2016), enthält - wenn man von den Rezensionen absieht - 20 gelungene Beiträge, die das Bistum Augsburg in einem neuen Licht erscheinen lassen, aber auch über den engeren Bistumsbereich hinausweisen. Für den Bereich Schrobenhausen sind zwei Themenbereiche interessant. Da ist einmal der verheiratete und somit ausgeschlossene Priester, Theologe, Historiker, Schriftsteller, Dichter Joseph Bernhart, mit welchem sich die drei Autoren Franz Xaver Bischof, Thomas Groll und Klaus Wolf auseinandersetzten. Bernhart verdient hier genannt zu werden, weil er einige Jahre als Kaplan in Tandern, Hollenbach (Altlandkreis Aichach) und zuletzt in Neuburg als Kaplan wirkte.

Mehr als die drei Bernhart-Beiträge ist der gelungene Aufsatz des Historikers und Heimatforschers Hans Perlinger (kleines Foto) für Schrobenhausen relevant. Seine weit über 100 Seiten umfassende Arbeit trägt den Titel "Die Entwicklung des Klosters Hohenwart bis zur Gegenwart".

Perlinger ist in höchstem Maße berufen, sich zu dieser für den Markt Hohenwart wichtigen Einrichtung, dem Kloster, zu äußern. Wie Prof. Liebhart hat auch Perlinger erkannt, dass der Markt Hohenwart - ebenso wie Altomünster - ein Klostermarkt ist. Es gibt zwar ein urkundlich nachweisbares Datum für die Erstnennung eines Marktes, doch das Gebilde "Klostermarkt" hat sich erst allmählich seit der Einung von 1349 "aus den wirtschaftlichen Aktivitäten des Klosters Hohenwart heraus zur Selbstständigkeit entwickelt und diese Eigenständigkeit später durch örtlichen Abstand zum Kloster dokumentiert". Diese Entwicklung hielt aber weder den bürgerlichen Markt noch das Kloster (auf dem Berge) davon ab, weitestgehend friedlich "bis in die Gegenwart" zum Nutzen beider in einer fruchtbaren Symbiose zusammenzuleben. Wie in Scheyern ging auch in Hohenwart dem Kloster eine Adelsherrschaft mit Burg voraus. Allerdings wurde Scheyern nie zu einem Markt erhoben. Die Burg aber wurde wie in Scheyern auch in Hohenwart zum Kloster. Auf dieser hausten nachweislich im 11. Jahrhundert der Graf Rapoto und seine Frau Hemma. Aufgrund der "kreuzenden Verbindungswege" war der Standort sowohl für die Burg als auch später für das Kloster höchst günstig. Perlinger belegt seine geografische Analyse sehr geschickt mit neuerem Kartenmaterial. Problematisch für die Stabilisierung der rapotonischen Herrschaft war, dass die Grafen von Hohenwart "über kein zusammenhängendes Herrschaftsgebiet außerhalb der Bereiche von Schrobenhausen und Hohenwart" verfügten.

Dennoch lag der gräfliche Besitz "an Brennpunkten des mittelalterlichen Geschehens". Die Grafen waren mit vielen Familien, so auch mit Pfalzgraf Aribo und mi den Dießen-Andechsern, versippt. Es war also kein niedriger Landadel, der dort hauste. Der mangelnden Kooperationsbereitschaft der Grafen von Hohenwart mit dem heiligen Sachsenkaiser Heinrich II. (Residenz in Bamberg, auch die Andechs-Meranier waren dem Kaiser gegenüber aufsässig), ist es zuzuschreiben, dass die Burg der Grafen zerstört wurde, wohl durch Parteigänger von Heinrich II. Diese Zerstörung der Burg war im Grunde das Fundament für die Klostergründung im 11. Jahrhundert. Mit dieser auf lange Sicht klugen Maßnahme sicherten die Grafen den Ort gegen eine Verödung, die wohl stattgefunden hätte, wenn das Kloster nicht gegründet worden wäre.

An das Kapitel "Die Klostergründung im 11. Jahrhundert" schließt sich das Kapitel "Die Äbtissinnen und Oberinnen des Klosters an". Es möge hier genügen, festzuhalten, dass die Reihe der genannten Äbtissinnen weit ins Mittelalter, teilweise bis ins 11. Jahrhundert zurückreichen. Am 25. Februar 1803 wurde das Benediktinerinnenkloster in Hohenwart aufgehoben. Seit 1878 entfalten die Dillinger Franziskanerinnen ihr segensreiches Wirken im Verbund mit der Regens-Wagner-Stiftung. Im 12. Jahrhundert wurde Hohenwart dank des Wirkens des seligen Wolfoldus und der seligen Richildis - beide sollen im Jahre 1100 gestorben sein - immer mehr zu einem gesuchten Wallfahrtsort, wohl auch für die Schrobenhausener. Seit dem späten Mittelalter standen sich also zwei Körperschaften gegenüber, einmal Kirche und Kloster auf der einen und dann der gewerbeorientierte bürgerliche Markt auf der anderen Seite. Das Kloster, das wohl noch größer geworden war, entwickelte eine Grundherrschaft, welche dann nachweislich im 17. und 18. Jahrhundert auch über einen Meierhof verfügte. Das Salbuch des Klosters um 1471 legt nahe, dass auch das Kloster in das Marktgeschehen involviert war, beide also nicht neben-, sondern miteinander lebten und agierten.

Mit dem Wachstum des Klosters nahm auch die säkulare Bevölkerung zu. Hohenwart war nun mehr als eine Sammlung von einigen Häusern. Es ergab sich also die Notwendigkeit eines eigenen Marktes. Zur Errichtung eines solchen Marktes hat sicher auch die im Hochmittelalter erfolgte Ausweitung des Geldvolumens beigetragen. Nach Perlinger ist "die um 1180 erwähnte Siedlung als die Keimzelle des späteren Marktes" anzusehen. Man bedenke dabei, dass ein mittelalterlicher Markt mehr war als nur eine Gelegenheit zum Güteraustausch. Er war auch Bann- und Friedensbezirk, wo Streit und Fehden im Marktbereich verboten waren und sogar bestraft wurden. Handels- und Strafrecht schlossen sich also auch damals schon nicht aus.

Die Entstehung des Marktes ist nicht im Kampf und im Streit gegen, sondern "unter der Obhut des Klosters" erfolgt. Es liegt nahe, dass es in Hohenwart nach Liebhart zwischen 1245 und 1349 zu einer "bürgerlichen Einung" kam. Genaue Daten dazu gibt es nicht, allerdings lässt sich diese Einung aus einigen Dokumenten indirekt erschließen. Man kann auch sagen, dass zumindest im Spätmittelalter das Kloster sich oben auf der hohen Warte, der bürgerliche Markt sich unten am Ufer der Paar befand.

Ein Kloster konnte wie eine adelige Hofmark, zumindest seit dem 16. Jahrhundert, eine eigene "Klostergerichtsbarkeit" entfalten. Die Hoch- und Blutgerichtsbarkeit blieb aber weiter den Landesherren und den Landgerichten vorbehalten. Kloster und Markt haben wie so viele Klöster, Bürger und Bauern im 30-jährigen Krieg sehr gelitten. Dieser Krieg wurde auch in Hohenwart als "Zeitenwende im 17. Jahrhundert" empfunden. Für einige Zeit gelang es der Regierung in München und dem Bistum Augsburg, die wohl auch im Raum Hohenwart erfolgten Kriegsschäden zu beheben. "Das Klosterleben selbst kam aber zum Erliegen und schleppte sich nur noch bis zur Zeit der Auflösung der Klöster durch die Säkularisation in den Jahren 1802/1803 dahin." Durch die Säkularisation wurden fast 800 Jahre Klosterleben und Klosterkultur mit einem Federstrich ausgelöscht. Die wirtschaftlichen Schäden waren enorm.

Es war eine besondere Gnade, dass sich in 1878 die Dillinger Franziskanerinnen auf der hohen Warte in Hohenwart niederließen und ein beispielloses Werk der christlichen Nächstenliebe ins Leben riefen. Perlinger beschreibt diese Epoche des wiedergegründeten Klosters höchst kompetent und liefert dazu auch umfangreiches Bild- und Dokumentationsmaterial wie Plansammlungen, Fotos der Klosterbrauerei, des Klosterwirtshauses, Dokumente der Klosterapotheke, welche für die Kranken außerhalb des Klosters da war, Luftaufnahmen und Postkarten von Kloster und Ort. Natürlich sollte man nicht verbergen, dass dieses Benediktinerinnenkloster und die spätere durch die Franziskanerinnen geführte Behindertenanstalt auch auf Stadt und Land von Schrobenhausen ausstrahlten.