Bluttat in Freyung
Fünf Gutachter im Fall Dominik R. schildern grausige Details

Schlaftheorie und Abwehrverletzungen kein Widerspruch

27.05.2022 | Stand 22.09.2023, 22:49 Uhr

Nach der Aussage einiger Zeugen soll Dominik R. (Mitte) die Mutter seines Sohnes im Schlaf, im gemeinsamen Bett getötet haben. −Foto: Korbinian Huber

Von Korbinian Huber

Insgesamt fünf Gutachter sagten am Freitag, dem neunten Verhandlungstag im Mordprozess gegen Dominik R., vor dem Landgericht Deggendorf aus. Sie schilderten grausige Details zum Tod von Lisa H., teils mit Bildern der Blutspuren in der Wohnung in Freyung.



Erstmalig im Mordprozess gegen Dominik R. verlässt die Mutter des Opfers und Nebenklägerin während eines laufenden Verhandlungstages den großen Sitzungssaal des Landgerichts Deggendorf - doch bleibt im Gebäude. Der Grund: unklar.

Es könnte jedoch mit dem angekündigten rechtsmedizinischen Gutachten zusammenhängen, das viele grausige Details zum Tod von Lisa H. offenlegt, teils mit Bildern der Obduktion und der Blutspuren in der Wohnung in Freyung.

Insgesamt fünf Gutachter standen am neunten Verhandlungstag auf dem Tableau. Und über allen die Frage: War es Totschlag, wie das Landgericht Passau 2017 entschieden hatte, oder war es Mord?

Gutachter: Opfer wollte sich schützen

Ein gutes Dutzend Schnitt- und Stichverletzungen stellte Rechtsmediziner Dr. Oliver Peschel von der Universität München am Leichnam von Lisa H. fest – im Gesicht, Hals und Schulterbereich. Außerdem sei der Körper der Toten mit diversen Abwehrverletzungen an den Händen versehen gewesen. Das Opfer habe sie wohl schützend vor sich gehalten, aber auch aktiv nach dem Tatmesser gegriffen.

Schlaftheorie und Abwehrverletzungen kein Widerspruch

Nach der Aussage einiger Zeugen soll Dominik R. die Mutter seines Sohnes jedoch im Schlaf, im gemeinsamen Bett getötet haben. Laut Gutachter kein Widerspruch. Die Verletzungen seien so massiv und die Abwehrspuren so diffus, dass sie ebenso nach dem Aufwachen von Lisa H. zugefügt worden sein könnten. „Keine der Verletzungen bedingen eine sofortige Handlungsunfähigkeit“, sagte Peschel.

Gestorben sei sie an dem massiven Blutverlust. Wie lange Lisa H. bis zu ihrem Tod leiden musste, habe er nicht feststellen können. Weil die Rechtsmediziner die Leiche erst rund zweieinhalb Wochen nach dem mutmaßlichen Todestag am 27. Oktober 2016 obduzierten, seien bereits erhebliche Veränderungen am Körper aufgetreten.

Kein Beweis für Missbrauch gefunden

Das sei auch ein Problem bei der Untersuchung eines weiteren schweren Vorwurfs gegen Dominik R. gewesen. Mehrere Zeugen behaupteten, dass er Lisa H. nach deren Tod noch missbrauchte. Einen Beweis konnte der Rechtsmediziner nicht liefern. Er habe keine Verletzung im Intimbereich feststellen können und auch die Suche nach männlicher DNA blieb laut einer anderen Gutachterin, Dr. Katja Anslinger vom DNA-Labor der Uni München, erfolglos. Das bedeute jedoch nicht, dass der Vorwurf widerlegt sei, betonten beide. Eine Untersuchung 17 Tage nach dem Tod sei „grenzwertig“, wie es der Gutachter Peschel nannte. Nach so langer Zeit ließen sich kaum Rückschlüsse auf postmortalen Geschlechtsverkehr ziehen.

Ursprünglich sollte das Urteil in dem Mammut-Prozess am 3. Juni fallen. Wegen diverser Verlängerungen ist der letzte Verhandlungstag nun voraussichtlich am 30. Juni. R. war vor rund fünf Jahren wegen Totschlags zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Im Wiederaufnahmeverfahren muss er sich wegen Mordes verantworten.