Das letzte Depot
Was bei der Planung des Ruhestands und des Nachlasses wichtig ist

18.05.2023 | Stand 16.09.2023, 21:57 Uhr

Wer etwas zu vererben hat, sollte zum einen eine Bestandsaufnahme seines Vermögens machen und sich zum anderen überlegen, wen er nach seinem Tod wie bedenken und beschenken will. Foto: Eibner, Imago

Mit der Ruhestandsplanung und der Regelung seines Nachlasses sollte man möglichst frühzeitig beginnen. Was dabei wichtig ist, erklären unabhängige Experten aus der Region beim kostenlosen Vermögens-Check in Zusammenarbeit mit unserer Zeitung. Mit diesem Teil endet unsere fünfteilige Serie.



Es ist ein eher unangenehmes Thema, denn wer macht schon gerne Pläne für die Zeit nach dem eigenen Tod? Trotzdem ist es wichtig, sich frühzeitig darum zu kümmern, was mit seinem Hab und Gut geschieht, wenn man nicht mehr auf der Welt ist. Wer soll später worauf Zugriff haben? Wer soll was bekommen?

Ingo Fischer, Direktor der Bayerischen Vermögen BV GmbH in München, rät, zunächst einmal das liquide Vermögen anzuschauen und einen Anlagen-Check zu machen. Der Eintritt in den Ruhestand sei oftmals der Startschuss für eine neue Lebensphase, in der die finanziellen Verhältnisse neu geordnet würden. „Wenn ich dann mein Investmentdepot anschaue, muss ich mir die Frage stellen, ob das noch alles in dieser Form für mich richtig ist, ob zum Beispiel die Risikostruktur noch passt.“

Fischers Erfahrung zufolge sinkt die Risikobereitschaft mit zunehmendem Alter, „man wird etwas defensiver“. Während ein 30-Jähriger Schwankungen auf dem Aktienmarkt noch in Kauf nimmt und darauf spekuliert, dass sich dieser schon wieder erholen wird, wenn er das Geld benötigt, denkt ein Älterer meist anders, weiß der Vermögensverwalter aus der Praxis. „Ein 65-Jähriger, der sich sein Vermögen aufgebaut hat und wahrscheinlich schon ans Weitergeben denkt, möchte große Schwankungen nicht mehr akzeptieren.“

Laufendes Einkommen durch Aktien oder Zinsen

Man sollte seine Anlagen also als Erstes nach deren Risikoeinstellung überprüfen, sagt Fischer. Der zweite Punkt sei die generelle Ausrichtung: „Vielleicht möchte man ein Depot mit laufendem Einkommen haben, dann kommt es auf eine kontinuierliche Dividendenausschüttung oder regelmäßige Zinszahlungen an.“ Konkret heißt das, auf Aktien von Unternehmen mit entsprechenden Dividenden zu setzen. Traditionell wären dies Firmen aus den Branchen Versorger und Versicherungen. Laufendes Einkommen lässt sich aber auch abseits der Aktien durch Zinsen generieren: „Momentan haben wir aufgrund des gestiegenen Zinsniveaus wieder eine erhöhte Nachfrage nach Staats- und Unternehmensanleihen“, berichtet der Vermögensverwalter.

Bei alldem geht es darum, trotz des Ruhestands ein regelmäßiges Einkommen zu erhalten, um das angesparte, zu vererbende Kapital nicht angreifen zu müssen. Hinzu kommen dann vielleicht noch betriebliche oder private Altersvorsorgeverträge, die fällig werden. Gedanken sollte sich der Ruheständler des Weiteren über Vollmachten machen, sagt Fischer. Eine Vollmacht kann sich nur auf einen bestimmt Bereich beziehen, zum Beispiel nur das Girokonto betreffen. „Dann gehe ich mit meinem Enkel einfach in die Bank und übertrage ihm die Vollmacht darüber.“ Daneben gebe es aber noch die Generalvollmacht oder Vorsorgevollmacht. „Damit darf mein Bevollmächtigter bei Behörden, Versicherungen, Banken, etc. Weisungen geben, wenn ich dazu nicht mehr in der Lage bin“, gibt Fischer ein Beispiel. Denn wenn ein Familienmitglied plötzlich krank wird, fallen viele Fragen an: Wer darf ärztliche Entscheidungen treffen? Wer das Pflegeheim aussuchen? Wer sagt der Krankenkasse wegen der Rechnungen Bescheid? Wer regelt den Zahlungsverkehr mit der Hausbank? Wer darf Geld abheben, um dem Betroffenen zum Beispiel Kleidung zu kaufen?

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„Dies alles kann man zwar zu Hause auch handschriftlich festlegen. Aber die sicherste Variante ist immer der Gang zum Notar“, betont Fischer. Der verlange zwar Gebühren, berate aber auch ausführlich und berücksichtige Feinheiten. Nicht zuletzt kann der Notar das Dokument in einem zentralen Register hinterlegen, das heißt, die Angehörigen müssen sich nicht erst auf die Suche machen, wenn es benötigt wird.

Auch die Erstellung einer Patientenverfügung hält der Vermögensverwalter für sehr wichtig. Denn wenn das im Sterben liegende Familienmitglied nur noch von Geräten am Leben erhalten wird, entlastet es die Nachkommen enorm, wenn sie dessen Willen kennen und nicht selbst über das Leben eines anderen entscheiden müssen.

Steuerliche Freibeträge und Nießbrauch nutzen

So früh wie möglich sollte man sich neben den Vollmachten auch Gedanken machen, wem genau man was zu Lebzeiten oder nach seinem Tod übergeben will. Das sei Fischer zufolge sinnvoll, um steuerliche Freibeträge nutzen zu können. „Alle zehn Jahre kann ich meinem Kind bis zu 400000 Euro ohne Zahlung von Schenkungssteuern weitergeben. Bei der Ehefrau sind es bis zu 500000 Euro. Aber der Teufel steckt im Detail, denn wenn die Ehefrau auch stirbt, kommt es ja erneut zum Erbfall.“

Nach der Bestandsaufnahme des Vermögens und dem Festlegen darauf, wer was bekommen soll, muss der letzte Wille schließlich schriftlich festgelegt werden. Auch hier gilt: Es geht mit einem handgeschriebenen Testament, aber besser ist es, dies beim Notar zu tun.

Neben der Nutzung von Freibeträgen bei der Schenkungssteuer lässt sich zudem mit dem Nießbrauch Steuern sparen. Wer etwa zu Lebzeiten dem Sohn eine vermietete Immobilie übergibt, sie aber mit Nießbrauch belastet, drückt den Wert der Immobilie nach unten, weil der Sohn die Miete nicht bekommt und damit kein Einkommen hat. Das wirkt sich steuerlich günstiger für ihn aus. Die Miete erhält nach wie vor der Vater oder die Mutter.

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Ähnlich verhält es sich bei Investment-Depots. Bekommt die Tochter zum Beispiel mit Nießbrauch belastete Staatsanleihen in Höhe von 500000 Euro, ist sie zwar Inhaberin der Anleihen, die Zinsen gehen aber nach wie vor auf das Konto der Person, die die Anleihen mit einem Nießbrauchsrecht weitergegeben hat. Damit sinkt der Wert der Staatsanleihen – vielleicht auf unter 400000 Euro – und kann steuerfrei weitergegeben werden.

„Aber über solche Punkte muss man in der Familie reden, das muss man durchdenken“, sagt Fischer. „Und das geht meist nur mit der Unterstützung von Experten, wie etwa spezialisierten Nachlassplanern oder Rechtsanwälten.“ Denn das Wichtigste bei einer Nachlassplanung sei in jedem Fall eine ganzheitliche, umfassende Betrachtung des Vermögens, der Familie und der rechtlichen Möglichkeiten.