1965 gelang dem ESV ein Sieg gegen den FC Bayern - Helden von damals machen Schanzern Mut

08.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:40 Uhr

Die Schneeschlacht von Ingolstadt am 21. Februar 1965: ESV-Verteidiger Damasus Fink stoppt Bayern-Torjäger Gerd Müller (links), Leonhard Sperr in aussichtsreicher Position vor dem Münchner Tor (Mitte), und rechts agiert ESV-Sonderbewacher Walter Resch gegen Gerd Müller (am Boden). Foto: DK-Repro

Ingolstadt (DK) Die Helden sind alt geworden. Und trotzdem immer noch Helden. Denn sie sind die einzigen Ingolstädter Fußballer, die je ein Pflichtspiel gegen den FC Bayern München gewonnen haben. Am Samstag um 15.30 Uhr hofft der FC Ingolstadt im Audi-Sportpark auf eine Wiederholung des Überraschungscoups vor 52 Jahren.

Hammel im Tor, Bauerschmidt, Riedel, Resch, Mack und Fink in der Defensive, Seehütter als Ballschlepper nach vorne und Märkl, Sperr, Mikulasch und Apfelbeck in der Offensive – das waren die Protagonisten, die am 21. Februar 1965 die Sensation schafften. Das Team des ESV Ingolstadt besiegte in der damaligen Regionalliga Süd den haushohen Favoriten FC Bayern München mit 2:1.

Der Eisenbahnsteg vom Hauptbahnhof hinüber zum ESV-Stadion schwankte an jenem kalten Wintertag wieder einmal bedenklich. Ein sicheres Zeichen für ein großes Fußballfest im Stadtteil Ringsee. Denn dann pilgerten die Zuschauer von der einen Seite des Bahnhofs hoch über den Gleisen hinüber in die nur wenige Meter entfernte Heimat des „Eisenbahnersportvereins“. Damals traf der Name auch zu, denn oftmals waren die Spieler sogar noch bei der Bahn beschäftigt.

Auch noch als die Ringseer im zweiten Jahr in der erst 1963 zusammen mit der Bundesliga gegründeten Regionalliga Süd spielten. Und weil der FC Bayern mit den späteren Weltmeistern Maier, Beckenbauer und Müller sowie weiteren namhaften Spielern wie Ohlhauser, Olk, Nafziger oder Kunstwadl den Aufstieg in die Bundesliga noch nicht geschafft hatte, stand Ingolstadt nach dem 2:2 im Jahr 1964 eine Saison später ein weiterer Kampf „David gegen Goliath“ ins Haus.

Die Umstände waren günstig. 20 Zentimeter Schnee lagen auf dem ungeräumten Platz, der zuvor schon durch das Vorspiel der beiden Reserve-Teams aufgewühlt war. „Natürlich hatten wir dadurch einen Vorteil, und wir wussten auch, dass den Bayern das gar nicht passte“, sagt Alfred Riedel mit einem schelmischen Lachen. Der 76-Jährige, einer von drei ESV-Spielern, die damals dabei waren und sich heute noch regelmäßig beim Ehemaligentreffen an alte Zeiten erinnern, stellte in jenem Spiel Rainer Ohlhauser kalt. Der Bayern-Torjäger, der zusammen mit Gerd Müller 75 der 146 Bayern-Tore in jener Saison erzielte, bekam keinen Stich.

Und auch „Bomber“ Müller trat nicht wie gewohnt in Aktion. Nur einmal verlor ihn Sonderbewacher Walter Resch aus den Augen, als ESV-Keeper Sepp Hammel einen Ohlhauser-Schuss nur abklatschen konnte und Müller zum 1:1 einköpfte.

Ansonsten jedoch ließen die Schwarz-Weißen gegen die Mannschaft von Trainer Zlatko „Tschik“ Cajkovski nichts anbrennen. ESV-Torjäger Willi Mikulasch, der mit Leonhard Sperr ein gefährliches Sturmduo bildete, hatte zuvor das 1:0 erzielt. Und in der 75. Minute kam dann der große Auftritt von Ernst Apfelbeck (kleines Foto). Manfred Seehütter schlug eine Freistoß-Flanke in den Strafraum, und Apfelbeck schoss zum 2:1-Siegtreffer ein – 10 000 Zuschauer im Stadion tobten. „Das war einer meiner schönsten Siege in meiner Karriere“, sagt Apfelbeck, der am 1. März 80 Jahre alt wird, heute noch.

Apfelbeck, ein bekennender Löwen-Anhänger, hofft, dass 52 Jahre später nun dem FC Ingolstadt eine Sensation gelingt. „Wenn die Bayern so auftreten wie im Pokal gegen Wolfsburg, ist durchaus was drin. Die Bayern spielen zurzeit ohne Druck und Feuer“, meint Apfelbeck. Auch Josef Bauerschmidt, der zwar nicht an den Klassenerhalt der Schanzer glaubt, traut den Ingolstädtern in diesem Spiel aber etwas zu. „Was die Bayern im Pokal gezeigt haben, war eine Zumutung. Vidal und Alonso waren Totalausfälle, und der arme Lewandowski hat vorne keinen Ball bekommen“, schimpft der frühere ESV-Ausputzer.

Auch Jan Lachucik, der das monatliche Ehemaligentreffen organisiert und sich heute noch darüber ärgert, dass er 1966 in einem Freundschaftsspiel gegen die Bayern den 3:2-Siegtreffer auf dem Fuß hatte, aber die Chance vergab, drückt den Schanzern die Daumen. „Ich bin zuversichtlich. Die Harmonie bei den Bayern scheint gestört zu sein, und die Laufwege sind auch nicht mehr so perfekt“, meint der 72-Jährige. „Ich sehe aufgrund der guten Moral des FCI eine reelle Chance. Schade finde ich nur, dass Cohen nicht dabei ist“, meint Lachucik, der Stammgast im Audi-Sportpark ist.

Riedel stellt derweil den Spielern die angenehmen Folgen eines solchen Überraschungscoups in Aussicht. „Das war schon was Schönes. Man wurde in der Stadt immer wieder darauf angesprochen, und auch heute noch denke ich hin und wieder daran. So etwas vergisst man nicht.“