Löwen-Anhänger attackiert
Aichach: Gewalttätige Fußballfans müssen hinter Gitter

Gericht schickt zwei Männer für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis

17.03.2022 | Stand 23.09.2023, 2:19 Uhr

Symbolbild Gericht Foto: Patrick Seeger/dpa

Von Berndt Herrmann

Aichach – 22 Mann stehen beim Fußball auf dem Platz. Da war es geradezu passend, dass 22 Zeugen bei dem Prozess gegen zwei Mannheimer Fußballfans vernommen wurden, bis das Aichacher Schöffengericht unter Vorsitz von Axel Hellriegel das Urteil fällte: Zwei Jahre und sechs Monate sollen nun die zwei 44 und 51 Jahre alten Männer hinter Gitter.

Bei dem Prozess ging es um einen Vorfall im Februar 2020. Damals haben mehrere Fans von Waldhof Mannheim vor dem Drittliga-Auswärtsspiel bei 1860 München Löwen-Anhänger auf dem Autobahnparkplatz Adelzhauser Berg beleidigt, ihnen Fan-Utensilien geklaut und sie geschlagen – auch mit einer Bierflasche – und getreten. Der Bus mit mehreren befreundeten Löwen-Fanclubs aus Treuchtlingen hatte für eine Pause auf dem Parkplatz gehalten, wo der Mannheimer Bus gerade ebenfalls stoppte.

Das Gericht war überzeugt, dass die beiden Männer, die in Aichach vor Gericht standen, an den Attacken beteiligt waren. Der Schlussstein nach drei Verhandlungstagen war das Gutachten des Sachverständigen Jochen Buck. Der Forensik-Professor von an der Ludwig-Maximilians-Universität München identifizierte die beiden Angeklagten auf einem Foto, das ein Löwenanhänger kurz vor den Angriffen aufgenommen hatte.

Die Bewertung des Experten war eindeutig und ging sogar über die Erwartungen des Gerichts hinaus. Einen Angeklagten identifizierte er auf dem Foto zu 99 Prozent. Eine Rolle spielten dabei auch Tattoos. Bei dem anderen Angeklagten stützte sich der Gutachter auf unveränderbare Merkmale wie die Statur, Körperproportionen und vor allem dessen O-Beine. Das reichte für 97 bis 98 Prozent Sicherheit. Für das Gericht war das ein weiteres von vielen Puzzleteilen – auch wenn der Sachverständige die Angeklagten den Männern auf dem Foto genau anders herum zuordnete als vom Gericht bis dahin vermutet.

Für die beiden Verteidiger blieben jedoch erhebliche Zweifel. Unter anderem brachten sie den Bruder eines Angeklagten ins Spiel, möglicherweise sei der auf dem Foto zu sehen. Sie forderten in ihren Plädoyers einen Freispruch.

Für Richter Hellriegel und die Schöffen reichten die Indizien und Zeugenaussagen aber, um die beiden wegen gemeinschaftlich begangener schwerer Körperverletzung und schweren Raubs zu verurteilen. Eine wichtige Rolle spielten dabei die Aussagen der Treuchtlinger Löwen-Fans, zumindest in der Summe. Die vernommenen Waldhof-Fans seien dagegen durchweg unglaubwürdig gewesen, ihre Einlassungen offensichtlich abgesprochen, so Hellriegel.

Zwei Gesichtspunkte wogen zudem schwer: Die Angeklagten haben während der gesamten Verhandlung kein Geständnis abgelegt, sich nicht entschuldigt und keine Schadenswiedergutmachung angeboten. Zudem sei die Tat „feige“ gewesen: Sie sei ein Überraschungsangriff gewesen, es hätten immer mehrere Mannheimer einen Löwen angegriffen, und „Sie haben sich die Schwachen herausgesucht: einen Dicken, einen Alten und eine Frau“, warf Hellriegel den beiden Mannheimer Fußballfans scharf vor. „So feige waren Sie auch in der Verhandlung“, fuhr der Richter fort, „dabei haben wir Ihnen immer wieder Brücken gebaut und mit offenen Karten gespielt“. Nehme man alles zusammen, seien die zweieinhalb Jahre Freiheitsstrafe immer noch am unteren Rand des Strafmaßes.

Bei einer Haftstrafe von mehr als zwei Jahren ist keine Bewährung mehr möglich. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Übrigens: Das Spiel vor mehr als zwei Jahren in München endete 1:1. Und an diesem Sonntag tritt 1860 München in der Dritten Liga in Mannheim wieder gegen den SV Waldhof an.

DK