Warum eine junge Oberpfälzerin nach Sri Lanka auswanderte und wie man die Insel im Indischen Ozean auf anderen Wegen entdecken kann.
Kleine Läden reihen sich aneinander, wenige Autos und Fahrräder, dafür unzählige Roller und Autorikschas, auch Tuk Tuks genannt, teilen sich die Straße, es riecht nach Benzin. Plötzlich hupt ein Bus und überholt die anderen Verkehrsteilnehmer. Für Außenstehende wirkt die Szene so, als würde es gleich zu einem Unfall kommen, doch irgendwie fügt sich alles ineinander − wie eine einstudierte Straßenchoreographie. Über eine schmalere Seitenstraße geht es noch wenige Meter weiter über Bahngleise. Schließlich bleibt das blaue Tuk Tuk vor einem grünen Tor stehen – dahinter befindet sich das „Camp Coconut“.
Ein paar Hähne stolzieren über den Weg, Hühner picken auf dem Boden und mehrere Kühe stehen inmitten meterhoher Palmen und sonnen sich bei 30 Grad. So werden Besucher auf dem kleinen Dreiseithof römischer Bauart im „Camp Coconut“ in Sri Lanka empfangen. Gastgeber sind Maren (31) und ihr Ehemann Mithra (33). Sie leben seit 2020 in Kamburugamuwa. Der für Nicht-Singhalesen fast unaussprechliche Ort gehört zur Stadt Matara, die sich an der Südküste der Inselnation am Indischen Ozean befindet.
Maren kommt ursprünglich aus Neumarkt in der Oberpfalz, vor sechs Jahren war sie zum ersten Mal in Sri Lanka. „Es war tatsächlich mehr oder weniger Schicksal, dass es mich dorthin verschlagen hat“, sagt die 31-Jährige. Während ihres Bachelorstudiums der Umweltsicherung an der Hochschule Weihenstephan Triesdorf und ihres Masterstudiums Bioeconomy in Hohenheim wollte sie ein Auslandssemester machen, die Masterarbeit sei die letzte Chance gewesen. „Das Thema ,Die Reduzierung von Lebensmittelverschwendung‘ war mir ein Herzensanliegen und führte mich auf die Insel. Über Sri Lanka wusste ich nur, dass es südlich von Indien liegt und es dort bestimmt immer tropisch warm sein muss“, erzählt die junge Frau rückblickend. Dann wurde es ernst: „Für Stipendien bewerben, Arbeitsvisum beantragen, Wohnung kündigen, Flug buchen, mein Leben quasi in zwei Koffer packen und dann los ins Unbekannte – Aufregung pur.“
Gleich am ersten Tag in das Land verliebt
So begann für die damals 25-Jährige ein neuer Lebensabschnitt – rund 8000 Kilometer entfernt von ihrer Heimat. Geplant waren neun Monate für die Masterarbeit, doch das Leben hält sich nun mal nicht an Pläne. Schuld war – wie so oft – die Liebe. „Bereits am ersten Tag in Sri Lanka habe ich mich ein Stück weit verliebt: In die freundlichen Menschen, das leckere Essen, die Wärme und die bunten Farben überall“, erinnert sich Maren. Bei der Liebe für das Land blieb es nicht. „An einem Wochenende im April 2019 nahm mich meine Kollegin und gute Freundin mit auf einen Ausflug in die Berge. Dort verlor ich mein Herz vollends: An diesem magischen Ort im Knuckles-Gebirgszug und an diese besondere Person, die ich nun meinen Ehemann nennen darf.“
Gemeinsam mit Mithra hat Maren die kleine Bio-Farm „Camp Coconut“ aufgebaut. „Unser Hof beherbergt an die hundert freilaufende Hühner, Perlhühner und Enten, fünf Kühe, Kokosnusspalmen sowie andere heimische Obstbäume und verschiedene Gewürzpflanzen wie Zimt, Chilis und Pfeffer“, beschreibt Maren das Ambiente. Beim Futter legen die Inhaber auf Nachhaltigkeit: „Unsere geflügelten Tiere füttern wir fast ausschließlich mit Lebensmittelabfällen, die wir täglich von Supermarktfilialen und kleineren Gemüseständen abholen. Da kommen pro Tag an die 200 bis 250 Kilo zusammen. Das ist genug, um auch unsere Biogasanlage zu ,füttern‘, welche uns mit reichlich Gas zum Kochen versorgt.“ Es landen weniger organische Abfälle auf der Mülldeponie.
Auch Upcycling ist Thema auf der kleinen Bio-Farm
Nachhaltig sind Maren und Mithra auch in ihrer Holzwerkstatt, in der sie hauptsächlich aus recycelten Materialien Tische und Stühle schreinern. Und Maren geht noch einem anderen Hobby nach: „Ab und an nehme ich mir Zeit für Kreativität und bemale entweder Leinwände oder unsere Wände.“ Diese Kunstwerke bekommen die Gäste zu Gesicht, wenn sie einen Blick an die mit Blumen bemalten Wände in der rustikalen Küche werfen oder in einem der beiden Doppelzimmer umgeben von bunten Fischen duschen. Ihre Arbeitstage lassen Maren und Mithra gerne am nahen Black Sand Beach ausklingen; manchmal gehen sie surfen.
Die Idee von „Camp Coconut“: Ferien auf dem Bauernhof mit entspannten Strandtagen oder Surfstunden zu verbinden. Gäste können auch sri-lankische Mahlzeiten probieren – von Pol Rotis (Kokosfladen), über Kürbis-, Rote-Bete-, Fisch- und Fleischcurrys bis hin zu Halapa, in Blättern gekochte Braunhirsefladen, gesüßt mit Kithul-Sirup, der geschmacklich an Ahornsirup erinnert.
„Das Leben ist auf jeden Fall entspannter“
Und wie ist das Leben in Sri Lanka im Vergleich zu dem in Deutschland? „Auf jeden Fall entspannter“, sagt Maren. „Es wird irgendwie nicht alles so ernst genommen; wahrscheinlich, weil die Gewichtung für das Wichtige im Leben anders gesetzt ist. Es wird großer Wert auf Familie, Hilfsbereitschaft und Wohlbefinden gelegt.“ Ganz anders als in Deutschland sind natürlich auch Klima und Natur, die geprägt ist von immergrünen Regenwäldern, Reisfeldern, Sandstränden und türkisblauem Meer. Das Problem: „Dieses Paradies wird leider zunehmend mit Abfällen aller Art verschmutzt. Die Abfallwirtschaft und das Umweltbewusstsein sind eben noch nicht so fortgeschritten“, bedauert Maren.
Zwar seien die Corona-Pandemie und die Wirtschaftskrise „einschneidende Ereignisse“ für das Land gewesen, sagt Maren. Touristisch gehe es aber wieder bergauf: „Wir haben dieses Jahr eine gute Saison.“ Es gebe auch keine Rationierung von Benzin mehr. Doch die Folgen sind immer noch sichtbar: Viele Hotels stehen im Rohbau, sind verwahrlost. Das Geld fehlt und die Materialkosten haben sich verdreifacht.
Touristische Hoffnung auf Digitale Nomaden
Maren kann sich zwar vorstellen, dass in Zukunft immer mehr Menschen aus kälteren Ländern nach Sri Lanka kommen, um als ,Digitale Nomaden‘ zu überwintern, wie es jetzt schon im Trend liege. Die Regierung sollte ihrer Meinung nach aber die Müllproblematik angehen. „Um die Landschaftsbilder Sri Lankas wieder zu verschönern und mehr Touristen anzuziehen, bedarf es umfangreicher Aktionen“, findet Maren. Trotzdem liebt sie ihre (neue) Heimat: „Unser Lebensstil wäre in Deutschland oder anderen westlichen Ländern deutlich schwieriger umsetzbar. Auch wenn es manchmal nicht leicht ist und ich meine Familie und Freunde aus der Heimat schrecklich vermisse, können wir uns ein Leben wo anders erst mal nicht vorstellen.“
INFORMATIONEN
Der Inselstaat Sri Lanka (von 1796 bis 1972 Ceylon) liegt südlich von Indien im Indischen Ozean. Die Fläche beträgt etwa 65610 Quadratkilometer. Die kürzeste Entfernung zwischen Indien (Kodiyakkarai) und Sri Lanka (Munasal) beträgt 54,8 Kilometer. Die vielfältige Landschaft Sri Lankas reicht von Regenwald und trockenen Ebenen bis hin zu Hochland und Sandstränden.
ANREISEN
Fluglinien steuern in Sri Lanka die Hauptstadt Colombo an der Westküste der Insel an. Die Flugzeit von Deutschland aus beträgt zwischen zehn und 15 Stunden.
ÜBERNACHTEN
•Einen Einblick in ein traditionelles Farmleben bekommen Gäste im Camp Coconut in Kamburugamuwa. Sie werden dort mit sri-lankischen Gerichten verwöhnt und können bei der Zimtherstellung mithelfen. Weitere Infos unter www.campcoconutsl.com.
•Shiva’s Beach Cabanas in Tangalle empfangen Touristen an einem scheinbar unberührten Traumstrand. Sie übernachten in kleinen Holzhütten mit Meerblick.
SONSTIGES
In Sri Lanka sollte man für die Wege Zeit einplanen, weil einiges los ist auf den Straßen, die oft recht unübersichtlich und schmal sind. Ein Erlebnis ist die Fahrt im öffentlichen Bus, inklusive Bollywood-Musik und Traumfänger.
• Ausflugstipps: eine geführte Tour durch den Yala-Nationalpark und ein Abstecher zur Nine Arches Bridge in Ella.
https://srilanka.travel
Redakteurin Lisa Brand traf sich bei einer privaten Reise mit der Oberpfälzer Auswanderin Maren und machte sich ihr eigenes Bild von Sri Lanka.
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