Audi
Klage gegen Gender-Leitfaden wird verhandelt

09.06.2022 | Stand 22.09.2023, 22:24 Uhr

Nun wird verhandelt: Ein Volkswagen-Mitarbeiter möchte eine Unterlassung gegen die Audi AG wegen deren Gender-Regeln erstreiten. Wann ein Urteil fällt, ist völlig offen. Foto: Deck, dpa

Von Christian Tamm

Ingolstadt/Wolfsburg – Jetzt wird es also ernst im Streit um das Gendern bei Audi. Wie unsere Zeitung vor etwas mehr als einem Jahr berichtete, hatte ein Angestellter des Mutterkonzerns Volkswagen Klage gegen die Sprachregelungen des Ingolstädter Unternehmens eingereicht. Doch Audi lehnte es bislang ab, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Konsequenz: Am kommenden Dienstag sieht man sich nun am Ingolstädter Landgericht.

„Vorsprung beginnt im Kopf“

Doch was steckt hinter der Klage des VW-Mitarbeiters? Im März 2021 stellte Audi unter der inzwischen abgelösten Personalchefin Sabine Maaßen die interne und externe Kommunikation völlig neu auf. „Wertschätzung, Offenheit, Verantwortung und Integrität sind die Basis unserer Unternehmenskultur. Dies machen wir auch in unserer Sprache deutlich“, sagte Maaßen. Grundlage dessen war ein Leitfaden mit dem Titel „Vorsprung beginnt im Kopf“. Er wurde von einer Arbeitsgruppe verfasst und schildert auf 13 Seiten, wie gendersensible Sprache angewendet wird. Neben neutralen Formulierungen wie „das Vorstandsmitglied“ anstelle von „der Vorstand“ finden sich auch Partizipformen wie „Mitarbeitende“. Zudem soll wenn möglich das Gendergap angewendet werden. Die „Audianer_innen“ machten in der Folge bundesweit manche Schlagzeile. Und nicht nur das: Im Internet ergossen sich rasch Spott und Häme über Audi; bis hin zu handfesten Aufrufen zum Boykott der Marke mit den vier Ringen.

Der klagende VW-Mitarbeiter hat nach Aussagen seines Anwalts Dirk Giesen öfter und eng mit Beschäftigten der Audi AG zu tun − und solle sich daher ebenfalls an die Regelungen halten, obwohl er nicht bei den Ingolstädtern angestellt ist. Darin sieht die Klägerseite eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Wie Anwalt Giesen unserer Zeitung am Donnerstag erklärte, wolle man ein Grundsatzurteil erreichen. Natürlich verschließe man sich einer gütlichen Einigung nicht. Das Thema Gendern habe aber gesellschaftliche Relevanz – und gehöre geklärt. In früheren Gesprächen beklagte er „opportunistisch-heuchlerischen Gender-Wahn“.

Audi spricht von einer Empfehlung

Audi irritiert all das bis heute nicht. Die Marke mit den vier Ringen steht weiterhin zur Entscheidung, die gendersensible Sprache zu nutzen. Gendersensible Sprache sei Ausdruck der Haltung des Unternehmens für Chancengleichheit und Vielfalt. Man wolle die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu motivieren, einen bewussteren Umgang mit Sprache zu pflegen, wie eine Sprecherin unserer Zeitung am Donnerstag erklärte. Sie stellte jedoch klar: „Eine Verpflichtung zum Gendern gibt es nicht. Das Unternehmen nutzt gendersensible Sprache in seiner Kommunikation. Das heißt aber nicht, dass alle Beschäftigten in jeder E-Mail gendern müssen.“ Bei dem Leitfaden handle es sich laut Audi um eine „starke Empfehlung“. Zur Klage äußerte sich die Sprecherin mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht.

DK