20 Jahre Schanzer
Kommentar: FC Ingolstadt muss raus aus seiner Parallelwelt

07.02.2024 | Stand 07.02.2024, 16:56 Uhr

Foto: Imago Images

Wer die beste Idee in 20 Jahren FC Ingolstadt – nach der Vereinsgründung logischerweise – sucht, der landet schnell beim offensichtlichsten Glücksgriff: der Verpflichtung von Ralph Hasenhüttl natürlich. Wer dann über den kurzen Bundesliga-Rausch mit dem Erfolgstrainer hinausblickt, kommt zu einer Einrichtung, die mindestens so wertvoll war wie der sportliche Höhenflug, der den FCI überhaupt auf die deutsche Landkarte hievte: die Schanzer Fußballschule des Vereins.



Vom großen FC Bayern, Sechzig, dem FCA, Club sowie Jahn umzingelt, baute sich der „Retortenverein“ mit jedem Feriencamp seine eigene Fanbasis von Kindesbeinen an auf: Nachwuchskicker, die dann im eigenen FCI-Trikot ins Stadion gelockt werden – und Papa und Mama gehen auch mit; was für ein genialer Marketingcoup!

Es wurde beileibe viel richtig gemacht in den vergangenen 20 Jahren. Und doch erhärtet sich der Eindruck, als habe sich der Klub zuletzt in eine Art Parallelwelt verabschiedet – und verliert zusehends die Bindung zur Stadt, zur Region, zur Basis. Führungskräfte scheinen gedankenlos nur noch im Fußballkosmos zu agieren, tauchen im öffentlichen Leben Ingolstadts kaum mehr auf und sehen sich beim Audi-Klub offenbar, wie sich der Autobauer selbst sieht: nur noch im Premiumsegment.

Das ist bei einem Autohersteller eine plausible Strategie, schließt im Volkssport-Fußball aber große Fangruppen aus. Anhänger, die der FCI mehr denn je bräuchte – gerade in der 3. Liga, alles andere als ein Premiumsegment. Anspruch und Handeln passen längst nicht mehr zusammen. Dass in einem „Premiumverein“ zum Beispiel niemand daran denkt, dem Oberbürgermeister der Heimatstadt bei der Feier ein Grußwort für Glückwünsche einzuräumen – das passt perfekt ins Bild.

So kann man dem FC Ingolstadt zum Runden Geburtstag von Herzen nur wünschen, dass er aus dieser Parallelwelt wieder herausfindet! Dass er etwa seinen Trainer Michael Köllner mal von der Leine lässt, der nach unzähligen griesgrämigen oder überforderten Übungsleitern am Sportpark endlich wieder ein leutseliger Sympathieträger ist. Was für ein Glücksfall! Der aus der Premiumblase heraustritt und wie damals Hasenhüttl gerne auf Menschen in der Region zugeht, sie für den Klub gewinnt – und nebenbei sportlich das Ruder herumgerissen hat. Der FC Ingolstadt ist zurück im Aufstiegsrennen – und das eigene Stadion ist halb leer oder oft noch viel leerer. Das muss allen zu denken geben. Auch bei einem Geburtstag.