Ingolstadt
300.000 Euro unterschlagen?

51-Jähriger soll Geld aus Tankautomaten seines Arbeitgebers abgezweigt haben

20.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:08 Uhr

Ingolstadt (DK) Mit einigen juristischen Winkelzügen am Rande hat am Ingolstädter Landgericht am Donnerstag ein großer Unterschlagungsprozess begonnen. Einem 51-jährigen Angestellten eines Tankstellenbetreibers wird vorgeworfen, rund 300.000 Euro aus vier Tankautomaten für sich abgezweigt zu haben. Der Mann machte keine Angaben zu den Anschuldigungen.

Der ehemalige Hausmeister des Energieunternehmens aus dem Landkreis Neuburg-Schrobenhausen war von 2012 bis 2015 für die Leerung der Automaten zuständig. Allerdings soll er die entnommenen Beträge nicht wie von seinem Arbeitgeber vorgeschrieben gegen Beleg und Eintrag im Kassenbuch im Büro abgegeben, sondern in die eigene Tasche gesteckt haben. In 85 Fällen sollen sich fast genau die 300.000 Euro angesammelt haben. Während er noch gegenüber der Polizei umfangreiche Angaben zu den Vorwürfen gemacht und diese zurückgewiesen hatte, schwieg der Angeklagte am Donnerstag komplett.

Dafür sprachen seine beiden Verteidiger umso mehr und stellten nacheinander drei Anträge, um das Verfahren möglichst noch vor dem Start zum Scheitern zu bringen. Einmal hielten die Rechtsanwälte die 1. Strafkammer in kleiner Besetzung (zwei Richter und zwei Schöffen) für zu gering besetzt für die Komplexität des Verfahrens. Dann bemängelten sie die Anklage der Staatsanwaltschaft als nicht aussagekräftig genug, da darin der Vorwurf über den mutmaßlichen Modus Operandi ihres Mandanten nicht detailliert beschrieben sei und man sich so angeblich nicht verteidigen könne. Beide Anträge wies die Strafkammer nach längerer Beratung zurück.

Die Entscheidung über einen dritten Antrag stellte der Vorsitzende Frank Nießen zunächst zurück, um mit dem umfangreichen Indizienprozess doch noch am Donnerstag loslegen und einen weit gereisten Zeugen vernehmen zu können. Verteidiger Klaus Wittmann (Levelingstraße) stellte die formale Zuständigkeit des Landgerichts infrage. Denn das Verfahren war vom Amtsgericht Neuburg nach Ingolstadt überwiesen worden, da die zuständige Schöffenrichterin eine Strafe von mehr als vier Jahren Gefängnis für den Angeklagten für möglich hielt, sollten sich alle Vorwürfe aus der Anklage bestätigen. Nach Ansicht Wittmanns - und einer Umkehrung der Logik seines ersten Antrages - steche das Verfahren aber nicht aus der Masse jener heraus, die ein Schöffengericht am Amtsgericht sonst so behandelt.

Eine Entscheidung über den anwaltlichen Antrag wird die Kammer voraussichtlich am nächsten Verhandlungstag (kommender Dienstag) verkünden. Insgesamt sind sechs Prozesstage angesetzt.

Christian Rehberger