Antidiabetikum
Semaglutid: Abnehmspritze soll Übergewichtigen helfen – Nachteile für Diabetiker

14.11.2023 | Stand 14.11.2023, 14:05 Uhr

Das Antidiabetikum soll zum Beispiel das Sättigungsgefühl verstärken und das Hungergefühl senken. Die Spritze ist für krankhaft übergewichtige Menschen gedacht. − Foto: Lino Mirgeler

Ein Pieks pro Woche soll krankhaft übergewichtigen Menschen helfen, endlich schlanker und gesünder zu sein. Das versprechen sogenannte Abnehmspritzen. In Deutschland – wo laut Robert Koch-Institut über die Hälfte der Bevölkerung als übergewichtig gilt – klingt das schon fast nach einer Revolution. Das muss man über Abnehmspritzen wissen:



So viel kann man abnehmen

In den Abnehmspritzen ist das Antidiabetikum Semaglutid enthalten. Wie die Adipositas Gesellschaft mitteilt, handelt es sich bei Semaglutid um ein nachgebildetes Darmhormon. Das Antidiabetikum soll zum Beispiel das Sättigungsgefühl verstärken und das Hungergefühl senken. 2,4 mg des Wirkstoffs können Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 kg/m² oder höher sowie einem BMI von 27 kg/m² mit einer Begleiterkrankung verschrieben werden. So heißt es in der EU-Zulassung.

Laut einer Pressemitteilung der Adipositas Gesellschaft sind folgende Ergebnisse möglich: „Bei einer Kombination einer Basistherapie und einer Anwendung von Semaglutid 2,4 mg (wöchentlich) liegt die durchschnittliche Gewichtsreduktion der Zulassungsstudie zufolge bei Menschen mit Adipositas, die nicht an Diabetes erkrankt sind, nach einem Jahr bei etwa 15 Prozent des Ausgangsgewichts.“ Jeder Dritte soll sein Gewicht sogar um mindestens 20 Prozent reduzieren.

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Das sind die Nebenwirkungen der Abnehmspritze

Die Adipositas Gesellschaft nennt den Wirkstoff „insgesamt relativ gut verträglich“ sofern die Dosis langsam gesteigert werde. Der Hersteller Novo Nordisk nennt als häufigste Nebenwirkungen der Abnehmspritze Wegovy Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Verstopfung und Bauchschmerzen. Es sind jedoch auch weitaus schlimmere Nebenwirkungen möglich. Darunter Schilddrüsentumoren, einschließlich Krebs, Depression, Bauchspeicheldrüsenentzündung und einige mehr.



Wirkstoff auf keinen Fall leichtfertig nutzen

Ohne den Rat eines Arztes sollten diese Spritzen niemals hergenommen werden. Denn: Semaglutid ist für den Einsatz bei lediglich leichtem Übergewicht und ohne Diabetes weder vorgesehen noch geprüft. Das teilt Stiftung Warentest mit. „Semaglutid ist verschreibungspflichtig und gehört zwingend unter ärztliche Kontrolle. Arzneimittel zur Gewichtsreduktion sollen nach einhelliger Einschätzung keinesfalls unkontrolliert als Abnehm-Mittel für die Allgemeinbevölkerung ohne Vorliegen der Indikation angewendet werden“, mahnt auch die Adipositas Gesellschaft. Es handle sich hierbei um ein „verschreibungspflichtige Arzneimittel zur ergänzenden Behandlung von krankhaftem Übergewicht beziehungsweise Adipositas“. Laut den aktuellen Daten muss Semaglutid auch regelmäßig hergenommen werden, denn nach dem Absetzen könne es wieder zu einer Gewichtszunahme kommen.

Eigentlich zur Behandlung von Typ 2-Diabetes



Der Wirkstoff Semaglutid wurde anfangs eigentlich zur Behandlung von Typ-2-Diabetes eingesetzt. Dabei senkt es nicht nur das Körpergewicht des Patienten, sondern laut der Website diabetes-deutschland auch den Blutzucker, „ohne für sich alleine gegeben Unterzuckerungen zu verursachen“.

Der Hype um die sogenannten Abnehmspritzen hat für Diabeteker einen großen Nachteil: Immer wieder kommt es bei den Spritzen zu Engpässen. So gibt es unter anderem Lieferengpässe beim Produkt Ozempic. Ähnlich ist es mit dem Produkt Trulicity (Wirkstoff Dulaglutid) der Firma Lilly Deutschland GmbH. Das Unternehmen teilte kürzlich mit: „Die weltweite Nachfrage nach GLP-1-RA ist sehr hoch und hat zuletzt ein Ausmaß erreicht, das die gesamte Arzneimittelindustrie vor große Herausforderungen stellt. So wird auch Lilly den globalen Bedarf an Trulicity in nächster Zeit nicht vollständig abdecken können.“

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte teilt zu den Produkten mit, es werde „ein stetiger Anstieg des Verbrauchs beobachtet, der unter anderem durch den Off Label Einsatz dieser Arzneimittel in der Behandlung der Adipositas hervorgerufen wird“. Als alleinige Abnehmspritze ist in Deutschland nur das Produkt Wegovy zugelassen. Aber: Wie die Pharmazeutische Zeitung berichtet, müssen Patienten für die Wegovy doppelt so viel zahlen wie für das dosisgleiche Ozempic-Präparat.