Nach Duesmann-Rauswurf
Diese hohen Erwartungen werden an künftigen Audi-Vorstandschef Döllner gestellt

03.07.2023 | Stand 14.09.2023, 22:08 Uhr

Gernot Döllner ist in Audi-Kreisen kein Unbekannter – vor allem aus seiner Zeit bei der Schwestermarke Porsche, mit der Audi bekanntlich gemeinsam die Plattform PPE für Elektro-Fahrzeuge entwickelte. Doch bei all dem Sympathievorschuss, der ihm entgegenschlägt, sind seine Aufgaben nicht gerade klein. Foto: dpa

Wochen des Wandels bei Audi: Vergangenen Donnerstag wurde der bisherige Vorstandschef Markus Duesmann vom Aufsichtsrat vor die Tür gesetzt. Nachfolger wird der Strategiechef der Konzernmutter Volkswagen, Gernot Döllner. Die Erwartungen sind hoch.



Mehr Nachrichten rund um Audi lesen Sie auf unserer Sonderseite

Die Stabübergabe wird allerdings erst zum 1. September erfolgen. Nach den – vor allem im Nachhinein − als „Übergangschefs“ apostrophierten Vorstandschefs nach der Rupert-Stadler-Ära, Bram Schot und Markus Duesmann, soll nun ein Zeichen der Stabilität gesetzt werden. Dem Vernehmen nach wird Döllner im August, wenn während der Sommer-Betriebsferien nur wenige in der Audi-Zentrale werkeln dürfen, gemeinsam mit Duesmann eine geordnete Übergabe über die Bühne bringen.

Dennoch hat Döllner keine Zeit verloren und sich schon am Freitag im firmeninternen Netzwerk „mynet“ an die Audi-Beschäftigten gewandt. Dort stellt er sich als „Teamplayer“ vor, der „mit Ihnen allen (...) wieder an die Spitze“ fahren will. „Nur wenn wir als ein Team auf das Spielfeld laufen“, schreibt er, werde das gelingen. Wohl nicht ohne Hintergedanken erwähnt er gleich zu Beginn seines Schreibens seine bereits langjährige Kompetenz bei der „Verkürzung der Entwicklungszeiten“.

„Teamgeist-Schreiben“ gleich zum Auftakt



Mit seinem „Teamgeist-Schreiben“ geht er die eine wichtige Aufgabe gleich an, die ihm der in der Audi-Welt bekanntlich recht einflussreiche Betriebsrat ins Stammbuch geschrieben hat: Man hoffe, hieß es von Seiten des Betriebsrats, dass Döllner „Vorstand, Führung und Mannschaft wieder zusammenschweißt“. Was den Umkehrschluss zulässt, dass man sich bei Audi durchaus bewusst ist, dass in der Endphase der Duesmann-Ära der vielbeschworene Audi-Spirit ordentlich Federn lassen musste.

Im Zentrum des Sturms stand Markus Duesmann selbst, der offenbar ungefähr in dieser Reihenfolge einen großen Teil der Führung, des Vorstands und schließlich der Mannschaft verlor. „Es ging einfach nicht mehr“, kommentierte einer aus dem mittleren Management lakonisch.

Döllner in Audi-Kreisen kein Unbekannter



Gernot Döllner ist in Audi-Kreisen kein Unbekannter – vor allem aus seiner Zeit bei der Schwestermarke Porsche, mit der Audi bekanntlich gemeinsam die Plattform PPE für Elektro-Fahrzeuge entwickelte. Doch bei all dem Sympathievorschuss, der ihm entgegenschlägt, sind seine Aufgaben nicht gerade klein. Vor allem soll er endlich den seit eineinhalb Jahren erwarteten Q6 e-tron an den Start bringen, für dessen Nichterscheinen sicherlich nicht nur die zuliefernde VW-Software-Sparte Cariad die Verantwortung trägt.

Dazu kommt als große Aufgabe die Behauptung gegen die chinesischen Autobauer – nicht nur auf dem chinesischen Markt, auf dem Audi im vergangenen Jahr acht Prozent Absatz verloren hat, sondern im Grunde genommen auch in Europa und Nordamerika. Und was ist eigentlich aus dem groß angekündigten Projekt Artemis geworden, dem immer wieder verschobenen Audi wenn nicht Auto der Zukunft?

Bei alledem soll sich Döllner auch noch möglichst schnell das Audi-Gen wachsen lassen: Denn das Selbstvertrauen der Premium-Marke aus Ingolstadt ist immer noch groß. Die Rolle der „Konzerntochter“ spielt man in Ingolstadt nicht so gern. Wie formulierte es Betriebsratschef Peter Mosch recht deutlich als Aufgabe für den neuen Chef: „Die Stärkung der Rolle als eigenständige Marke mit unternehmerischer Freiheit innerhalb der Leitplanken des VW-Konzerns wird von zentraler Bedeutung sein.“

Und schließlich steht mittelfristig auch noch die Frage im Raum, wen Döllner aus Wolfsburg, Stuttgart oder von ganz woanders mitbringen wird. Gemeinhin steht nach einem Wechsel an der Spitze auch noch die eine oder andere personelle Veränderung in der zweiten und dritten Reihe an.