60 Prozent Wirkungsgrad sind Weltrekord

19.01.2009 | Stand 03.12.2020, 5:16 Uhr

Freuen sich über die Auszeichnung für die Gasturbine im Irschinger Kraftwerk (von links): Ekkehard Lechler von der Deutschen Bank, Rainer Hauenschild (Geschäftsführer bei Siemens Energielösungen), Ingo Luge (Vorsitzender der Geschäftsführung bei E.ON Kraftwerke) und Stefan Bruckner (Marketing-Direktor der Marketing für Deutschland GmbH). - Foto: Bauer

Vohburg (bav) Man nehme rund 500 Millionen Euro, 250 Ingenieure, 500 Facharbeiter, über 7000 Einzelteile und 22 Wochen. Was herauskommt, nennt sich SGT5-8000H und ist ein Werk der Superlative: die leistungsstärkste, umweltfreundlichste und jetzt auch ausgezeichnete Gasturbine der Welt.

Gebaut hat die Turbine Siemens für Block 4 im Irschinger E.ON-Kraftwerk. Mit 13 Metern Länge und "nur" 440 Tonnen Gewicht ist sie eigentlich nicht sehr groß, aber wenn sie Voll-gas gibt – und das kann man hier wörtlich nehmen –, dann schüttelt der Laie nur noch staunend den Kopf.

Pro Sekunde saugt die Gas-turbine 20 Kilogramm Gas und ein paar hundert Kubikmeter Luft an, verdichtet sie auf 19 Pascal (bar) und jagt die Welle auf 3500 Umdrehungen. Sie selbst entwickelt 340 Megawatt und produziert dabei so viel Wärme, dass man gleich noch eine Dampfturbine mit 190 Megawatt davon mitbetreiben kann. Zusammen ließe sich mit der gewonnenen Energie ganz Hamburg bequem mit Strom versorgen.

Die 150 Tonnen schwere Welle mit Schaufeln läuft auf einem hauchdünnen Schmierfilm und bringt die Schaufelspitzen auf Schallgeschwindigkeit. Und jetzt kommt, was Ingenieure weltweit begeistert: über 60 Prozent Wirkungsgrad. Die beste Turbine schaffte bislang 58 Prozent. Nur zwei Prozent mehr also? Das hört sich nicht viel an, reicht aber zum "Weltrekord". Denn zwei Prozent mehr Leistung bedeuten 40 000 000 Kilogramm (!) weniger Kohlendioxidemissionen im Jahr. Das entspricht dem Abgas von 10 000 Pkw, die je 20 000 Kilometer fahren.

Bei dem von Bundespräsident Horst Köhler initiierten und von der Deutschen Bank geförderten Wettbewerb "365 Orte im Land der Ideen" holte die Turbine jetzt einen Preis nach Irsching. Das wurde jetzt von Siemens als Hersteller und E.ON als Betreiber gebührend gefeiert.

Schallgrenze geknackt

Rainer Hauenschild, Geschäftsführer bei Siemens Energielösungen, betonte die Leistung seiner Firma, die es sich als Ziel gesetzt hatte, die Schallgrenze von 60 Prozent Wirkungsgrad zu durchbrechen, und dies als weiteren Ansporn für noch bessere Ergebnisse sieht. Die Erprobungsphase soll heuer noch abgeschlossen werden. Dann kann die Anlage im Jahre 2011 an den Betreiber einsatzbereit übergeben werden. Rainer Hauenschild bedankte sich besonders bei den Bürgern für das Verständnis für so manche Beeinträchtigung in der Bauphase.

Stefan Bruckner, Marketing Direktor der Marketing für Deutschland GmbH, schilderte, wie es zu dem Wettbewerb gekommen war. Er erläuterte außerdem die Bedeutung für die Präsentation der Bundesrepublik als Land der Ideen und des Fortschritts in der ganzen Welt.

Er sei stolz darauf, dass seine Bank ein Projekt wie das "Land der Ideen" unterstütze, betonte Ekkehard Lechler von der Deutschen Bank bei der Übergabe der Ehrentafel mit der Würdigung von Bundespräsident Horst Köhler. "Hier wird Zukunft gemacht und wir sollten alle mehr Lust auf Zukunft haben", wünschte er sich. Die Anlage bezeichnete er als Wegweiser für den Klimaschutz.

Das betonte auch Ingo Luge, Vorsitzender der Geschäftsführung bei E.ON Kraftwerke. Dank der Flexibilität kann die Turbine sowohl im Dauerbetrieb für die Grundlast als auch für die Spitzenlast eingesetzt werden. Sie ergänzt damit optimal die bestehenden Blöcke 1 bis 3 und den im Bau befindlichen Block 5 des Kraftwerks Irsching, aber auch die Energiegewinnung durch natürliche Energie. Rund 900 Millionen Euro zahlt E.ON für die beiden Blöcke 4 und 5. "Wir setzen dabei aber auch neue Maßstäbe in der Zukunftssicherung der Energie für Bayern", betonte Ingo Luge.

Hohe Erwartungen

Der Vohburger Bürgermeister Martin Schmid sprach von der Renaissance für Irsching und lud den Betreiber dazu ein, künftig auch an der Gewerbesteuerzahlung kräftig teilzunehmen. Den kirchlichen Segen für das Werk und die Menschen sprach Irschings Pfarrer Benjamin Kasole Ka Mungu. Vom Betreiber erwarte er sich auch die Unterstützung sozialer Einrichtungen und einen menschenfreundlichen Strompreis.