Elf Jahre lang Schanzer
FCI-Serie, Teil 12: Als Spieler und Trainer schrieb Stefan Leitl bei den Schanzern Geschichte

01.02.2024 | Stand 01.02.2024, 13:07 Uhr

Ein jubelnder Stefan Leitl: Als Kapitän der Schanzer hatte Leitl Augenblicke vor dem Entstehen dieses Fotos im Dezember 2010 das vermeintliche Siegtor gegen die Münchener Löwen vorbereitet – am Ende hieß es allerdings nur 1:1. Foto: Imago Images

20 Jahre gibt es den FC Ingolstadt. Mehr als die Hälfte der Zeit, nämlich elf Jahre lang, war Stefan Leitl in verantwortlicher Position ein Teil davon, als Spieler und Trainer. Und so ist der 46-jährige Ismaninger, der mittlerweile als Chefcoach bei Hannover 96 tätig ist, auch heute noch ein Schanzer durch und durch.



Klar, dass der einstige Kapitän, der mit dem FCI zweimal in die 2. Bundesliga aufstieg, auch am kommenden Montag bei der Geburtstagsfeier im Audi-Sportpark mit dabei sein will. „Ich komme immer wieder gerne nach Ingolstadt. Der Verein ist mir ans Herz gewachsen“, sagt Leitl und blickt auf die Anfänge zurück: „Als ich 2007 mit 29 aus Darmstadt nach Ingolstadt gewechselt bin, habe ich gehofft, dass das meine letzte Station in meiner aktiven Fußballerkarriere sein würde. Wir hatten damals den Auftrag, den Verein in die 2. Bundesliga zu führen und dort zu etablieren. Das ist dann auch alles so eingetreten, und das macht mich stolz.“

Schmunzeln muss der ehemalige Mittelfeldantreiber und Anführer der Schanzer, wenn er daran zurückdenkt, wie der damals omnipräsente FCI-Gründer und -Boss Peter Jackwerth und der gerade erst installierte Geschäftsführer Harald Gärtner darauf bestanden, dass er sich das MTV-Stadion und das Vereinsgelände ansieht. „Dabei kannte ich das alles in- und auswendig. Ich bin schon als Jugendlicher oft mitgefahren, als meine Brüder in der Bayernliga gegen Ingolstadt gespielt haben“, erzählt Leitl.

Stefan Leitl beim FCI: Kapitän, Torschütze, Vorlagengeber

Insofern hielt sich der Schock in Grenzen, als der FCI in seiner Entwicklung noch in den Anfängen steckte und Leitl hautnah die Professionalisierung des Klubs miterlebte. Der erste Zweitliga-Aufstieg 2008 machte den Umzug ins notdürftig aufgepeppte ESV-Stadion notwendig, nach dem Abstieg und der Rückkehr in die 2. Bundesliga war dann bereits der Audi-Sportpark fertiggestellt. Und Leitl trug sich beim 2:0-Sieg im DFB-Pokal gegen den Karlsruher SC im ersten Pflichtspiel im neuen Stadion gleich als Premierentorschütze der Ingolstädter ein. Insgesamt trug Leitl das schwarz-rote FCI-Trikot 190-mal, erzielte 45 Tore und bereitete 36 vor. Damit liegt er hinter Marvin Matip (278) und Moritz Hartmann (220) auf Rang drei der Spieler mit den meisten Einsätzen und ist weiterhin Top-Scorer. Lediglich „Bomber“ Hartmann erzielte mehr Treffer (56).

Prägend für seine weitere Karriere war Benno Möhlmann – obwohl Leitl bei dessen Amtsübernahme kurioserweise zuschauen musste. Grund dafür war ein vorangegangener Disput mit dem damaligen Co-Trainer Uwe Wolf, der den beim Trainerlehrgang weilenden Michael Wiesinger vertrat. „Ich hatte als Kapitän eine andere Meinung und wurde für einige Spiele suspendiert“, sagt Leitl in der Rückschau. So saß der Mittelfeldspieler bei Möhlmanns Einstand am 14. November 2010 beim 1:2 gegen den SC Paderborn zunächst auf der Bank, erzielte nach seiner Einwechslung aber das Anschlusstor und durfte in der nächsten Partie beim VfL Bochum wieder von Beginn an mitspielen. Leitl dankte es mit drei Treffern, der FCI siegte 4:1 und legte den Grundstein für eine Erfolgsserie und den späteren Klassenerhalt.

Warum FCI-Trainer Möhlmann für Leitl so wichtig war

Zwar endete Möhlmanns Amtszeit nach nur einem Jahr, aber für Leitl war die Zusammenarbeit wegweisend. In einem langen Gespräch zeigte ihm der damals 56-Jährige den Weg für eine Trainerlaufbahn auf. „Benno war ein herausragend guter Trainer und hat mich in diese Richtung geschubst. Einen wie ihn hätte ich mir mit 22 gewünscht“, sagt Leitl.

Seinen neuen Beruf trat Leitl aber früher an als gedacht, denn nur ein Jahr später sortierte ihn Möhlmanns Nachfolger Tomas Oral am Saisonende 2012/13 aus. „Er hat mir in meinem Alter nicht zugetraut, dass ich mich auf die Bank setze, weil ich jahrelang Kapitän war. So wurde es mir mitgeteilt“, blickt Leitl zurück – heute nicht mehr im Groll. „Ich habe mich dann recht schnell für die Trainerlaufbahn entschieden und klar kommuniziert, dass ich irgendwann Cheftrainer beim FCI werden möchte“, erzählt Leitl.

Lange musste Leitl nicht auf seine Chance warten. Nach einem Jahr als U17-Jugendtrainer und drei Jahren Erfahrung bei der U21 wird der Ismaninger nach der Entlassung von Maik Walpurgis im August 2017 Interimstrainer und siegt mit 1:0 bei der SpVgg Greuther Fürth. Nach vier Spielen wird er zum Chef befördert, gerade mal ein halbes Jahr, nachdem er seine Fußballlehrerlizenz erworben hatte. Leitl war am Ziel, hatte aber auch etwas Unausweichliches im Hinterkopf. „Wenn du dann Cheftrainer wirst, muss dir bewusst sein, dass die Zeit in deinem Verein endlich ist und du entlassen werden kannst“, sagt Leitl und erinnert sich sehr reflektiert daran, als es dann nach einem schlechten Saisonstart 2018/19 und einer 0:1-Heimniederlage gegen den FC St. Pauli passierte.

Leitls ganz bitterer Tag beim FC Ingolstadt

„Der Tag war brutal. Es fiel mir sehr schwer, die Entlassung zu akzeptieren, weil ich eine tiefe Verbundenheit zu dem Verein hatte. Das hat wehgetan, weil der Zeitpunkt gekommen war, wo ich wusste: Jetzt bist du kein Teil des FC Ingolstadt mehr“, beschreibt Leitl seine Gefühle, die ihn in Gärtners Büro übermannten, als er über das Trainingsgelände blickte und Jackwerth ihn mitfühlend in den Arm nahm. „Brauchst nicht so wehmütig schauen, es geht immer weiter“, sagte dieser und hatte Recht – nur gut vier Monate später trat Leitl bei der SpVgg Greuther Fürth eine neue Aufgabe an.

Mittlerweile sind Leitl und sein Assistent Andre Mijatovic, mit dem ihn seit der gemeinsamen Zeit beim FCI eine enge Freundschaft verbindet, ein festes Gespann und in der fünften Saison in Folge erfolgreich unterwegs. Nach dem Sensations-Aufstieg mit Fürth in die Bundesliga und einem Jahr Erfahrung im Oberhaus, will das Duo diesen Coup nun mit Hannover 96 wiederholen. „Ich wollte einmal die Größe und Wucht eines Traditionsklubs spüren“, begründet Leitl seinen Schritt zu den Niedersachsen, die er innerhalb von drei Jahren zurück in die Bundesliga führen will. Nach Platz zehn in der ersten Saison kämpft der 96-Trainer nach gutem Start derzeit darum, den Kontakt zu den Aufstiegsrängen nicht zu verlieren. Nach dem jüngsten 3:0-Erfolg gegen den 1. FC Nürnberg beträgt der Rückstand auf Platz drei sieben Punkte.

Den FCI verfolgt Leitl trotz seines fordernden Jobs noch genau und fiebert mit. „Ich finde es super, welche Leute da jetzt am Werk sind. Michael Köllner schätze ich als Menschen und Trainer, es ist wichtig, dass jemand aus der Region da ist. Und Didi Beiersdorfer und Ivo Grlic haben viel Erfahrung. Ich wünsche es dem Verein, dass er schnellstmöglich wieder in die 2. Bundesliga kommt, auch wenn sich im Fußball nichts vorhersagen lässt, weil gerade die 3. Liga schwer zu spielen ist. Aber man sieht, dass der eingeschlagene Weg mit der guten Arbeit im NLZ jetzt Früchte trägt“, meint Leitl, der es wissen muss. Schließlich kickt sein Sohn Luca seit 2021 selbst bei den Schanzern. Vielleicht findet die Leitlsche Familiengeschichte beim FCI ja noch eine Fortsetzung.