Studie in München vorgestellt
Mehr als 100 Missbrauchsfälle bei Pfadfindern in Deutschland

29.02.2024 | Stand 29.02.2024, 14:26 Uhr

Ein Pfadfinder trägt während einer Pressekonferenz zur Vorstellung einer Studie zu sexualisierter Gewalt bei den Pfadfindern das Symbol des Bundes Deutscher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (BdP) an einem Halstuch. − Foto: Lukas Barth/dpa

Mehr als 100 Betroffene und Dutzende Beschuldigte: Eine Studie hat zahlreiche Missbrauchsfälle bei den Pfadfindern in Deutschland aufgelistet. Diese ist am Donnerstag in München vorgestellt worden.



Die Untersuchung, die das Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) am Donnerstag in München vorstellte, geht von mindestens 50 Beschuldigten und 123 Betroffenen im Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder (BdP) aus. Dazu kommen der Studie zufolge 24 Beschuldigte und 26 Betroffene, die zwar aus dem „Pfadfinderkontext“ stammen, aber nicht zum Verband gehören. Nach Angaben des BdP handelt es sich um die erste derartige Untersuchung in Deutschland, die sich auf einen Jugendverband bezieht.

Täter nahezu ausschließlich männlich



Betroffen waren nach Angaben der Wissenschaftler ebenso viele Mädchen wie Jungen, die Täter seien allerdings nahezu ausschließlich männlich. Dabei gebe es „zwei Prototypen“, heißt es in der Studie: der ältere, erwachsene Pfadfinder und der Jugendliche oder junge Erwachsene, „der seine Stellung als Leitungsfigur benutzt, um Jüngere sexuell auszubeuten“. Das IPP München, das unter anderem sexuelle Gewalt in der Odenwaldschule und im oberbayerischen, katholischen Kloster Ettal untersucht hat, hat die Studie gemeinsam mit „Dissens - Institut für Bildung und Forschung“ in Berlin durchgeführt. Der Schwerpunkt der Studie liegt auf den Jahren zwischen 1976 und 2006. Die Forscher gehen von einem hohen Dunkelfeld aus - unter anderem, weil aus einigen Bundesländern überhaupt keine Informationen geliefert worden seien.

„Es wurde geschwiegen, weggesehen.“



Der Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder wurde 1976 gegründet, ist nach eigenen Angaben interkonfessionell und überparteilich und erreicht rund 30.000 Mitglieder. Ziel seiner pädagogischen Arbeit soll es sein, Kindern und Jugendlichen „Gemeinsinn und Verantwortung, Weltoffenheit und Umweltbewusstsein“ zu vermitteln. „Wir sind erschüttert, an wie vielen Stellen es dem BdP in der Vergangenheit nicht gelungen ist, seine Mitglieder vor sexualisierter Gewalt und (Macht-)Missbrauch zu schützen“, teilte die BdP-Bundesvorsitzende Annika Schulz mit. „Es wurde geschwiegen, weggesehen.“

− dpa