Böse Erinnerungen
Zwei Jahren nach der letzten Rettung: Nürnberg bangt wieder um Karstadt

03.11.2022 | Stand 22.09.2023, 3:48 Uhr

Wieder einmal in der Krise: Nicht nur über den Karstadt an der Lorenzkirche kreist der Pleitegeier. Foto: Pelke

Von Nikolas Pelke

Noch hat der Warenhauskonzern Galeria Kaufhof Karstadt nicht genau bekannt gegeben, welche Einkaufstempel im Rahmen der aktuellen Turbulenzen in Nürnberg auf dem Spiel stehen könnten. Aber der Pleitegeier schwebt für viele Beobachter trotzdem bereits bedrohlich über den traditionellen Shopping-Tempeln.



Bei den Beschäftigten scheinen ebenfalls schon alle Alarmglocken zu klingeln. Neben den beiden Warenhäusern Karstadt und Kaufhof in der Innenstadt betreibt der Konzern auch ein Haus im Frankencenter in Langwasser. Dort macht sich Katharina Lorenz, Betriebsratsvorsitzende von Galeria Karstadt Kaufhof im Frankencenter, offensichtlich große Sorgen um die Zukunft. „Unsere Kollegen haben das Unternehmen gerettet. Nun stehen wir wieder an dem Punkt“, ärgert sich Lorenz und erinnert an die Zitterpartie vor rund zwei Jahren.

Geglückte Rettungkurz vor Weihnachten

Damals hatten Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) und Oberbürgermeister Marcus König (CSU) die rund 80 Beschäftigten der Filiale im Frankencenter über die geglückte Rettung kurz vor Weihnachten persönlich informiert. Zuvor hatten sich Aiwanger und König mit Beschäftigten und Gewerkschaften lautstark für den Erhalt aller drei Warenhaus-Standorte in Nürnberg stark gemacht.

Auch diesmal wollen die Beschäftigen offensichtlich nicht die Flinte ins Korn werfen. „Wir werden gemeinsam um unsere Arbeitsplätze kämpfen und uns unsere Würde nicht nehmen lassen“, sagt Lorenz. Derweil muss die Betriebsratsvorsitzende nicht lange überlegen, um einen Schuldigen für die erneute Misere zu finden. „Die Unternehmensleitung hat den Karren an die Wand gefahren“, ist Lorenz sicher und erntet volle Zustimmung von Jana Hampel, der für den Handel zuständigen Gewerkschaftssekretärin von Verdi in Mittelfranken.

Die Beschäftigten seien zurecht erbost und schockiert, so Hampel. Seien sie doch finanziell für den Erhalt der Kaufhauskette in die Bresche gesprungen und hätten auf Gehalt in Höhe von stolzen 5500 Euro pro Jahr verzichtet. „Die Unternehmensleitung hat ihren Job nicht gemacht und abkassiert. Das macht die Belegschaft wütend“, sagt Hampel und kritisiert insbesondere den starken Mannes hinter den Kulissen: René Benko übernehme trotz Milliardensummen auf dem Konto keine finanzielle Verantwortung für seine Warenhäuser. Es sei unmoralisch, Opfer lediglich von den Beschäftigten zu verlangen.

Außerdem fordert Hampel gemeinsam mit den Beschäftigten einen neuen Kurs des Unternehmens. „Wir brauchen mehr Personal auf der Fläche.“ Zuletzt hätten zwischen den Regalen und Wühltischen einfach an allen Ecken und Enden nötigen die Verkäufer gefehlt. „Nur so macht man Umsatz und schafft eine Kehrtwende“, findet Hampel und fordert nach dem Motto „Jetzt erst recht“ eine Personaloffensive.

Ruhe vor dem Sturmim Wirtschaftsreferat

Derweil versucht Nürnbergs Wirtschaftsreferent Michael Fraas (CSU) offensichtlich die Ruhe zu bewahren. „Wir haben bislang keine Informationen, welche Filialen schließen könnten und ob Nürnberg überhaupt betroffen ist“, sagt Fraas. „Jetzt läuft erst einmal das Schutzschirmverfahren. Das wird Wochen dauern. Dann wissen wir mehr.“  Freilich kann sich der Wirtschaftsreferent noch gut an die letzten Turbulenzen erinnern. Damals hätten zwei Filialen im Feuer gestanden. Mit vereinten Kräften sei die Rettung gelungen.

Dazu hat die Stadt umfangreiche Investitionen in das Umfeld von Karstadt an der Lorenzkirche auf den Weg gebracht. In besagtem Flaggschiff in der Nürnberger City geben sich die Beschäftigten bewusst unerschrocken. „Wir als Gewerkschafter der drei Nürnberger Häuser stehen zusammen aufrecht und kämpferisch“, sagt Betriebsratsvorsitzender Thomas Vieweg.

HK