Auszahlung „missbrauchsanfällig“
Bericht: Viele Pflegekräfte haben Corona-Prämie nicht erhalten

15.09.2022 | Stand 22.09.2023, 5:39 Uhr

Der Bundesrechnungshof (BRH) habe die Corona-Prämien für Pflegeeinrichtungen geprüft und sei zu der Erkenntnis gekommen, dass das Verfahren zur Auszahlung der Prämien „fehler- und missbrauchsanfällig“ gewesen sei. −Symbolbild: dpa

Viele Pflegekräfte haben laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ den 2020 versprochenen, staatlich finanzierten Corona-Bonus offenbar nicht erhalten.



Der Bundesrechnungshof (BRH) habe die Corona-Prämien für Pflegeeinrichtungen geprüft und sei zu der Erkenntnis gekommen, dass das Verfahren zur Auszahlung der Prämien „fehler- und missbrauchsanfällig“ gewesen sei. So steht es in einem aktuellen Prüfbericht des BRH, der dieser Tage an den Bundestag ging und der „Süddeutschen Zeitung“, NDR und WDR vorliegt.

Zahlreiche Einrichtungen hätten dem Bericht zufolge „keine Auszahlung der Bundesmittel“ beantragt, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“ am Donnerstag. Andererseits hätten manche Firmeninhaber die staatliche Prämie nicht nur für ihre Beschäftigten, sondern „zu Unrecht“ auch für sich selbst geltend gemacht.

Befürchtung: 2022 auch Unregelmäßigkeiten

Der Bundesrechnungshof befürchte, dass sich die Unregelmäßigkeiten bei der Corona-Prämie in diesem Jahr wiederholten. Die Auszahlungen der Prämie für 2022 an die 1,2 Millionen Beschäftigten sollten nach dem gleichen Muster erfolgen wie beim ersten Corona-Bonus. Dafür stehen eine Milliarde Euro zur Verfügung.

Der BRH zieht laut Zeitung insgesamt ein düsteres Fazit bei Corona-Hilfsmaßnahmen des Staates für Krankenhäuser, für Pflegekräfte und mit den kostenlosen Schnelltests für die Bürgerinnen und Bürger. „In weiten Teilen wurde und wird absehbarem Missbrauch bei der Mittelverwendung nicht durch Verfahrensregelungen effektiv gegengesteuert.“ Die Kritik trifft Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ebenso wie seinen Amtsvorgänger Jens Spahn (CDU).

Der Bericht der Kontrollbehörde soll im November im zuständigen Haushalts- beziehungsweise Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestags beraten und erst dann veröffentlicht werden.

Verdi: „Einfach nur noch schändlich“

Dass viele Pflegekräfte den Corona-Bonus gar nicht bekämen, hatte im Frühjahr bereits die Gewerkschaft Verdi kritisiert. Das sei „einfach nur noch schändlich“, empörte sich Vorstandsmitglied Sylvia Bühler. Es gehe um Beschäftigte, die oft nur den Mindestlohn bekämen und die in der Pandemie „extrem gefordert und gefährdet“ seien. Bühler verwies auf eine Studie einer Steuerberatungsgesellschaft, die Zahlen von mehr als tausend Pflegediensten analysiert hatte.

Das Ergebnis der offenbar nicht repräsentativen Studie war laut Zeitung niederschmetternd. Nur knapp 60 Prozent der Beschäftigten in der Altenpflege hätten 2020 einen Corona-Bonus erhalten. Auch die Höhe der Prämie habe stark geschwankt - zwischen 757 Euro im Schnitt pro Person in Bayern und 1125 Euro in Sachsen-Anhalt. Für das Versagen von Pflegediensten bei der Auszahlung der Prämie kann es nach Ansicht von Verdi-Vorständin Bühler „keine Entschuldigung geben“. Pflegeheime und Pflegefirmen müssten in der Lage sein, „eine staatlich finanzierte Prämie zu beantragen und an die Beschäftigten weiterzureichen“.

− kna