FC Ingolstadt
Die ersten 100 Tage: FCI-Sportgeschäftsführer Beiersdorfer sieht Team gestärkt und Chancen in Bremen

17.02.2022 | Stand 17.02.2022, 8:20 Uhr

Dietmar Beiersdorfer und die Schanz: In seinem Büro hat sich der Sportgeschäftsführer des FC Ingolstadt eine Fotocollage mit Motiven der Stadt und seines neuen Vereins zusammengestellt. Foto: Sterner

Wie weh tut das unbefriedigende Unentschieden gegen den SV Sandhausen?

Dietmar Beiersdorfer: Es gibt bessere Zeitpunkte, um 0:0 zu spielen. Wir haben trotzdem alles reingelegt. Gegen den Ball haben wir das sehr gut gemacht, wir haben kaum etwas zugelassen, doch konnten wir uns nicht genügend Strafraumaktionen erarbeiten. Wir hätten dieses Spiel gewinnen müssen, um unsere Situation zu verbessern. Dennoch nehmen wir die positiven Aspekte dieses Spiels mit und blicken weiter positiv nach vorne.

Wie beurteilen Sie den Zustand der Mannschaft?

Beiersdorfer: Wir wissen, dass wir wettbewerbsfähig sind. Mag sein, dass wir das zu spät geworden sind, aber wir konnten nicht früher anfangen, ein paar Dinge zu optimieren. Die Saison war verkantet, und wir versuchen nicht nur für jetzt, sondern auch für die Zukunft uns wieder sportlich gut aufzustellen.

Haben Sie noch Hoffnung auf den Klassenerhalt?

Beiersdorfer: Wir versuchen, alles rauszuholen und glauben weiter fest daran. Das ist auch unsere Pflicht und Verantwortung gegenüber dem Verein, den Fans, unseren Partnern und Unterstützern.

Wie fällt Ihre Bestandsaufnahme nach 100 Tagen im Amt aus?

Beiersdorfer: Ich arbeite sehr gerne hier und  konzentriere und fokussiere mich voll auf die Aufgabe. Wir haben viele sehr gute Mitstreiter in unserem Klub, die ich meines Erachtens dahingehend gewinnen konnte, zusammen anzupacken, um wieder erfolgreicher zu werden. Es  bleibt keine Struktur, kein Prozess unberührt. Wir wollen und müssen uns zukunftsgewandt aufstellen, eine Leistungskultur etablieren. Und klar: Wir müssen viel arbeiten und gute Entscheidungen treffen, um notwendige Verbesserungen im Klub zu verankern.

Können Sie Beispiele nennen?

Beiersdorfer: Elementar ist, einen Trainer gefunden zu haben, der die Strategie des Klubs mitgeht. Mit dem man alles besprechen kann und das Gefühl hat, wir sitzen immer im gleichen Boot, auch wenn es vielleicht einmal unterschiedliche Meinungen gibt, die es im Übrigen auch geben muss. Rüdiger Rehm ist fokussiert, leidenschaftlich, brennt für seine Mannschaft und den FCI. Ich bin überzeugt, dass wir einen sehr guten Trainerstab haben, der daran interessiert ist, dem es am Herzen liegt, den FCI in eine positive Zukunft zu führen.

Wie sieht es in anderen Bereichen aus?

Beiersdorfer: Der Prozess der Analyse ist natürlich fortlaufend, aber dennoch habe ich mit den jeweiligen Verantwortlichen schon viele Entscheidungen getroffen, umgesetzt bzw. sind sie gerade in der Umsetzung. Wir wissen, wo wir hinwollen und haben einen Plan dort hinzukommen. Ob das im Nachwuchsbereich ist, im medizinischen und athletischen Bereich, dem Team-Management oder im Scouting und der Analyse. Der FCI verfügt natürlich über eine tolle Infrastruktur, die für uns ein hohes Gut darstellt. Da kann man denjenigen, die dies erschaffen haben nur den höchsten Respekt entgegenbringen.



Wie schwierig war die Transferperiode im Winter?


Beiersdorfer: Wenn man einigermaßen abgeschlagen am Tabellenende steht, ist es schon schwierig, Spieler zu überzeugen. Wir mussten die Szenarien 2. und 3. Liga abbilden und versuchten Spieler an uns zu binden, die jetzt helfen, damit wir auf ein höheres Niveau kommen und eine sehr gute Rückrunde spielen können, aber uns auch im Falle des Abstiegs zur Verfügung stehen. Es ist uns auch gelungen, den Kader zu verkleinern und mit Jalen Hawkins und Justin Butler zwei Talente für ein halbes Jahr an ambitionierte Drittligisten auszuleihen.

Wo liegt momentan der Schwerpunkt Ihrer Arbeit?

Beiersdorfer: Eine wesentliche Aufgabe sehe ich darin, den Sport und damit auch alle Mitarbeiter im Sport zu führen, meine Erfahrung und Expertise einzubringen, Impulse zu setzen und damit eine positive sportliche Entwicklung im FCI zu gestalten. Dazu gehören fortlaufende Analysen und Beobachtungen, viele Gespräche mit unseren Mitarbeitern und den Weg, den wir jetzt eingeschlagen haben, vorzuleben.

Konkret heißt das?

Beiersdorfer: Wir sind ein Fußballklub, und da müssen wir unsere Kernkompetenz so gut wie möglich unseren Spielern, Mitarbeitern, Trainern vermitteln, in die Köpfe und Körper der Spieler bringen und letztendlich auf den Platz bekommen. Das heißt, unsere Fußballphilosophie  weiterdenken, unsere Mitarbeiter weiterentwickeln, gute Transfers tätigen, junge Spieler von uns  überzeugen, dass sie mit uns den nächsten Schritt gehen. Das müssen wir im sportlichen Bereich, ob im Nachwuchsleistungszentrum oder bei den Profis abstimmen und verbinden, denn viele andere Mitarbeiter und Bereiche in unserem Verein, die das ganze Jahr über für uns da sind und die dem Sport zu jeder Zeit sehr gute Rahmenbedingungen bieten, sind davon abhängig.

Der FC Ingolstadt war 2017 in der Bundesliga. Was ist seither aus Ihrer Sicht schiefgelaufen?

Beiersdorfer: Wie im Leben auch macht ein Klub unterschiedliche Phasen durch. Es gibt Zeiten mit einer gewissen Kontinuität oder dann auch Brüche, die zur Kontinuität werden. Wichtig ist zu wissen wo man sich befindet, um dann einen Plan hin zu einer sportlichen Stabilität zu entwickeln. Man muss manchmal etwas verändern, um neue Anstöße zu geben. Beim FCI ist eine sehr gute Basis davorhanden, die wir mit aller Macht nutzen wollen, um darauf sportliche Entwicklung aufzubauen.

Wie würden Sie Ihren Arbeitsstil beschreiben?

Beiersdorfer: Ich war ja Abwehrspieler und agiere auch jetzt gerne von hintern heraus, ohne zu vergessen, dass gerade auch Abwehrspieler häufig Führungsspieler sind. Das heißt, mir macht es sehr viel Spaß, strategisch und inhaltlich zu arbeiten und damit erfolgreich zu sein. Doch auch hier wie ein Defensivspieler kann ich auch zupacken. Medial muss ich nicht ständig in der Öffentlichkeit sein. Das hatte ich, ehrlich gesagt, bei anderen Klubs auch schon zur Genüge.

Mit welchem Gefühl gehen Sie in das Spiel bei Werder Bremen?

Beiersdorfer: Ich bin als Spieler mit Werder Meister und Pokalsieger geworden und war sehr gerne da, weil der Verein über viele Jahre Geschlossenheit verkörpert hat. Aber jetzt zählt für mich nur unser Auftreten. Wir sind in unserer Situation gezwungen, auch bei größeren Gegnern etwas mitzunehmen. Wir müssen eine außergewöhnliche Leistung bringen, um dort bestehen zu können. Aber ich glaube an unsere gewonnene Stärke. Wir stehen jetzt gut auf dem Platz und werden uns nicht verstecken. Wir werden unsere Chance suchen.

In Ingolstadt wird gerne der Slogan zitiert: Der FCI gehört in die 2. Liga! Unterstreichen Sie den Spruch?

Beiersdorfer: Ich kenne den Spruch. Aber man muss sich die Zweite Liga immer wieder verdienen, mit jeder Aktion, mit jedem Transfer, mit jedem Training, mit jedem Auftritt in der Öffentlichkeit. Diese Mentalität müssen wir haben und zeigen, dass wir das wollen. Nicht nur sagen, sondern handeln.

DK



Das Interview führte

Gottfried Sterner.