Durststrecke beendet
Heim-EM: Deutschlands Basketballer gewinnen gegen Polen Bronze

18.09.2022 | Stand 19.09.2022, 11:26 Uhr

Das Team um Kapitän Dennis Schröder gewann am Sonntag das Spiel um Platz drei gegen Polen mit 82:69. −Foto: Soeren Stache/dpa

Das Medaillenziel ist erfüllt: Deutschlands Basketballer gewinnen bei der Heim-EM Bronze und beenden in Berlin eine lange Durststrecke.



Superstar Dirk Nowitzki gönnte sich nach dem vollbrachten Bronze-Coup ein Glas Sekt, Anführer Dennis Schröder zog es direkt zu seinem ausgemusterten Vorgänger Robin Benzing: Die deutschen Basketballer haben bei der Heim-EM eine Medaille erobert und damit eine 17 Jahre lange Flaute beendet. Direkt nach dem 82:69 (36:23)-Erfolg über Außenseiter Polen begann in der gut besuchten Arena in Berlin die Party. „Das ist richtig geil. Ich glaube, es ist schön, dass wir uns belohnt haben für tolle sechs, sieben Wochen. Es hat richtig Spaß gemacht“, sagte NBA-Jungstar Franz Wagner zum Coup.

Der neue Kapitän wurde vom Publikum gefeiert



Mit 26 Punkten führte Schröder den Gastgeber zu Bronze und damit zum ersten Podiumsplatz seit 2005, als Nowitzki und Co. in Serbien Silber gewannen. Ihre Medaillen erhielten Schröder, Wagner und Co. unmittelbar und noch vor dem Finale, vor allem der neue Kapitän wurde nach schwierigen Jahren vom Publikum gefeiert und mit „MVP! MVP!“-Rufen bedacht.

Daniel Theis feierte den Coup mit seinen Kids und dem offiziellen Maskottchen, auf dem Podium kam das gesamte Team für ein Jubelfoto zusammen, bevor sich die Bronze-Helden mit ihren Medaillen um den Hals euphorisch in die Kabine verabschiedeten. „Wir hatten auf ein bisschen mehr gehofft, aber ich denke, wir können super zufrieden und super stolz sein. Die Medaille gehört ein bisschen auch Robin“, sagte Andreas Obst mit Bezug auf Ex-Kapitän Benzing. Wagner meinte frech: „The sky is the limit.“

Das neunte deutsche EM-Spiel in 18 Tagen war über weite Strecken von Kampf und Krampf geprägt, doch das war egal. Vor offiziell 12.913 Zuschauern, darunter auch der langjährige Führungsspieler Benzing, wirkten vor allem die Polen ausgezehrt und überspielt. Deutschland hatte anfangs trotzdem Mühe und kam erst kurz vor der Halbzeit richtig in Schwung.

Basketball-Euphorie in Deutschland aufgekommen



Anders als bei den Basketball-Festabenden gegen Griechenland (107:96) im Viertelfinale und Spanien (91:96) im Halbfinale wirkte die Stimmung auch in der Arena diesmal etwas gedämpfter. Dabei war in den vergangenen Tagen ein Stück Basketball-Euphorie in Deutschland aufgekommen - auch, weil RTL ab dem Viertelfinale alle drei deutschen Spiele im Free-TV übertrug.

Der Medaillencoup in seinem ersten Turnier ist Bundestrainer Gordon Herbert hoch anzurechnen. Der 63-Jährige hatte seit dem Amtsantritt vor einem Jahr mit vielen Widrigkeiten zu kämpfen: Die WM-Quali bestritt er mit einem B-Team, auch für die Heim-EM fehlten feste Bestandteile wie Maxi Kleber, Moritz Wagner oder Isaiah Hartenstein. Doch Schröder trug das funktionierende Kollektiv bis ins Halbfinale und damit weiter als die NBA-Stars Nikola Jokic (Serbien), Luka Doncic (Slowenien) und Giannis Antetokounmpo (Griechenland) ihre zu Beginn deutlich höher gehandelten Teams.

Um fröhlich und stolz aus der EM zu gehen, musste aber auch das kleine Finale gewonnen werden. „Ich hoffe, dass sich die Jungs heute belohnen“, sagte Ingo Weiss als Präsident des Deutschen Basketball Bundes (DBB) vor der Partie. Chefcoach Herbert setzte wieder auf das gleiche Personal, das am Freitagabend noch knapp gegen Spanien verloren hatte. „Wichtig war nicht nur die physische Erholung, sondern auch die mentale“, sagte Herbert bei RTL. Die Niederlage im Halbfinale hatte er sich auch selbst angelastet.

Benzing als Zuschauer und Fan dabei



Das Spiel gegen Polen war zunächst von vielen Unkonzentriertheiten und Fehlern geprägt. Sinnbildlich stand ein freier Dunk von NBA-Profi Daniel Theis, der den Ball nicht in den Korb, sondern leichtfertig auf den Ring setzte. Auch der zuvor im Turnier so starke Kapitän Schröder brauchte etwas Anlaufzeit, war aber mit zwölf Zählern zur Halbzeit schon wieder Deutschlands Top-Werfer.

Sein Vorgänger Benzing saß in Reihe eins und klatschte bei guten Aktionen immer wieder. „Die Jungs haben mich alle begrüßt vor dem Spiel, da kam Pipi in meine Augen“, sagte der 33-Jährige bei Magentasport. Die im August vorgenommene Aussortierung verlief nicht friedlich, doch pünktlich zum Medaillenspiel war Benzing wieder da - zumindest als Zuschauer und Fan. Er sei natürlich enttäuscht gewesen, habe aber alle Spiele geguckt, fügte Benzing an.

Johannes Voigtmann sagte nach einer durchwachsenen Halbzeit, die trotzdem mit 13 Punkten Vorsprung endete: „Defensiv profitieren wir davon, dass die Polen auch nicht viel treffen. Aber insgesamt ist die Defensive in Ordnung.“ Theis stellte klar, dass es viel ums Mentale gehe. Die erschöpften Polen hatten wie beim 54:95 gegen Frankreich im Halbfinale zunächst nicht viel zuzusetzen. Doch dann leistete sich das Herbert-Team einen krassen Einbruch, Polen glich zum 59:59 aus. Dann fielen aber endlich die deutschen Dreipunktwürfe und die Medaillenparty für Schröder und Co. konnte beginnen. „Das hätte ich mir selber so nie erträumen lassen, dass ich mit Medaille dastehe“, sagte Obst.

− dpa