Kairo
20 Jahre Haft für Mursi

Ägyptischer Ex-Präsident wegen Gewalt gegen Demonstranten verurteilt

21.04.2015 | Stand 02.12.2020, 21:24 Uhr

Kairo (AFP) Der 2013 vom Militär gestürzte ägyptische Präsident Mohammed Mursi ist in seinem ersten Gerichtsverfahren gestern einem Todesurteil entgangen. Das Gericht in Kairo befand den islamistischen Politiker für schuldig, für die Anwendung von Gewalt sowie Verhaftungen und Folterungen von Demonstranten während seiner Amtszeit mitverantwortlich gewesen zu sein, und verurteilte ihn zu 20 Jahren Haft.

In anderen Verfahren droht Mursi die Todesstrafe.

Viele Beobachter hatten bereits in diesem Prozess mit einem Todesurteil für Mursi gerechnet, weil ihm auch die Aufstachelung zur Ermordung von zwei Demonstranten und eines Journalisten vor dem Präsidentenpalast Anfang Dezember 2012 zur Last gelegt wurde. In diesem Punkt wurde Ägyptens erster demokratisch gewählter Staatschef aber überraschend freigesprochen – ebenso wie seine 14 Mitangeklagten. Zwölf von ihnen – mehrheitlich führende Mitglieder von Mursis mittlerweile verbotenen Muslimbrüdern – erhielten ebenfalls eine 20-jährige Haftstrafe. Zwei müssen für zehn Jahre ins Gefängnis.

Mursi, der eine weiße Häftlingsuniform trug, reckte in seiner vergitterten, schalldichten Glasbox beide Fäuste, als das Urteil verkündet wurde. Die anderen Angeklagten befanden sich in einer weiteren Box im Gerichtssaal der Polizeiakademie von Kairo. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Die Anwälte der meisten Angeklagten kündigten an, in Berufung gehen zu wollen. Amnesty International sprach von einem „Zerrbild der Justiz“.

Gegen Mursi sind noch drei Verfahren anhängig, die mit einer Verurteilung zum Tode enden könnten. Dabei geht es zweimal um „Spionage“ des islamistischen Politikers und einmal um seinen Ausbruch aus dem Gefängnis während der Revolte 2011 gegen den damaligen Präsidenten Husni Mubarak. Die Urteile in diesen Verfahren werden für Mai erwartet.

Seit dem Putsch des Militärs im Juli 2013 gehen die Behörden mit aller Härte gegen die Muslimbrüder vor. Mehr als 1400 Pro-Mursi-Demonstranten wurden getötet, 15 000 weitere inhaftiert. Massenprozesse, bei denen im Schnellverfahren hunderte Islamisten zum Tod verurteilt wurden, sorgten international für Proteste. Die UN bezeichneten das Vorgehen als „beispiellos in der jüngeren Geschichte“. Kritik kam auch von Menschenrechtsgruppen und Aktivisten. Bisher wurde wegen der gewaltsamen Proteste nach Mursis Sturz Mitte März ein Todesurteil vollstreckt.

Erst am Montag hatte ein Gericht in Kairo 22 Mursi-Unterstützer zum Tod verurteilt. Sie wurden für schuldig befunden, im Juli 2013 in Kerdasa bei Kairo eine Polizeiwache angegriffen und einen Polizisten getötet zu haben. 14 von ihnen befinden sich in Haft, 8 sind auf der Flucht. Kommentar Seite 2