Dietfurt
500 Jahre Friedhofsgeschichte

Ein Blick auf die Dietfurter Begräbnisstätten - Bis 1880 wurden die Gestorbenen bis zur Beerdigung daheim aufgebahrt

30.10.2020 | Stand 23.09.2023, 15:08 Uhr
Für die Grabdenkmäler verdienter Mitbürger wurde im neuen Teil des Dietfurter Friedhofs ein Ehrenplatz geschaffen (links oben). Auch die Priester wurden hier bestattet, rechts das Priestergrab an seinem früheren Standort an der Friedhofmauer. Bis 1963 wurden die Toten in einem Leichenhaus aufgebahrt, das sich gegenüber dem Kriegerdenkmal befand (links unten). Auf einem alten Plan vom Anfang des 19. Jahrhunderts ist die untere Vorstadt mit dem damals noch kleinen Friedhof zwischen Sebaldkirche und Siechenhaus zu sehen. −Foto: Götz/Strehle/Stadtarchiv

Dietfurt - In dieser Zeit des Innehaltens und Totengedenkens im November bietet sich ein Blick in die Geschichte des Dietfurter Friedhofes an.

Sie reicht viele Jahrhunderte zurück. Die älteste nachweisbare Begräbnisstätte der Dietfurter dürfte auf dem Friedhof um die Marktkirche St. Gilgen gewesen sein, deren Bau wahrscheinlich 1408 begonnen hatte.

Mit dem Bau der Frauenkirche entstand auch um dieses Gotteshaus ein Friedhof. Nach der Erhebung zur Stadt und dem Bau der Stadtmauer waren in den Wehrtürmen Wohnungen der verschiedenen Bediensteten. Im Bettelvogtturm wohnte der Gemeindediener, der Bettler und Landstreicher zu beaufsichtigen und die Gräber auszuheben hatte.

Alte Ratsprotokolle berichten anlässlich einer Neubesetzung der Stelle, dass "sein liederlicher Vorgänger nur kümmerliche 3 Schuh tief grub". Der neue Totengräber solle tiefer graben, damit keiner "durch derlei bösen Geruch infiziert werde".

Der Friedhof "St. Sebastiani" in seiner jetzigen Lage wurde 1537 angelegt zur Entlastung der Friedhöfe um Pfarr- und Frauenkirche. Er lag nahe beim Siechenhaus, das sich im angrenzenden Grundstück befand. Nach dem Bau der "Sebaldkirche" 1737 hieß er "Sebaldusfriedhof". Pfarrer Sebald Forchhammer hatte den Kirchenbau gestiftet, nachdem er dies versprochen hatte, sollte er seine Sehkraft wieder erlangen.

Er erhielt sein Augenlicht wieder, starb aber vor der Einweihung der Kirche und wurde unter dem heutigen Volksaltar begraben. Bei der Visitation des Eichstätter Generalvikars Vitus Priefer wurde 1602 außerdem von einem Begräbnisplatz für Kinder berichtet, der bei der damaligen Kirche St. Salvator extra muros lag. "Die Kirche ist anstelle eines Friedhofs mit einem schönen Platz umgeben; hier werden auch die Kinder begraben. " In der Säkularisation wurde dieses Gotteshaus bei der Herrnmühle enteignet und in ein Wohnhaus umgewandelt.

Im Bericht des Visitators steht auch, dass der Friedhof um die Pfarrkirche profaniert ist und ein "öffentlicher Weg darüber führt und es wird niemand mehr daselbst beerdigt".

Vom Friedhof bei der Frauenkirche, zu dem auch ein kleines Beinhaus gehörte, ist zu lesen, dass es hier sehr eng und "zur Zeit einer Pest gefahrvoll" ist.

Sieben Gefallene der Schlacht auf dem Weinberg von 1703 wurden auf Dietfurter Friedhöfen beerdigt, wie die Aufzeichnungen des damaligen Pfarrers Nikolaus Böckl mitteilen. Nachdem die Kaiserlichen erneut die Stadt besetzt und schreckliche Verwüstungen angerichtet hatten, musste der Pfarrer die Getöteten teilweise bei der Pfarr- und bei der Frauenkirche beisetzen. Im Jahr 1806 wurden die Friedhöfe um beide Kirchen aufgelassen und der "Sebaldfriedhof" erweitert. Die Toten blieben immer noch bis zur Beerdigung zu Hause aufgebahrt. Seit 1880 gab es ein Leichenhaus auf dem Friedhof. Das Abbruchmaterial des unteren Stadttores hatte die Steine zum Bau geliefert. Ab 1900 wurde die Benutzung des Leichenhauses verpflichtend. Zum Andenken an gefallene Krieger des Ersten Weltkrieges mahnte ein Kreuz als Vorläufer eines Kriegerdenkmals, das 1920 errichtet wurde. Schwer wurde es 1923, als sich kein Totengräber mehr fand und künftig jeder Haushalt im Wechsel dessen Aufgaben übernehmen musste. 1927 wurden 150 Zypressen für den Friedhof gekauft und angepflanzt. Dass keine Feuerbestattung geduldet werde, offenbaren die Ratsprotokolle 1928. In den Folgejahren waren eine Friedhoferweiterung und der Bau einer Mauer nötig. Nach dem Zweiten Weltkrieg stand wieder eine Friedhofsvergrößerung an, eine Gedenkstätte für gestorbene Angehörige der Heimatvertriebenen wurde 1949 errichtet.

Auf dem Friedhof gab es damals noch eine lange Reihe mit Kindergräbern. Das Gießwasser schöpften viele Grabbesucher aus dem Laber-Flutgraben, zu dem Trittsteine hinabführten. 1959 wurden neue schmiedeeiserne Tore angebracht, 1960 wieder eine Friedhoferweiterung vorgenommen und ein neues Leichenhaus gebaut, das 1963 eingeweiht wurde. Die Erweiterung nach Osten für 100000 Mark war 1987 fertig. 74 Familiengräber, 43 Einzel- oder Etagengräber und 18 Urnengräber sollten damit den Bedarf an Grabstellen decken, nachdem im alten Bereich nur noch Platz für einige Gräber war. Im vergangenen Jahrzehnt wurden die Hauptwege im Friedhof gepflastert, ein Ehrenplatz eingerichtet und ein Areal für neue Bestattungsformen geschaffen. Künstlerisch aufgewertet wurde die Fassade des Leichenhauses durch die Anbringung des Marienreliefs einer aufgelassenen Grabstelle. Der Platzmangel am Friedhof scheint momentan besonders durch die wachsende Nachfrage nach Urnenbestattungen behoben.

DK

Rosmarie Götz