Amtsgericht München
Urteil: Verfallene Burg darf «Lost Place» genannt werden

22.07.2022 | Stand 24.07.2022, 22:01 Uhr

Justitia - Eine Figur der blinden Justitia. - Foto: Christoph Soeder/dpa/Symbolbild

Darf eine Burg in Thüringen als «Lost Place» («verlorener Ort») bezeichnet werden? Nach Ansicht der Richter am Amtsgericht München: Ja. Wie ein Justizsprecher am Freitag mitteilte, ist die Klage der Eigentümerin der Burg, eine US-amerikanische Gesellschaft, abgelehnt worden. Das Urteil ist rechtskräftig.

Der Betreiber einer Internetseite veröffentlichte 2018 unter der Rubrik «Lost Places» Fotos der Burg. Die Eigentümerin klagte auf Schadenersatz wegen Urheberrechtsverletzung und gab an, die Bezeichnung, die Burg sei ein «Lost Place», sei unwahr.

Die Richter sahen dies anders: Aus den von der Klägerin selbst vorgelegten Lichtbildern ergebe sich «unzweifelhaft», dass das Objekt leer stehe und sich nach der Außenansicht zu urteilen zudem tatsächlich in einem äußerst schlechten baulichen Zustand befinde, so dass zumindest der Verfall drohe, hieß es in der Urteilsbegründung. «Wenn der Beklagte eine derartige Immobilie als «Lost Place» bezeichnet, handelt es sich daher um eine offenkundig wahre Tatsachenbehauptung.»

Die Klägerin hatte den Angaben nach behauptet, dass das Gebäude urheberrechtlich geschützt und sie die Inhaberin der Urheberrechte sei. Die ungenehmigte Anfertigung der Bilder habe eine Verletzung des «ausländischen Copyrights» der Klägerin dargestellt. Hierfür verlangte sie 3000 Euro Schadenersatz. Die Verbreitung der Fotos habe den «foreign copyright claim» und moralische Rechte verletzt, zudem sei die Burg weder verloren noch verlassen. Hierfür sollten weitere 1500 Euro Schadenersatz fällig werden.

Die Richter urteilten, dass die Eigentümergesellschaft nicht die Urheberin der Burg sei und diese auch nicht errichtet habe - die Burg sei im 9. Jahrhundert erstmals erwähnt und nach einem Brand im 14. Jahrhundert wiederaufgebaut worden. Schadenersatzansprüche angesichts der Bezeichnung als «Lost Place» und wegen der Verletzung moralischer Rechte, sahen die Richter ebenfalls nicht.

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