Serie zum 20. Geburtstag des FC Ingolstadt
Schanzer Frauenteam spielt seit fünf Jahren in der 2. Bundesliga – geht noch mehr?

07.03.2024 | Stand 07.03.2024, 7:00 Uhr

Abteilungsleiterin Simone Wagner (hier mit Trainer Miren Catovic im Gespräch) plant die Zukunft des Frauenfußballs bei den Schanzern. Die 37-Jährige hat seit 2008 schon als Spielerin und Trainerin die Ingolstädterinnen maßgeblich nach vorne gebracht. Fotos: Meyer

Aus dem Audi-Sportpark dröhnt einpeitschende Rockmusik, Zuschauer strömen zu den Eingangstoren, Polizei und Sicherheitskräfte überwachen die Zufahrtswege – bald ertönt der Anpfiff zu einem Heimspiel des FC Ingolstadt in der 3. Liga. Einen Steinwurf entfernt auf einem Trainingsplatz ist ein anderes Spiel in vollem Gang. 120 Zuschauer verfolgen weitgehend ruhig die Partie der Schanzer Frauen – in der 2. Bundesliga.

Die Freizeitkickerinnen mit Trainer Miren Catovic sind sportlich gesehen also bereits da, wo die Profis gerne hinwollen. Aber Frauen und Männer trennen im Fußball nach wie vor Welten. Und doch spüren Catovic, seine Spielerinnen und auch Abteilungsleiterin Simone Wagner eine gewisse Aufbruchstimmung, lassen sich von den Fördermaßnahmen seitens des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und auch des in den Medien gepushten Sports mitreißen. „Wir liebäugeln mit oben“, sagt Wagner und verrät: „Wir haben erstmals die Lizenz für die Bundesliga beantragt.“

Am Sonntag gegen den Hamburger SV

Erstmals seit dem Aufstieg 2019 müssen die Schanzerinnen (23 Punkte) nicht um den Klassenerhalt bangen, können sich vor dem Heimspiel gegen den Tabellenzweiten Hamburger SV (28) an diesem Sonntag (11 Uhr) sogar noch Hoffnungen auf einen Aufstiegsrang machen. „Wir wollen uns nicht unter Druck setzen und uns in der 2. Bundesliga etablieren. Aber wir wollen so viele Punkte wie möglich holen“, sagt Catovic.

Der 34-jährige Serbe aus Novi Sad, der den FCI 2022 übernahm, weiß, dass bei den Frauen die Vereine selbst innerhalb einer Spielklasse in verschiedenen Ligen spielen. Von einem Etat von kolportiert rund 1,5 Millionen Euro wie beim Neuling und Aufstiegskandidaten Hamburger SV kann der FCI nur träumen. Dennoch will der Trainer nicht klagen, sieht sein Team mit zwei Co-Trainern, je einem Torwart- und Athletiktrainer sowie zwei Physiotherapeuten und einem Betreuer gut aufgestellt. Dazu kommt Teamkoordinatorin Steffi Hamberger, die nach dem Zusammenschluss der Frauenteams aus Großmehring, Manching und Haunwöhr beim FCI damals noch als Spielerin seit 2004 dabei ist.

Alltag im Frauenfußball: Erst die Arbeit, dann das Spiel

Mit den Anfängen ist das Hier und Heute freilich nicht mehr zu vergleichen. Anna Petz, mit 29 Jahren die älteste im Kader und seit der Bayernliga 2012 dabei, erinnert sich. „Damals haben wir zweimal in der Woche trainiert, jetzt viermal. Ich bin dadurch viel fitter als am Anfang“, sagt die Mainburgerin. Für ihre Leidenschaft nimmt sie viel auf sich. Von ihrer Arbeitsstelle in Aschheim bei München – sie ist in einem Möbelhaus als Gestalterin tätig und baut Einrichtungen auf – pendelt sie zum Training. Um 19 Uhr geht’s auf den Platz, davor ist Videostudium angesagt, danach oft noch eine Einheit im Athletikbereich. „Wir verlangen den Mädels wirklich viel ab. Aber sie haben Lust darauf und pushen sich an die Grenzen. Nur irgendwann geht dann einfach nicht mehr“, sagt Catovic und sieht als nächsten Schritt nur den Weg ins Profitum. Beim Trainer, der seit dieser Spielzeit hauptberuflich beim FCI angestellt ist, und bei Abteilungsleiterin Wagner (in Teilzeit) beginnen die Schanzerinnen mit ihrer Professionalisierung, Spielerinnen erhalten bisher maximal Aufwandsentschädigungen.

Einstige Hochburgen verschwinden

Schaut man auf die Entwicklung im Frauenfußball, wird schnell klar, was möglich ist. International wechseln Spielerinnen bereits für beträchtliche Ablösesummen vorwiegend nach England, Frankreich und Spanien. National tummeln sich in der Frauen-Bundesliga mittlerweile fast nur noch Mannschaften der bekannten Männervereine. Einstige Frauen-Hochburgen verschwinden. Der 1. FFC Frankfurt (siebenfacher Deutscher Meister und vierfacher Europapokalsieger) ging eine Fusion mit der Eintracht ein, der sechsfache Titelträger und zweifache Europapokalsieger 1. FFC Turbine Potsdam ist in die 2. Bundesliga abgerutscht.

Beim FCI sieht man die Gefahr. Mit dem HSV und Gladbach sind weitere Schwergewichte in der 2. Bundesliga angekommen, Mainz, Bochum und Union Berlin drängen aus der Regionalliga nach. „Sportlich können wir noch mithalten, aber strukturell haben wir keine Chance“, schlägt Catovic Alarm. Und Wagner weiß: „So lange unsere Männer in der 3. Liga sind, können wir finanziell vom Verein nicht auf mehr Unterstützung hoffen.“

DFB-Pokalspiel gegen den FC Bayern öffnete die Augen

Erst in der Bundesliga gibt es vom DFB für die Frauen feste Zuschüsse aus den Vermarktungserlösen (derzeit rund 800000 Euro), dafür steigen aber auch die Anforderungen. Trainer müssen ab der kommenden Saison die Uefa-Pro-Lizenz besitzen, Spielerinnen zwingend Profi-Verträge, dazu kommt vieles mehr. Für den FCI, der es vorerst mit kreativen Lösungen versucht, wäre das ein großer Sprung. Spielerinnen aus den eigenen drei Nachwuchsteams auszubilden, ist ein Ziel. Für Ramona Maier (SGS Essen) sowie Alina Mailbeck und Vanessa Haim (beide 1. FC Nürnberg) war der FCI bereits ein Sprungbrett in die Bundesliga. Gutes Scouting und Kooperationen mit Vereinen im Ausland, wie aktuell mit Blau-Weiß Linz (von dort kam Katharina Reikersdorfer zum FCI), sind weitere Bausteine.

Wagners Wunsch: Ressourcen gemeinsam nutzen

Wie es sein könnte, auf der großen Bühne zu spielen, haben die Schanzerinnen 2022 erlebt. Im DFB-Pokalspiel gegen Bayern München durften sie erstmals im Audi-Sportpark antreten und die Atmosphäre vor knapp 3000 Zuschauern spüren, auch wenn das Ergebnis mit 0:7 klar ausfiel. „Das war ein Schlüsselerlebnis und hat uns die Augen geöffnet. Alle im Verein haben zusammengearbeitet, dass dieses Spiel im Stadion möglich war“, sagt Wagner und hofft, finanzielle Nachteile durch eine noch bessere Zusammenarbeit mildern zu können. „Die Ressourcen sind ja da. Es wäre super, wenn wir sie besser nutzen könnten“, meint Wagner. Doch bis sich Männer und Frauen beim FCI möglicherweise den Kabinentrakt und das Stadion teilen, um mehr aus ihren Möglichkeiten zu machen, wird es wohl noch eine Weile dauern.

DK

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