Friedenszeichen mit Alarmsignal
DFB-Elf enttäuscht bei 3:3 gegen die Ukraine – nur ein Gewinner in Flicks Elf

12.06.2023 | Stand 14.09.2023, 23:26 Uhr

Der zweite Gegentreffer: Mykhailo Mudryk ließ die deutsche Abwehr in der Entstehung des Tores sehr alt aussehen. Foto: Imago Images

Tolle Stimmung, beste Laune bei den Zuschauern – und noch dazu ein richtig unterhaltsamer Kick gegen ein bis in die Haarspitzen motiviertes Team aus der Ukraine auf dem grünen Rasen: Das 1000. Länderspiel in der deutschen Fußballgeschichte hätte so schön werden können. Wenn da nicht das aus DFB-Sicht so enttäuschende Endergebnis gewesen wäre, denn nach 90 Minuten stand nur ein sehr schmeichelhaftes 3:3 (1:2) zu Buche.

„Es ist sehr ärgerlich, weil wir Gegentore aus leichten Fehlern bekommen haben. Wenn wir das abstellen, sind wir auf einem guten Weg“, befand DFB-Keeper Kevin Trapp nach der Partie. Natürlich ging es am Montagabend zunächst mal um etwas anderes – nämlich, sich solidarisch mit der Ukraine zu zeigen. Auch monetär. So werden alle Einnahmen aus Bandenwerbung, Ticketverkauf und TV-Honorar in soziale Projekte dort fließen. Aber es wurde eben auch Fußball gespielt – mit dem ersten Höhepunkt bereits 90 Sekunden nach Anpfiff, als Niclas Füllkrug plötzlich mutterseelenallein vor dem Gästekasten an den Ball kam. Aber der Lokalmatador aus Bremen brachte das Kunststück fertig, die Kugel am rechten Pfosten vorbeizusetzen.

Füllkrug bringt DFB-Elf in Führung
Aber egal: Nur vier Minuten später machte es der 30-Jährige ja schon besser, fälschte mit dem rechten Knie einen Schuss von Marius Wolf unhaltbar ab – 1:0. Füllkrug gehört damit jetzt zum illustren Kreis von erst fünf deutschen Nationalspielern, die in fünf aufeinanderfolgenden Partien eingenetzt haben.
Recht schnell zeigte sich allerdings, welch fragiles Gebilde die DFB-Defensive immer noch ist. So reichte ein Steilpass von Oleksandr Tymchyk bereits aus, um die gesamte deutsche Hintermannschaft aus den Angeln zu heben. Viktor Tsygankov schloss dann auch noch eiskalt ab, und schon war der schöne Vorsprung des DFB dahin (18.).

Schneller Doppelschlag der Ukraine

Keine fünf Minuten später lag die Kugel erneut im Gehäuse von Trapp. Diesmal wurde ein unnötiger Ballverlust von David Raum böse bestraft, über Andriy Yarmolenko und Tsygankov kam das Spielgerät zu Mykhailo Mudryk – und dessen Schuss wurde von Antonio Rüdiger unglücklich zum 1:2 in die eigenen Maschen abgefälscht (23.). Dass es mit diesem Resultat dann auch in die Halbzeitpause ging, es hätte nicht sein müssen. So strich ein 18-Meter-Knaller von Leon Goretzka nur knapp am ukrainischen Kreuzeck vorbei (29.), und ein 18-Meter-Freistoß von Leroy Sané (45.+1) klatschte sogar an die Unterkante der Latte.

DFB-Elf enttäuscht ihre Anhänger mal wieder
Die deutschen Anhänger hofften trotzdem noch, glaubten fest an eine positive Reaktion ihrer Lieblinge in der zweiten Halbzeit – um in jener dann endgültig enttäuscht zu werden. So unterlief Matthias Ginter ein fast schon anfängerhafter Stockfehler, Artem Dovbyk luchste dem Freiburger frech den Ball ab – und seine Hereingabe wurde schließlich von Tsygankow mühelos zum vermeintlich vorentscheidenden 3:1 für die Ukraine verwandelt (56.).
Das war dann endgültig zu viel für die schwarz-rot-goldene Fanschar. Die Konsequenz daraus: zunächst gellende Pfiffe, dann sogar unüberhörbare „Werder-Bremen“-Sprechchöre. Bundestrainer Hansi Flick versuchte zwar sein Möglichstes, brachte bis zur 71. Minute gleich sechs frische Kräfte aufs Feld – aber selbst diese Maßnahmen brachten zunächst nichts. Die DFB-Elf wirkte richtiggehend hilflos. Ohne echten Leader. Und dies exakt 368 Tage vor Beginn der Heim-EM 2024. Das stimmte nachdenklich.

Kai Havertz der einzige deutsche Gewinner
Einen Gewinner gab es dann doch in der deutschen Mannschaft – nämlich Kai Havertz. Denn nicht nur, dass der Mann vom FC Chelsea nach schöner Einzelleistung den 2:3-Anschlusstreffer selbst erzielte (83.): Havertz holte zudem in letzter Minute den Foulelfmeter heraus, den Joshua Kimmich zum fast nicht mehr erwarteten 3:3-Ausgleich verwandelte (90.+1). Die Deutschen blieben damit auch im neunten Spiel gegen die Ukraine ungeschlagen (fünf Siege und jetzt vier Unentschieden). Nicht weniger. Aber auch nicht mehr. Auf Bundestrainer Flick und seine Mannen wartet auf jeden Fall noch immens viel Arbeit. Der Trainer sagte: „Wichtig ist, dass wir Mentalität zeigen. Es hat zum Glück zum 3:3 gereicht, trotzdem müssen wir ganz klar die Dinge ansprechen, die wir besser machen müssen.“

Deutschland: Trapp - Rüdiger, Ginter, Schlotterbeck (46. Klostermann) - Wolf (62. Hofmann), Kimmich, Raum (71. Henrichs) - Brandt (71. Wirtz), Goretzka (Musiala) - Sané, Füllkrug (46. Havertz).

Ukraine: Trubi - Tymtschyk, Sabarnyi, Matwijenko, Mykolenko (78. Sobol) - Stepanenko (64. Ignatenko), Zygankow (71. Subkow), Jarmolenko (64. Malinowskiy), Sudakow, Mudryk (78. Pichaljonok) - Dowbyk (64. Wanat).

Schiedsrichter: Sidiropoulos (Griechenland). – Tore: 1:0 Füllkrug (6.), 1:1 Zygankow (19., nach Videobeweis), 1:2 Rüdiger (23., Eigentor), 1:3 Zygankow (56.), 2:3 Havertz (83.), 3:3 Kimmich (90.+1, Foulelfmeter). – Zuschauer: 35975 (ausverkauft in Bremen).