Ingolstadt
Wilde Reise durch die Nacht

Großer Jubel für "Die Schneekönigin" als intermediales Bilder-Theater im Großen Haus des Stadttheaters Ingolstadt

11.11.2012 | Stand 03.12.2020, 0:51 Uhr

Spektakuläres Finale im Eispalast: Die Schneekönigin (Chris Nonnast) und ihre Troll-Vasallen (Shadi Hedayati, Klaus Meier) versuchen vergeblich, Gerda (Joana Tscheinig) und Kay (Paul Schaeffer) zu trennen. Knut Weber setzte das Märchen im Großen Haus in Szene - Foto: Olah

Ingolstadt (DK) „Krah“, „Krah“, „Servus“: Zwei Raben hocken links und rechts auf der Brüstung und begrüßen launig die Zuschauer. In wenigen Minuten werden sie mit der Kutsche der Schneekönigin zusammenstoßen und – pardauz – auf der Bühne landen. Und dort werden sie anheben zu erzählen: „Es war einmal . . .“ Denn so beginnen nun mal die Märchen aus alten Zeiten. Zeiten, in denen es noch Trolle gab und Zauberspiegel voll boshafter Kräfte, sprechende Blumen und trottelige Räuber, tanzende Rentiere und wispernde Winde.

Es waren einmal ein Junge namens Kay und ein Mädchen namens Gerda, die viel Spaß zusammen hatten, bis Kay vom vergifteten Splitter eines Zauberspiegels getroffen wurde, fortan garstig und streitsüchtig war und leichte Beute für die Schneekönigin wurde. Die grausame Herrscherin entführt und versklavt ihn. Doch Gerda vermisst ihren Freund. Und so macht sie sich auf, ihn zu suchen, ihn aus den Klauen der Gebieterin über Schnee und Eis zu befreien. Dabei stürzt sie von einem Abenteuer ins nächste, beweist großen Mut und findet viele neue Freunde, die helfen, Kay zu erlösen.

Hans Christian Andersens „Schneekönigin“ hat das Stadttheater Ingolstadt in diesem Jahr als Weihnachtsmärchen (ab fünf Jahren) gewählt. Und unter der Regie von Intendant Knut Weber wird das Märchen tatsächlich ein vorweihnachtliches Geschenk für kleine und große Theaterbesucher. Denn Knut Weber lässt uns staunen. Herrlich ist diese Welt, die da auf die Bühne des Großen Hauses gezaubert wird – archaisch und modern, poetisch und komisch zugleich. Knut Weber mischt überdimensionale Bilderbuchkulissen mit luzider Lichtmalerei, Zeichentrickkunst mit Masken- und Schattenspiel, setzt auf Videoprojektionen und Animationstechnik – und stellt doch dieses kühne intermediale Bilder-Theater (Video: Stefano Di Buduo/Steven Koop, Animation: Andrea Adriani, Zeichnungen: Roberta Gentili) ganz und gar in den Dienst des Geschichtenerzählens. Und obwohl der (technische) Aufwand gewaltig ist, wirkt alles leicht, geschmeidig, spielerisch.

Der wilde Ritt der Königin durchs Schneegestöber, Gerdas Reise übers Meer oder die tanzenden roten Schuhe zwischen den Fischschwärmen – das sind betörende Trickfilm-Fantastereien, die sich zu Nina Wurmans zarter Spieluhrenmusik mühelos mit dem Theaterspiel zu einer spannenden Ästhetik verbinden.

Péter Polgár und Péter Valcz sind die beiden Raben, die als entzückendes Clownsduo den Erzählerpart an sich reißen, die Handlung kommentieren, immer wieder kleine „Statistenrollen“ (als Bienen, sprechende Blumen oder Lakaien im Königsschloss) übernehmen und schließlich als Retter in der Not das Happy End entscheidend vorantreiben. Im Verbund mit ihren Schauspielkollegen Chris Nonnast, Joana Tscheinig, Paul Schaeffer, Shadi Hedayati, Klaus Meier und Udo Rauer, die ihre Wandelbarkeit im fliegenden Rollenwechsel unter Beweis stellen, präsentieren sie sich als eingeschworene Mannschaft – mit großer Klarheit und Konzentration im Spiel, keck, komisch und versponnen in den Details und sehr präzise in den Grenzgängen zwischen Animation und Theater. Stets ordnen sie sich der Geschichte unter. Aber die erzählt eben nicht nur Andersens Kunstmärchen in gerade mal 70 Minuten kurzweilig nach, sondern raunt von der Kraft der Imagination, von der Magie des Theaters, von Welten, die nur ein Fingerschnippen entfernt sind, lägen sie auch in den tiefsten Tiefen des Meeres, in den höchsten Sphären des Himmels, in den verborgensten Winkeln eines verschollenen Zeitalters.

Knut Weber zeigt Theater zum Staunen. Großer Jubel für eine wahrlich märchenhafte Inszenierung.

Weitere Vorstellungen gibt es am 23. Dezember um 15 Uhr sowie am 20. Januar 2013 um 14 Uhr. Karten unter Telefon (08 41) 30 54 72 00.