Champions-League-Aus
Kommentar: Der FC Bayern sollte wenigstens ein guter Verlierer sein

10.05.2024 | Stand 10.05.2024, 16:55 Uhr

Aus der Traum von Wembley: Der FC Bayern bleibt erstmals seit 2012 titellos. Foto: Imago Images

Szymon Marciniak ist ohne Zweifel ein sehr guter Schiedsrichter, sonst hätte er es ja kaum bis ins WM-Finale 2022 geschafft. Am Mittwochabend in Madrid hatten der Pole und sein Gespann aber einen ganz schlechten Tag erwischt. In der ersten Halbzeit waren Marciniak und Co. im Tiefschlaf, als ein zweiter Ball auf dem Spielfeld umherirrte.

Tief in der Nachspielzeit des zweiten Durchgangs waren die Polen im Zuge von Matthijs de Ligts Abschluss bei ihrer Abseitsentscheidung übereifrig, dass Bayerns letzte Chance auf den Ausgleich abrupt dahin war. Doch wenn der größte Ärger der Münchner über ihren geplatzten Wembley-Traum wieder verraucht ist, werden sie erkennen, dass sie eines nicht tun sollten: Marciniak die Schuld an ihrem Europacup-K.-o. zu geben.

Sein vorschneller Pfiff hat die schmerzhafteste Münchner Niederlage seit dem „Finale dahoam“ 2012 besiegelt, aber nicht verursacht. Die Bayern sind im Halbfinale nicht am Schiedsrichter gescheitert, sondern schon wie die ganze Saison über an sich selbst. Angefangen bei der missratenen Transferpolitik oder irrsinnig vielen Blessuren der Spieler, im Zuge derer sich nie eine sattelfeste Defensive finden oder eine Stammelf einspielen konnte. Trainer Thomas Tuchel war viel zu oft gezwungen, verletzungsbedingt zu wechseln – und nicht taktisch.

FC Bayern machte zu vielen Fehler – schon seit Sommer

Hinzu kommen die häufigen krassen Schnitzer, wie der fatale „Doppelpack“ Min-jae Kims, der die Münchner den Sieg im Hinspiel kostete. Und als beim 1:1 im Rückspiel mit dem zuvor exzellent haltenden Torhüter Manuel Neuer auch noch die bayerische Zuverlässigkeit in Person böse patzte und beim 1:2 die Abwehr wieder mal kollektiv schlief, war die erste titellose Saison des deutschen Rekordmeisters seit über einer Dekade nicht mehr abzuwenden.

Vorstandsboss Jan-Christian Dreesen sagte beim Bayern-Bankett am frühen Donnerstag nicht viel, aber zwei wichtige Dinge: Der 56-Jährige erinnerte seine Schäfchen daran, welch große Motivation der Klub aus seiner letzten Saison ohne Trophäe ziehen konnte. Und weiter meinte Dreesen: „Wir wollen heute kein schlechter Verlierer sein.“ Dazu gibt es auch keinen Anlass, denn an ihrem Status quo sind die Münchner selbst schuld. Deshalb sollten sie anständige Verlierer sein – mehr ist in dieser Saison aus Bayern-Sicht nicht mehr drin.