Das WM-Duell zwischen Marokko und Spanien ist nicht nur sportlich brisant. Die beiden Nationen unterhalten eine schwierige Beziehung.
Das Achtelfinalspiel der Fußball-Weltmeisterschaft zwischen Marokko und Spanien in Katar ist ein Duell zwischen den Auswahlteams zweier Nationen, die seit Jahrzehnten eine turbulente Beziehung unterhalten.
Nicht nur in politischer, sondern auch in sportpolitischer Hinsicht. Mit seiner ehemaligen Kolonie sowie mit Portugal wollte Spanien nämlich ursprünglich die WM 2030 ausrichten. Doch das (stets inoffizielle) Vorhaben einer gemeinsamen Kandidatur der Iberer mit dem nordafrikanischen Land wurde 2019 leise und ohne Angabe von Gründen verworfen. Nach spanischen Medienberichten war der europäische Dachverband UEFA dagegen.
Marokko ist erst 1956 von Frankreich und Spanien unabhängig geworden. 44 Jahre lang hatte Spanien Teile des heutigen marokkanischen Gebiets als «Protektorat» regiert. Die bis heute von einem Konflikt erschütterte und von Marokko beanspruchte West-Sahara blieb sogar bis 1975 eine spanische Kolonie. Nach dem Abzug der Spanier annektierte Marokko Teile des Territoriums. Seitdem kontrolliert Rabat weite Teile der dünn besiedelten, aber rohstoffreichen Wüstenregion.
Madrid spricht von Beginn einer «neuen Phase»
Die vom Marokko-Nachbarn Algerien unterstützte Bewegung Frente Polisario strebt dort aber weiterhin nach einem unabhängigen Staat. Immer wieder kommt es deshalb zu Gefechten zwischen Polisario und der marokkanischen Armee. International wurde der Anspruch Marokkos bisher aber unter anderem auch von den Vereinten Nationen nicht anerkannt. Im März dieses Jahres räumte Madrid allerdings erstmals ein, dass die Westsahara - wie von Marokko vorgeschlagen - eine autonome Provinz unter marokkanischer Souveränität sein könne.
Madrid gab wenig später auch den Beginn einer «neuen Phase» in den Beziehungen zu Marokko bekannt, die auf Respekt beruhen und die Stabilität und territoriale Integrität beider Länder gewährleisten werde. Das gefiel Algerien natürlich nicht, die Spannungen zwischen Madrid und Algier sowie zwischen Algier und Rabat wurden größer.
Da Spanien aber in Marokko noch die Exklaven Ceuta und Melilla hat, ist Madrid auf Rabat angewiesen - vor allem bei der Kooperation bei den Grenzkontrollen. In der Nähe der Exklaven warten Zehntausende Afrikaner auf eine Gelegenheit, in die zur EU gehörenden Gebiete zu kommen. Meistens versuchen mehrere Hunderte auf einmal, die Beamten zu überraschen und über die Grenze zu kommen. Häufig warfen spanische Politiker und Medien Rabat vor, die Lockerung der Grenzkontrollen als politisches Druckmittel einzusetzen.
© dpa-infocom, dpa:221205-99-781015/4
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