Torejagd auf schwierigem Gelände

In Nassenfels soll ein neues Sportgelände entstehen – in einem Moorgebiet

21.06.2022 | Stand 23.06.2022, 15:49 Uhr

Umstrittenes Vorhaben: In der Nachbarschaft des Schlosses von Nassenfels (links) soll ein 2,66 Hektar großes Sport- und Erholungszentrum entstehen. Das Vorhaben spaltet die Gemeinde im Landkreis Eichstätt, weil das Gelände ein sensibles Moorgebiet ist. Foto: Funk

In einer idyllischen 2240-Seelen-Gemeinde Nassenfels im Landkreis Eichstätt soll ein neues Sportgelände entstehen. In anderen Orten ist das ein Grund zur Freude, in Nassenfels spaltet das Projekt den Ort.

Der Grund: Das 2,66 Hektar große Vorhaben mit Sport- und Freizeitplätzen und einem Vereinsheim soll ausgerechnet in einem sensiblen Moorgebiet entstehen.

Zur Vorgeschichte: Seit Jahren möchte der FC Nassenfels seine Sportanlagen auf Vordermann bringen. Und nachdem die Gastwirtschaft im Ort, die die Sportler als Vereinsheim nutzen, aufgeben will, soll die Anlage gleich noch um ein Vereinsheim erweitert werden. Das Problem: Wasserwirtschaftsamt und Landratsamt lehnen das Projekt ab, denn die Sportanlagen liegen in einem Moorgebiet, das zudem als Wasserschutzgebiet ausgewiesen ist.

Die Gemeinde Nassenfels nutzte ein Sonderförderprogramm des Freistaats Bayern und plante nicht nur ein ganzes Vereins- und Erholungszentrum. Der Name: Schutterpark. Es soll am südöstlichen Ortsrand entstehen. „Die anderen Standorte waren entweder vom Grunderwerb zu teuer, von der Erschließung zu aufwendig oder hätten die Entwicklungsmöglichkeiten der Gemeinde zu stark eingeschränkt“, sagt Nassenfels Bürgermeister Thomas Hollinger (CSU/FW).

Die Gegner fürchten Vernichtung des Moors

Der Vorteil der ausgewählten Fläche: Sie liegt nicht in einem Wasserschutzgebiet und ist leicht zu erschließen. Der Nachteil: Sie ist Moorgebiet. Schnell entwickelte sich Widerstand. Die Gegner sahen mit dem Moor einen für das Klima wichtigen CO2-Speicher in Gefahr. Kerstin Merkel ist eine von ihnen. Mit der Initiative „Rettet das Schuttertal“ kämpft sie gegen den neuen Standort. Angesichts der breiten Debatte über die überragende Bedeutung der Moore für den Klimaschutz wirkt das Projekt für sie „wie aus der Zeit gefallen“ – und sie kritisiert vor allem die CSU für ihr bedingungsloses Festhalten an dem Vorhaben.

Auch Josef Speth ist ein überzeugter Gegner des Schutterparks. Er geht davon aus, das der Moorboden, auf dem der Park entstehen soll, 12 oder vielleicht sogar bis zu 15 Meter tief reicht. „Wir leben hier im Moorgebiet, wir kennen uns damit aus“, sagt er: Sein eigenes Haus steht ebenfalls im Moorgebiet. Bis zu 15 Meter tief mussten die Rammpfähle damals in den Moorboden getrieben werden, bis sie auf festen Untergrund trafen. Ob er sich keine Gedanken über Schäden für das Moor gemacht hat? „Die Zusammenhänge haben wir damals noch nicht gewusst.“

Befürworter sehen geringen Eingriff in die Natur

Die Befürworter behaupteten dagegen lange, dass am geplanten Standort für den Schutterpark gar kein Moor sein könne, da die Fläche in der bayerischen Moorbodenkarte nicht aufgeführt sei. Genau diese Moorkartierung aber ist der wunde Punkt an der öffentlichen Debatte: Bei einem Bürgerentscheid am 26. April stimmten 53,3 Prozent der Ortsbevölkerung für den Schutterpark. Wenige Tage später wurde im Umweltausschuss des Eichstätter Kreistages die neue Moorkarte für den Landkreis vorgestellt. „Sie belegt, dass der Schutterpark auf einer schützenswerten Moorfläche entstehen soll“, sagt Projektgegnerin Merkel. Das sei im Landratsamt bereits Mitte März bekannt gewesen, die Information sei aber bis nach dem Bürgerentscheid zurückgehalten worden. „War das bewusstes Timing, mit dem verhindert werden sollte, dass die Ergebnisse Einfluss auf den Ausgang des Bürgerentscheids hätten nehmen können?“, fragte sie.

„Das ist gelinde gesagt unzutreffend“, sagt Landrat Alexander Anetsberger (CSU) auf Nachfrage unserer Zeitung. Natürlich habe es laufend Gespräche mit dem Gutachter gegeben, „aber das war Organisatorisches. Das Gutachten haben auch wir im Umweltausschuss am 5. Mai das erste Mal gesehen“. Anetsberger sagt, er könne die Ungeduld der Schutterpark-Gegner durchaus verstehen. „Aber wir werden hier für etwas verantwortlich gemacht, wofür wir nichts können.“

Dass das Eichstätter Landratsamt das Gutachten nicht schon vorher hat einsehen können, bestätigt auch das mit dem Gutachten beauftragte Forstbüro Loringhoven. „Im März war das Gutachten noch gar nicht fertig, ich habe die Ergebnisse im Ausschuss am 5. Mai erstmals vorgestellt“, so der Bodenexperte Odo Baron von Freytag-Loringhoven.

Bürgermeister hält am Projekt fest

Zudem widerspricht der Experte der Darstellung der Schutterpark-Gegner, dass das Moor bei einem Bau der Anlage unwiederbringlich verloren ist. „Die Pfähle für ein Gebäude machen das Moor nicht kaputt“, sagt von Freytag-Loringhoven.

Für Nassenfels’ Bürgermeister Hollinger ist es keine Frage, dass das Projekt jetzt durchgezogen wird. „Der Bürgerentscheid kommt einer Entscheidung des Marktrates gleich: Der Schutterpark wird gebaut.“ Baubeginn soll noch in diesem Jahr sein. Merkel sagt für die Gegner: „Wir werden das Projekt sehr genau beobachten, vor allem die Auswirkungen auf das gesamte Moor und die Kostenentwicklung. Aber auch die Verkehrszunahme und Lärmentwicklung wird ein Thema sein. Dazu werden wir wenn nötig intervenieren und die Bürger regelmäßig informieren.“

Der Vorsitzende des FC Nassenfels, Sebastian Crusius, ist jedenfalls zuversichtlich, dass wieder Frieden im Ort einkehrt. „Ich denke, dass die Nassenfelser sehr schnell merken, dass es ein wirklich gutes Projekt ist.“

Ob die Nassenfelser aber viel Freude an den Fußballplätzen haben werden, ist fraglich. Bodengutachter von Freytag-Loringhoven: „Ich bin kein Baubiologe, aber ich fürchte, dass der Platz früher oder später wellig wird.“

DK