Eishockeyfrauen-Bundesliga
Farce in Amsterdam: Spielausfall bei den ERC-Frauen weil Schiedsrichter zur falschen Halle fahren

19.11.2023 | Stand 19.11.2023, 18:59 Uhr
Martin Wimösterer

Verbuchte im Samstagspiel in Amsterdam einen Hattrick: ERC-Stürmerin Bernadette Karpf. Foto: Nordphoto/Imago Images

Eigentlich hätte das Sonntagsspiel zwischen den Frauen der Amsterdam Tigers und dem ERC Ingolstadt seit acht Minuten laufen sollen, doch da zogen die Panther ihre Aufwärmtrikots in der Kabine bereits wieder aus. Trainer Christian Sohlmann hielt, anstatt auf der Bank die Taktiktafel, im Kabinengang das Mobiltelefon in der Hand. Ein paar Augenblicke zuvor war eine Nachricht von Markus Schubert, dem Ligenbetreuer des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) aufgeblinkt. Inhalt: Das Spiel fällt aus.

Verbürgt ist, dass das Schiedsrichter-Trio – laut dem deutschen Schiedsrichter-Portal zwei nicht namentlich genannte Niederländer und der Deutsche Jonas Steinmann als Linesperson – nicht gekommen war. Die Unparteiischen waren in eine andere Eishalle angefahren, die ebenfalls Optisport Schaatsbaan heißt, aber eben in Dordrecht bei Rotterdam und nicht im nordholländischen Hoorn liegt, 80 Autominuten entfernt. Ein späterer Spielbeginn in Hoorn war dann nicht mehr möglich, weil die Tigers dort nur bis 14.15 Uhr – also 150 Minuten nach dem eigentlichen Spielbeginn – Eis gemietet hatten.

„Wir prüfen gerade noch die Gründe für die Spielabsage“, teilte DEB-Ligenbetreuer Schubert auf Anfrage mit. Denkbar ist ein falsches oder falsch interpretierbares Briefing. Zur Verwirrung um den Spielort trug fraglos bei, dass die Tigers-Frauen ihre Heimspiele in ihrer DFEL-Debütsaison auf drei verschiedene Spielstätten mit einiger räumlicher Distanz verteilt austragen (nie aber in Dordrecht).

Diese Farce wirft natürlich weitere Fragen auf: Wie wird mit der Partie nun umgegangen? Wird sie gewertet, wird sie neu angesetzt? Das muss der DEB-Kontrollausschuss nun festlegen. Eine Wertung ist angesichts der Distanz von insgesamt 1500 Buskilometern und möglichen zusätzlichen Übernachtungskosten wahrscheinlich. Geld ist in der DFEL ein knappes Gut, theoretisch könnte der ERC nun bei den Tigers auf Haftung der unnötigen Hotelkosten pochen, was die Panther in einer ersten Reaktion aber nicht erwogen.

Sohlmann bittet vielmehr allseits um mehr Gründlichkeit bei den Vorbereitungen und um die Einhaltung der Durchführungsbestimmungen. Zumal schon die Bedingungen beim Samstagsspiel in der Jaap Edenhal „nicht von der gegnerischen Mannschaft, aber vom Umfeld her unprofessionell“ gewesen seien.

Konkret bemängelte er in Amsterdam die gebotene Infrastruktur und die aus seiner Sicht dürftige Eisbereitung - „Punkte, die ich ohne das große Paket mit Sonntag nie öffentlich angesprochen hätte“, erklärt er. Er äußerte auch Verständnis, dass Eiszeiten begehrtes Gut sind, aber ein Zweitligaspiel der Tigers-Männer zwei Stunden vor dem Warmup-Beginn des DFEL-Teams anzusetzen, fand er doch zu knapp. In der Tat begann das Samstagsspiel der Frauen rund 45 Minuten verspätet. Aber, mit Blick auf Sonntag, es hat immerhin stattgefunden.

Als die Scheibe dann endlich lief, fand der ERC auf Anhieb den Draht zur Form von vor der Länderspielpause. In einem Powerplay dauerte es gerade mal fünf Sekunden und die Scheibe lag im Netz: Bullysieg durch Bernadette Karpf, Spieleröffnung auf rechts von Petra Pavuk, Einschuss aus der Nahdistanz durch Lucy Klein – Eishockey kann so einfach sein (8. Spielminute).

Als Tigers-Mittelstürmerin Kimberley Collard mit einem Schuss aus der Halbdistanz gescheitert war und Karpf schnell auf 2:0 stellte (10.), dämmerte es den Zuschauern bereits, dass der ERC als klarer Sieger aus der Samstagspartie gehen würde. Antonia Hübsch traf zum 3:0 und vollführte Freuden-Hopser auf dem Eis – es war das erste DFEL-Tor der 20-Jährigen (15.). Klein, die mit dem Schwung der Deutschland-Cup-Länderspiele aus der Pause kam, gelang vor der ersten Sirene das 4:0 (17.).

Im Schlussdrittel sollte Karpf, eine weitere Auswahlspielerin des Deutschen Eishockey-Bundes, ihren Hattrick vollenden – die schnelle Spielmacherin stellte mit Toren in der 46. und 50. Spielminute den Endstand her. Zwischenzeitlich hatten Kapitänin Theresa Wagner (25.), ebenso Nationalspielerin, und Josephine Chisholm (44.) den Spielstand gegen die knapp aufgestellten Gastgeberinnen schon hochgeschraubt.

Dass Tigers-Torhüterin Annika Verduin trotz der acht Gegentreffer noch eine Fangquote von über 82 Prozent hatte, spricht Bände. Und, sagt Sohlmann, auch das Schiedsrichter-Trio – die Brüder Sebastian, Robert und Alexander Licau - „hat einen guten Job gemacht“. Weil es für ein faires Spiel beider Teams gesorgt habe. Und – mag man anfügen – weil es überhaupt da war.

DK