Eichstätt
25 Millionen Euro als "Morgengabe"?

"Sparkassenschreck" Rainer Gottwald kritisiert hohe Rückstellung und fordert Gewinnausschüttung

11.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:04 Uhr

Wirft der Sparkasse Eichstätt eigennütziges Agieren vor: Dr. Rainer Gottwald. Statt sie in Rücklagen zu stecken, soll die Bank zumindest einen Teil ihrer Gewinne an Stadt und Landkreis ausschütten. - Foto: privat

Eichstätt (EK) Die Sparkassen würden ihre Gewinne bunkern und die Kommunen nicht daran teilhaben lassen. Das ist das Thema von Dr. Rainer Gottwald aus Landsberg am Lech, der sich als "Sparkassenschreck" bayernweit einen Namen gemacht hat. Auch die Eichstätter Sparkasse hat er im Visier.

Als "Rentner, vor dem sich die Sparkassen fürchten", hatte die "Süddeutsche Zeitung" Anfang des Jahres den pensionierten Controller bezeichnet. Der 71-Jährige knöpft sich die Bilanzen der öffentlich-rechtlichen Geldinstitute vor und kommt zum Schluss, dass diese ihre Gewinne lieber in die Rücklagen stecken, statt ihre Träger, also Kommunen und Landkreise, davon profitieren zu lassen. Auch die Eichstätter Sparkasse tue sich da hervor, so Gottwald. Sie habe vergangenes Jahr satte 25 Millionen Euro dem "Fonds für allgemeine Bankrisiken", also den eigenen Vorsorgereserven, zugeführt. Die Summe sei "möglicherweise eine Morgengabe für die Sparkasse Ingolstadt, mit der ja zum 1. Januar 2017 fusioniert werden soll", vermutet Gottwald.

Tatsächlich ist diese Zuführung außergewöhnlich hoch: 2014 waren es zehn Millionen, davor neun (2013) und 6,5 Millionen Euro (2012). "Da habe ich mir zuerst einmal die Augen reiben müssen", so Gottwald gegenüber unserer Zeitung, zumal es in Eichstätt schon seit Jahren gängige Praxis sei, den allergrößten Teil des jährlichen Überschusses zurückzustellen. Entsprechend mager fielen die ausgewiesenen Bilanzgewinne aus: 0,75 Millionen Euro im Jahr 2015, 0,84 Millionen 2014, 0,54 Millionen 2013 und 0,67 Millionen 2012. "Das sind die kleinen Happen für den Verwaltungsrat", sagt Gottwald. Die Summen würden bewusst gering gehalten, "um keine Begehrlichkeiten zu wecken".

"Das ist schlimmer als in Düsseldorf", urteilt er angesichts der Höhe der Rückstellungen in Eichstätt. Die Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen und die dortige Sparkasse hatten sich bekanntlich über die Verwendung des Jahresüberschusses gestritten. Die Sparkasse wollte 100 von 104 Millionen Euro in den Fonds für allgemeine Bankrisiken überführen, wurde aber vom Finanzministerium ausgebremst. Mit dem Ergebnis, dass die Sparkasse 25 statt vier Millionen Euro an die Stadt ausschütten musste.

Gottwald hält den Fall Düsseldorf für bundesweit bindend. Daher hat er sich an die Sparkassenaufsicht der Regierung von Oberbayern gewandt - mit dem Ziel, die Jahresabschlüsse 2011 bis 2015 der Sparkasse Eichstätt zu kippen. Allerdings erfolglos, wie auch in anderen, ähnlich gelagerten Fällen.

Gottwald lässt aber nicht locker: Eine Zuführung zum betreffenden Fonds müsse als notwendig begründet werden. Für die Sparkasse Eichstätt bestehe diese Notwendigkeit nicht: "Die steht bombig da und schwimmt im Geld. Die wirtschaftet halt gut." Mit einer Kernkapitalquote von 17,41 Prozent stehe sie auf Platz 16 von 71 bayerischen Sparkassen. Bei dieser Quote sei eine Ausschüttung von 75 Prozent des Jahresüberschusses an die Träger möglich, so Gottwald. Er vermisse die Kontrollfunktion des Verwaltungsrats mit Oberbürgermeister und Landrat an der Spitze: Dieser habe schließlich über die Verwendung des Gewinns zu entscheiden, lasse sich aber mit wenig abspeisen. "Dabei könnte das Gremium sagen: Machen wir halbe-halbe. Die eine Hälfte kommt in die Rücklagen, die andere Hälfte geht an Stadt und Landkreis."

Der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Eichstätt, Emmeran Hollweck, weist die Argumentation Gottwalds in Bausch und Bogen zurück: Die Eigenkapitalanforderungen würden angesichts der sinkenden Erträge steigen. Von einer "Morgengabe" an die Sparkasse Ingolstadt könne keine Rede sein - im Gegenteil: Damit stärke die Sparkasse Eichstätt ihre Position als Fusionspartner. Die 25 Millionen Euro setzten sich zusammen aus zehn Millionen Jahresüberschuss und 15 Millionen Euro aus eigenen Rücklagen, so Hollweck weiter: "Wenn wir 25 Millionen Euro Gewinn gemacht hätten, wäre das schön." Mit Blick auf die anhaltende Niedrigzinsphase und die damit verbundenen Risiken müsse man "wach nach vorne schauen" und sich entsprechend wappnen, so der Sparkassenchef, der auch auf den zunehmenden Wettbewerb mit Online-Banken verweist. Eine Gewinnausschüttung lehnt Hollweck ab: Eine solche ginge zulasten des Eigenkapitals.

Rückenwind für diese Auffassung gibt es von der Regierung von Niederbayern, bei der Gottwald ebenfalls Beschwerde gegen weitere Sparkassen eingelegt hatte: In Abstimmung mit dem Bayerischen Innenministerium habe die dortige Sparkassenaufsicht festgestellt, "dass aufgrund der steigenden Eigenmittelanforderungen und der derzeitigen wirtschaftlichen Niedrigzinsphase, deren Ende nicht absehbar ist, eine Eigenkapitalbildung nicht nur wünschenswert, sondern objektiv notwendig ist", teilte der Sparkassenverband Bayern mit.