Zucheringer gewinnt DM-Titel
Adolf bewahrt kühlen Kopf

Leichtathletik: Michael Adolf läuft im Berliner Olympiastadion über 400 Meter Hürden zum Meistertitel

01.07.2022 | Stand 22.09.2023, 21:40 Uhr

Gleich ist es geschafft: Michael Adolf gewinnt in Berlin den DM-Endlauf über 400 Meter Hürden. Foto: Imago Images

Von Horst Kramer

Zuchering/München – Auch noch drei Tage nach seinem großen Sieg schüttelt er verwundert den Kopf. „So richtig kann ich es noch gar nicht fassen, dass ich Deutscher Meister bin“, erklärt Michael Adolf. Am Sonntag gewann der 25-jährige Zucheringer souverän den 400-Meter-Hürden-Finallauf bei den deutschen Titelkämpfen in Berlin.

Nach 51,25 Sekunden sprintete Adolf über die Ziellinie und riss die Arme hoch. Genau drei Zehntel später blieb die Uhr für den Zweiten, den Osnabrücker Jordan Gordon stehen. Schon eingangs der Zielgeraden hatte Adolf die Nase vorne. Wer die Grundgeschwindigkeit des 100- Meter- und 200-Meter-Sprinters kennt, konnte hier bereits ahnen: Den Sieg lässt er sich nicht mehr nehmen.

Adolf war als heimlicher Favorit nach Berlin gefahren. Mit einer Saisonbestleistung von 52,22 Sekunden. Im vergangenen Jahr hatten drei Athleten die 49-Sekunde-Marke unterboten, ein weiterer die 50-Sekunden-Schallmauer. Doch heuer sind sie verletzt, der sympathische Zucheringer sah seine Chance. Zusammen mit seinem Trainer Peter Rabenseifner hatten er in den vergangenen Monaten am Schritt-Rhythmus gefeilt, aber schlussendlich doch am alten System festgehalten. Dies bedeutet: Adolf läuft bis einschließlich Hürde sieben 14 Schritte zwischen den Hindernissen, danach 15 Schritte.

Mit Erfolg: Am vergangenen Samstag war Adolf der Vorlaufschnellste mit 52,06 Sekunden, der Penzberger Andreas Kölbl folgte mit 52,21 Sekunden. Aus dem heimlichen war nun ein echter Favorit geworden. „Das war schon seltsam, am Sonntag das Olympiastadion als derjenige zu betreten, den alle anderen jagen.“

Adolf bewahrte aber einen kühlen Kopf, sein Trainer versuchte ebenfalls Ruhe zu vermitteln. „Obwohl er wahrscheinlich nervöser als ich war“, schmunzelt Adolf. Ihre Taktik lautete, grob vereinfacht: Die ersten 200 Meter „ruhig, bedacht“ angehen und dann alles rauspowern. „Das hat perfekt geklappt“, grinst der frisch gebackene Deutsche Meister.

Es war nicht sein erster Titel über diese Distanz: Im Jahr 2013 war Adolf Deutscher U18-Meister in Rostock geworden, bei etwas niedrigeren Hürden und in einer Zeit von 52,88 Sekunden. Der Zucheringer trug damals noch das Trikot der DJK Ingolstadt, zu der er schon als Elfjähriger gestoßen war. Der Junge war vielseitig talentiert, war nicht nur ein guter Läufer, sondern konnte auch mit den Wurfgeräten gut umgehen. Nach den Schülerjahren versuchte er sich im Mehrkampf und kam dabei auch mit den Langhürden (im Wortsinne) in Berührung. Im Gegensatz zu vielen Sprinttalenten fand der Gymnasiast Gefallen an der Disziplin. Die Ingolstädterin Birgit Nixdorf nahm ihn zuerst unter ihre Fittiche, später dann Corinna Pape. Adolf erwähnt zudem den BLV-Landestrainer Andreas Knauer. „Alle drei haben mir sehr geholfen“, bedankt sich der Athlet. Der überraschende U18-DM-Titel war eine der Früchte der guten Zusammenarbeit. „Was dann alles so kam, war vielleicht zu früh zu viel für mich“.

Als Deutscher Meister wurde er in den DLV-Kader berufen, Stützpunkttraining, Leistungsvorgaben, internationale Einsätze. Im Jahr 2015 fuhr Adolf mit dem DLV-Team zur U20-EM nach Eskilstuna in Schweden. Dort stürzte er im Zwischenlauf. „Das war ein Schlüsselmoment“, erinnert er sich, „seitdem habe ich mit der EM noch eine Rechnung offen.“

Klar, dass Adolf unglaublich gerne heuer bei der EM in München starten würde. Seit 2016 lebt und studiert er in der Landeshauptstadt, von 2018 bis 2020 gehörte er dem Team der LG Stadtwerke München an und wechselte anschließend mit Rabenseifner zum TSV Gräfelfing. Adolf trainiert täglich auf der Sportanlage des Olympiaparks, sozusagen im Schatten des Olympiastadions. Wie sieht er seine Chancen, als Deutscher Meister und Saisonschnellster an der EM teilnehmen zu können? „Ehrlich gesagt, nicht so gut“, antwortet der Noch-Maschinenbau-Student, der Ende Juli seine Abschlussprüfungen absolviert. Die DLV-Norm liegt bei 49,50 Sekunden. „Die Zeit habe ich heuer nicht in meinem Körper“, sagt er ehrlich. Und wenn es nicht klappt? „Eigentlich hatte ich mir überlegt, jetzt mit dem DM-Titel meine Karriere zu beenden“, setzt er an. „Aber dann würde unsere tolle 4x400-Meter-Staffel auseinanderfallen.“ Mit der Adolf 2018 Deutscher Meister wurde. Außerdem hängt Adolf die EM in Schweden nach. „2024 werden die Europameisterschaften in Rom ausgetragen. Das wäre doch ein Ziel und ein schöner Schlusspunkt“, sinniert der Vorzeigesportler. Er hat also auch weiterhin Ziele.

DK