Durchblick im Pulverdampf
Einsatzkräfte bereiten sich auf Silvester in Ingolstadt vor – Böllern in der Altstadt bleibt verboten

28.12.2023 | Stand 29.12.2023, 15:05 Uhr

Bis hierher und nicht weiter: Am nördlichen Ende der Konrad-Adenauer-Brücke beginnt auch in dieser Silvesternacht die Böller-Verbotszone. Ein Feuerwerksverbot für die Innenstadt galt in Ingolstadt das erste Mal beim Jahreswechsel 2019/20. Foto: Hauser

Wie schon in den vergangenen Jahren wird es auch heuer kein Silvesterfeuerwerk in der Ingolstädter Altstadt geben. „Diese Regelung ist nicht neu, erstmals 2019 hatte der Stadtrat das Abbrennen von Silvesterraketen und anderen Feuerwerkskörpern verboten“, teilt die Stadt dazu mit.



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Die entsprechende Allgemeinverfügung wurde seit dem jedes Mal verlängert und auch beim Jahreswechsel 2023/24 bleibt die Knallerei in der Altstadt verboten. Die böllerfreie Zone gilt nördlich der Donau, ihre Grenze verläuft über Jahnstraße, Auf der Schanz, Dreizehnerstraße, Esplanade und Rossmühlstraße. Außerhalb dieses Gebietes darf geballert werden. Etwa auf der Konrad-Adenauer-Brücke – die dafür eigens gesperrt wird – und an der Donaubühne.

„In erster Linie geht es dabei um den Schutz der historischen Gebäude“, teilt die Stadt mit. Außerdem hängt der dichte Pulverdampf in den engen Straßen der Innenstadt besonders zäh. Vor allem bei Inversionswetterlagen. Die Feinstaubbelastung nach der Knallerei ist in der Altstadt deswegen besonders hoch und lange anhaltend – ein gesundheitliches Risiko nicht nur für Kinder, ältere Menschen und Kranke. Die Silvesternacht ist stets die mit den höchsten Feinstaubbelastungen des gesamten Jahres. Der zulässige Höchstwert wird dabei immer wieder um das zwanzigfache überschritten. Auf das Feuerwerksverbot wird unter anderem an den Zugängen zur Innenstadt mit entsprechenden Schildern und Bannern hingewiesen. Polizei und Ordnungsamt kontrollieren die Einhaltung des Verbots.

Diskussionen, privates Feuerwerk grundsätzlich zu verbieten, werden jedes Jahr vor dem Jahreswechsel laut. Tier-, Umwelt- und Gesundheitsschutz werden dabei unter anderem ins Feld geführt. Die Stadt spricht ebenfalls eine „Empfehlung an die Bürgerschaft“ aus, „auf das Silvesterfeuerwerk im ganzen Stadtgebiet zukünftig zu verzichten und stattdessen zu überlegen, das eingesparte Geld zu spenden.“ Nichtsdestotrotz hat am Donnerstag der Verkauf von Feuerwerkskörpern begonnen. Der Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI) rechnet für heuer mit einer ähnlich hohen Nachfrage wie im vergangenen Jahr. 2022 wurden in Deutschland für 180 Millionen Euro Feuerwerkskörper gekauft, so viel wie noch nie.

Gerüstet für den Jahreswechsel



Die Ingolstädter Einsatzkräfte sehen dem Jahreswechsel routiniert entgegen. Dass die Silvesternacht für Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst auch heuer arbeitsreich wird, davon darf ausgegangen werden. „Wir erwarten, dass es wieder so wird wie es vor der Corona-Pause war“, sagt Dietmar Brückel von der Polizeiinspektion. Insgesamt sei Silvester in Ingolstadt – von Einzelfällen abgesehen – stets „relativ ruhig“ verlaufen. Befürchtungen der Polizeigewerkschaft und der Bundesinnenministerin, die weltpolitisch angespannte Lage könnte vermehrt zu Krawallen, Ausschreitungen und Angriffen führen, hegt man in Ingolstadt und im gesamten Zuständigkeitsgebiet des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord nicht. Das sei eher ein Problem in den Metropolen. Es werden in Ingolstadt deswegen nicht mehr Polizistinnen und Polizisten Dienst haben als in den Jahren zuvor, so Brückel. Die Personalstärke sei „etwas höher als in einer Freitagnacht im Sommer“.

Bei der Berufsfeuerwehr werden zum Jahreswechsel 23 Kräfte Dienst haben. So viele wie in jeder anderen Nacht. „Viele ehrenamtliche Feuerwehrler verbringen den Jahreswechsel im Feuerwehrhaus, verzichten dabei auf das ausgelassene Feiern und melden sich dann per Funk bei der Integrierten Leitstelle einsatzklar“, erklärt Thomas Schimmer, Sprecher des Amtes für Brand- und Katastrophenschutz auf Anfrage. „Das hat sich in den letzten Jahren sehr positiv auf die Alarmzeiten ausgewirkt. Auch in der Silvesternacht haben wir die Hilfsfrist von zehn Minuten natürlich einzuhalten.“

Im Klinikum richtet man sich in der Klinik für Akut- und Notfallmedizin auf ein „gegebenenfalls erhöhtes Patientenaufkommen“ ein. Die „Personalvorhaltung“ sei entsprechend angepasst worden.

Kurz nach Mitternacht geht’s los

Besonders ist die Silvesternacht, weil erfahrungsgemäß in kurzer Zeit – meist mit dem Beginn des Feuerwerks – sehr viele Alarmierungen eingehen. „Die Priorisierung ist deswegen eine der wichtigsten Aufgaben“, sagt Polizist Brückel. Das gilt auch für die Feuerwehr. „In der Silvesternacht und leider auch schon in den Nächten davor haben wir es überwiegend mit brennenden Mülltonnen oder Container und deren Unterstände zu tun. Oft verirrt sich eine Rakete auf einen Balkon und entzündet Gartenmöbel oder andere brennbare Materialien“, erklärt Schimmer. In den vergangenen zehn Silvesternächten ist die Berufsfeuerwehr zu fünf bis zwanzig Einsätzen ausgerückt.

Vor allem Angehörige des Rettungsdienstes sehen sich dabei in letzter Zeit einem neuen Problem gegenüber. Immer häufiger werden sie beim Einsatz behindert oder gar angegriffen. „Hier ist oft viel Alkohol im Spiel und die Patienten zeigen sich oft unkooperativ. Hierfür werden unsere Besatzungen aber extra geschult und gehen deeskalierend vor. Kommt es dennoch zu Übergriffen, zeigen wir wenig Toleranz und rufen die Polizei“, erklärt Schimmer. „Manchmal werden vor anfahrende Einsatzfahrzeuge Böller auf die Straße geschmissen, da bitten wir einfach, dies nicht zu tun.“

Der traditionelle Münster-Einsatz

Zum Silvesterdienst der Feuerwehr gehörte in den vergangenen Jahren stets auch eine Einsatzfahrt mit Baulicht und Sirene zum Münster. Wie Schimmer berichtet, dauerte es meist „so 20 Minuten“ bis nach dem Beginn des Feuerwerks genügend Dampf und Rauch in das Kirchenschiff eingedrungen war, um die Brandmeldeanlage auszulösen. Ein solcher Alarm setzt – so ist es für das Münster vorgesehen – ein Großaufgebot von Berufs- und Freiwilliger Feuerwehr in Gang. Mit dem Böllerverbot in der Altstadt und den zeitweisen Corona-Beschränkungen hat es solche Fehlalarme zuletzt nicht mehr gegeben. Seit 2019 schlug der Rauchmelder nur beim Jahreswechsel 2022/23 an. Offenbar war die Wetterlage so drückend, dass der Rauch von außerhalb der Böllerverbotszone bis in das Münstergebälk waberte.