Neuburg
2G-plus-Auflagen: "Diesen Aufwand betreibt doch keiner"

Neuburger Kulturschaffende zeigen sich wegen der neuen Corona-Regeln deprimiert

27.11.2021 | Stand 02.12.2021, 3:52 Uhr
Kinobetreiber Roland Harsch fürchtet, dass er in nächster Zeit weitgehend allein im Kino bleiben wird. −Foto: Müller-Toùssa

Neuburg - Unter den Kulturschaffenden herrscht wegen der Verschärfung der Corona-Regeln große Ratlosigkeit. Dass sich nun auch Geimpfte vor einem Konzert-, Kino- oder Theaterbesuch testen lassen müssen, sehen laut den von unserer Zeitung befragten Neuburgern die meisten Zuschauer nicht mehr ein. 

? Die Kulturreferentin: "Traurig und wütend" sei sie, sagt Gabriele Kaps, die Kulturreferentin des Neuburger Stadtrats. Die Politik habe nach zwei Jahren immer noch nicht erkannt, dass Kultur sehr wohl systemrelevant sei. Es gebe zahlreiche bürokratische Hürden, die sie nicht mehr nachvollziehen könne. "Wir verfügen über so viele tolle Hygienekonzepte", sagt die CSU-Politikerin, ständig habe man diese an die neuen Bestimmungen angepasst. Gleichzeitig dürfe nach wie vor jeder ohne Test in den Supermarkt. "Wir haben Verpflichtungen und laufende Verträge sowie viele verkaufte Karten", kritisiert die Kulturreferentin. Für den Fall, dass es zu weitere n Verschärfungen käme, habe die Stadt aber schon einen "Plan B im Hinterkopf", sagt Kaps. Die Kultur werde aus den Ruinen wieder auferstehen, da ist sie sich sicher.

? Die Kulturamtsleiterin: Aktuell dürfen nur 70 Personen pro Vorstellung ins Stadttheater. Diese Umstellung innerhalb von zwei Monaten und die Umorganisation von 3G auf freiwilliges 2G und nun 2G plus sei ein Riesenaufwand, erklärt Kulturamtsleiterin Marieluise Kühnl. "Was das für Arbeit macht, ist kaum vorstellbar." Schließlich habe man viele Karten unter den 3G-Bestimmungen verkauft, müsse nun die Leute wieder ausladen, da ja nur noch bis zu 25 Prozent der Plätze besetzt werden dürfen. "Und gesetzt den Fall, wir kommen über eine Inzidenz von 1000, müssen wir ganz zumachen", erläutert Kühnl weiter. Deswegen habe man auch zusammen mit der Bühne das Stück "Peer Gynt" das am 1. und 2. Dezember aufgeführt werden sollte, abgesagt.

? Der Kinobetreiber: Die Einführung der neuen Regeln sei für die Kulturbranche katastrophal, findet auch Roland Harsch vom Kinopalast in Neuburg. Nirgends mehr in der Stadt gebe es Schnelltests zu kaufen, bis auf wenige Restposten. Diese seien aber zu teuer. "Wer bezahlt denn fünf Euro für einen Schnelltest, um dann noch ins Kino zu gehen? Diesen riesigen Aufwand betreibt doch keiner", sagt er. Als problematisch empfindet er auch, dass es so gut wie keine Testtermine mehr gebe, um spontan entscheiden zu können, ins Kino zu gehen. "Dann weiß ich jetzt schon, dass dieses Wochenende keiner ins Kino kommt." Er könne auch nicht verstehen, dass er nur 25 Prozent der Plätze besetzen dürfe. Für ihn eine absolute Benachteiligung gegenüber der Gastronomie. "Wir kontrollieren alles, direkt an der Tür vor den jeweiligen Kinosälen, verfügen über eine sehr gute Lüftungsanlage - nirgends ist es sicherer." Wenigstens könnten weiterhin Kinder bis zu zwölf Jahren und drei Monaten ohne Begleitung und ohne Auflagen kommen. Ab zwölf Jahren und drei Monaten reiche die Schultestung, das habe er schriftlich, sagt Harsch. Aktuell prüfe man intern, ob eine Vier-Augen-Testung vom Personal zu bewältigen wäre. Denn rechtlich sei das erlaubt.

? Birdland-Jazzkeller: 49 Karten hatte er für ein Konzert schon verkauft, erzählt Birdland-Chef Manfred Rehm. Nach der Rundmail mit dem Hinweis auf 2G plus blieben von den Reservierungen aber nur noch 17 übrig, alle anderen stornierten mit dem Hinweis auf die Testpflicht. Bei den acht Konzerte bis zur Weihnachtspause gab es bisher gar keine Reservierungen mehr, nur noch Stornierungen.

? Das Marionettentheater: Stilla Bauch von den Neuburger Fadenspielern sagt, sie finde es schon fast "zum Heulen", dass sie ihre Stücke für den Dezember absagen und den Tag der offenen Tür verschieben mussten. "Wir wollen aber kein Risiko für unsere Gäste eingehen." Eines sei klar: Man werde irgendwann spielen und die neue Bühne einweihen können.

? Die Musikbar: Auch Klaus Köppl, der Betreiber der Musikbar Die Drogerie, sieht die Lage kritisch. Sein Lokal sei weder reine Gastronomie noch reine Kulturstätte, deswegen erhalte er keine finanzielle Unterstützung. "Wir dürfen zwar aufhaben, aber durch die neue Regelung kommt keiner mehr", sagt Köppl. Ohnehin seien nur noch zwölf Besucher zugelassen, das sei nicht kostendeckend. So seien sie gezwungen, alle Konzerte abzusagen. Allein der normale Gastronomiebetrieb sei noch geöffnet. "Wir fahren monatlich wieder mindestens 2000 bis 3000 Euro Minus ein." Köppls Appell ist deutlich: "Die Kulturschaffenden und -treibenden darf man nicht im Regen stehen lassen."

DK