München (DK
2700 Jobs auf der Kippe

Siemens rüstet sich für digitalen Wandel Stellenabbau wird Thema im Ministerrat

11.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:09 Uhr

München (DK) Der Elektrokonzern Siemens treibt seine Neuausrichtung mit der Streichung und Verlagerung von rund 2700 Jobs in Deutschland voran. Allerdings will das Unternehmen hierzulande auch massiv neue Jobs schaffen.

Siemens gab gestern in München ein ganzes Bündel von Maßnahmen bekannt, mit dem sich der Konzern in den kommenden Jahren weiter für den digitalen Wandel rüsten, aber auch Problemgeschäftsfelder in den Griff bekommen will. 1700 der infrage stehenden Arbeitsplätze will Siemens in den kommenden Jahren streichen und weitere 1000 an externe Dienstleister oder innerhalb des Konzerns verlagern.

Die Einschnitte sollten möglichst sozialverträglich gestaltet werden, auf betriebsbedingte Kündigungen will Siemens verzichten. Gleichzeitig will der Konzern rund 9000 Mitarbeiter allein in Deutschland neu einstellen. Dabei werde angestrebt, möglichst viele der von dem jetzt verkündeten Personalabbau "betroffenen Mitarbeiter für offene Stellen zu requalifizieren", hieß es in der Siemens-Mitteilung.

Die "Effizienzverbesserungen" treffen insbesondere die interne Unternehmens-IT, wo es um 1350 Jobs an den Standorten München, Erlangen und Nürnberg geht. Auch in der Division Digitale Fabrik sowie der Zugsparte werden Stellen fortfallen. Schlanker werden soll ferner der Ausbildungsbereich des Konzerns.

Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) will den Stellenbau in der kommenden Woche im Ministerrat zum Thema machen, wie sie der "Passauer Neuen Presse" und dem DONAUKURIER sagte. "Viele Fragen sind derzeit noch unklar. Ich erwarte jetzt schnell Antworten darauf, wie und wo der Stellenabbau vollzogen werden soll." Grundsätzlich sollten betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen sein, so die Ministerin.

In der Sparte Digitale Fabrik kommt es durch die Zusammenfassung mehrerer Lager im Großraum Nürnberg, Fürth, Erlangen und Amberg zu einem neuen Logistikzentrum in Amberg zu Einschnitten. Dieses neue Zentrum soll von einem externen Dienstleister betrieben werden. Durch den Schritt würden die Reaktionszeiten künftig kürzer, erklärte der Chef der Division, Jan Mrosik. In Fürth sind zudem Anpassungen in einem Werk der Digitalen Fabrik geplant, das seit Jahren rückläufige Geschäfte zu spüren bekomme. In Summe stehen damit rund 850 Jobs in der Sparte auf der Kippe, davon sollen 600 wegfallen, und davon wiederum 450 Stellen alleine in Fürth.

In der Zugsparte reagiert Siemens mit Stellenabbau auf den schärferen Wettbewerb. Mit dem Zusammenschluss der beiden größten chinesischen Zughersteller zum neuen Riesen CRRC war der Preis- und Kostendruck in der Branche massiv gewachsen. Hinzu komme eine angespannte Haushaltslage in zahlreichen Ländern, die deshalb Investitionen verschieben, erklärte das Unternehmen. In Krefeld in Nordrhein-Westfalen streicht Siemens deshalb rund 300 Arbeitsplätze.

Die Zahl der bisher deutschlandweit 33 Ausbildungsstandorte soll bis 2021 schrittweise angepasst werden, wie es hieß. Davon könnten noch einmal deutschlandweit rund 180 Jobs betroffen sein.

Siemens hatte erst in der vergangenen Woche gute Quartalszahlen vorgelegt, die besser ausgefallen waren, als von vielen Analysten erwartet. Konzernchef Joe Kaeser treibt den Wandel des Unternehmens in Richtung Digitalisierung und Industrie 4.0 seit einiger Zeit entschieden voran und hatte immer wieder angekündigt, auch auf Probleme in einzelnen Geschäftseinheiten frühzeitig zu reagieren. Siemens hat deutschlandweit rund 114 000 Beschäftigte, weltweit arbeiten für den Konzern rund 351 000 Menschen.

Bei der IG Metall sorgten die neuerlichen Einschnitte für Unmut. "Siemens verfällt in sein gewohntes Muster, auf wirkliche oder eingebildete Schwierigkeiten mit Kostensenkungen und Stellenabbau zu reagieren", sagte ein Gewerkschaftssprecher. Gerade angesichts hervorragender Geschäftszahlen und voller Kassen halte man die Maßnahmen für voreilig. "Bevor Verhandlungen aufgenommen oder gar Entscheidungen getroffen werden, wird die Arbeitnehmerseite erst einmal jede einzelne Maßnahme gründlich auf ihre Plausibilität und mögliche Alternativen überprüfen."