Der Fliegende Hesse
Wie der Vorjahressieger beim Ingolstädter Triathlon Deutscher Meister werden will

16.05.2022 | Stand 23.09.2023, 1:18 Uhr

An den Schwächen arbeiten – und das ist bei Simon Huckestein (rechts), dem Ingolstädter Mitteldistanzchampion des Jahres 2021, ganz klar das Schwimmen. Im Kanal von Triathlon-Veranstalter Gerhard Budy (links) holte sich der hessische Profi kürzlich einige Techniktipps. Foto: Rehberger

Von Christian Rehberger

Ingolstadt – Wenn man so will, dann ist er auf dem Weg, ein halber Bayer zu werden. Und das als Hesse. Auf alle Fälle verbrachte Simon Huckestein im vergangenen Winter gleich mehrere Wochen in den hiesigen Nordalpen, wo sich seine Familie Schritt für Schritt niedergelassen hat. Nur der Sohn fehlt noch für die dauerhafte Zusammenführung im Freistaat. Den 36-Jährigen zieht es aber auch regelmäßig in unsere Region, das vor allem aus sportlichen Gründen – wie am Sonntag, 29. Mai, wieder für den Ingolstädter Triathlon.

Das diesjährige Rennen ist für den mit einer Profilizenz ausgestatteten Huckestein fast schon eine Verpflichtung. Schließlich will er seinen Titel auf der Mitteldistanz verteidigen („Selbstverständlich!“), auf der er im vergangenen September das Feld mit einer Ausnahmelaufleistung von hinten aufrollte und letztlich sogar zerpflügte. Ob das in knapp zwei Wochen wieder so klappen könnte, ist die große Frage. Schließlich werden heuer auf der Mitteldistanz in Ingolstadt die Deutschen Meister ermittelt. „Das Feld ist gut, da kann ich nicht so viel Rückstand brauchen“, sagt Huckestein mit Blick auf das Schwimmen, seine – auch wenn das Bild etwas schief ist – „Achillesferse“. Die echte ist dagegen seine große Stärke: Als Leichtathlet schaffte er es einst in den Nationalkader der Mittelstreckler. Diese Zeiten sind länger her, aber die Dominanz von der Bahn hat er durchaus auf die Straße übertragen können. Aus dem Training heraus verbesserte er heuer Anfang Februar seine Zehn-Kilometer-Bestzeit um eine glatte Minute und knackte dabei sogar die 30-Minuten-Schallmauer (29:55). Und am Schwimmen wird auch kräftig gearbeitet. „Das habe ich mir damals selbst beigebracht“, berichtet Huckestein, der in einer vom Arzt verordneten Laufpause dafür Technikvideos auf Youtube studierte. Entsprechend groß ist sein Entwicklungspotenzial noch, auch wenn er als Späteinsteiger freilich kein natürlicher „Fisch im Wasser“ mehr werden dürfte. Aber dafür gibt es Hilfe in der Region – beim Ingolstädter „Mr. Triathlon“, Gerhard Budy, der in seinem Schwimmkanal mit Videokameras schonungslos alle Schwächen aufdeckte. Den schön gestreckten Fuß für wenig Wasserwiderstand beim Beinschlag bekommt ein starker Läufer eben einfach nicht hin. „Ich gehe immer mit Rückstand aus dem Wasser“, weiß Huckestein, der zumindest die psychologische und mentale Komponente auf seiner Seite hat: „Man überholt alle!“ Zumindest er.

Und auf dem Rad läuft es auch schon gut. Vor einem guten Monat sicherte sich der Hesse sogar den dritten Platz bei der Duathlon-EM (10 km Lauf, 60 km Rad, 10 km Lauf) und damit verbunden den deutschen Meistertitel. Vor gut einer Woche kam Platz sechs bei der WM über diese Distanz in Viborg/Dänemark dazu.

Die Konkurrenz in Ingolstadt sollte sich also spätestens auf der Laufstrecke immer wieder mal umblicken, ob der „Fliegende Hesse“ angerauscht kommt – zumal die Route des Schanzer Triathlons heuer mit 21,86 km (durch die Innenstadtschleife) sogar etwas länger als die übliche Halbmarathon-Distanz ist. „Je länger, umso besser“, sagt Huckestein und lacht.

Das gilt inzwischen auch in Teilen für seine Triathlon-Ambitionen: Ingolstadt ist für ihn „der Härtetest“ für das erste Langdistanz-Rennen, das der stets gut gelaunte 36-Jährige am 3. Juli beim Klassiker Challenge Roth absolvieren will. „Das Streckenprofil dort ist gut, das kommt mir entgegen.“

Aber in Roth wie in Ingolstadt gilt: Aus dem Kanal beziehungsweise Baggersee muss er mit einem vernünftigen Abstand auf die Spezialisten kommen. Huckestein: „Fünf Minuten auf die Konkurrenz reinlaufen zu können, bringt mir nichts, wenn ich davor zehn Minuten im Wasser verloren habe.“

DK